Tenor
1. Der Abgabebeschluss des Amtsgerichts Kirchheim unter Teck vom 5. Mai 2021 – 1 Ds 55 Js 78477/20 jug. – wird aufgehoben.
2. Für die Untersuchung und Entscheidung der Sache ist das … Amtsgericht – Jugendrichter – Kirchheim unter Teck
zuständig.
Gründe
Rz. 1
Die Jugendrichter der Amtsgerichte Kirchheim unter Teck und Hamm streiten über die Zuständigkeit für die weitere Verhandlung und Entscheidung in einer Jugendstrafsache.
Rz. 2
1. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat am 12. Oktober 2020 beim Jugendrichter des Amtsgerichts Kirchheim unter Teck Anklage gegen den Angeklagten wegen Diebstahls erhoben. Das Amtsgericht Kirchheim unter Teck hat mit Beschluss vom 12. November 2020 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Die Ladung des Angeklagten zu dem für den 9. März 2021 anberaumten Hauptverhandlungstermin ist mit einem handschriftlichen Zusatz auf eine „ab Februar” neue Adresse des Angeklagten in Hamm zurück zur Akte gelangt. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist einer Abgabe des Verfahrens entgegengetreten.
Rz. 3
Nachdem das Amtsgericht Kirchheim unter Teck den Hauptverhandlungstermin zunächst auf den 30. März 2021 und sodann mit Verfügung vom 25. März 2021 auf den 17. August 2021 verlegt hat, hat es das Verfahren mit Beschluss vom 5. Mai 2021 „mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft Stuttgart” ohne weitere Begründung an das Amtsgericht Hamm abgegeben. Das Amtsgericht – Jugendrichter – Hamm hat Bedenken gegen die Abgabe und hat das Verfahren deshalb mit Beschluss vom 10. Juni 2021 dem Bundesgerichtshof als gemeinschaftlichem oberen Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Rz. 4
2. Der Bundesgerichtshof ist für die Entscheidung des zwischen den Jugendgerichten bestehenden Streits gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 JGG als gemeinschaftliches oberes Gericht berufen, weil die Amtsgerichte Kirchheim unter Teck und Hamm in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte liegen.
Rz. 5
3. Für die Verhandlung und Entscheidung der Sache ist das Amtsgericht – Jugendrichter – Kirchheim unter Teck zuständig.
Rz. 6
Die Voraussetzungen für eine Abgabe gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 JGG liegen nicht vor. Es fehlt nicht nur an der gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 JGG erforderlichen Zustimmung der zuständigen Staatsanwaltschaft (vgl. auch Senat, Beschluss vom 10. Juli 1959 – 2 ARs 86/59, BGHSt 13, 186, 189 f.); der nicht mit einer Begründung versehene Abgabebeschluss des Amtsgerichts vom 5. März 2021 lässt zudem nicht erkennen, ob sich der Jugendrichter bewusst gewesen ist, dass eine Abgabeentscheidung gemäß § 42 Abs. 3 JGG im pflichtgemäßen Ermessen steht und deshalb einer sachlichen Begründung bedarf (vgl. dazu auch Eisenberg/Kölbel, JGG, 22. Aufl., § 42 Rn. 19 ff.; Ostendorf/Schady, JGG, 11. Aufl., § 42 Rn. 12).
Unterschriften
Franke, Krehl, Zeng, Grube, Schmidt
Fundstellen
Haufe-Index 14799432 |
StV 2022, 44 |