Verfahrensgang
LG Aurich (Urteil vom 22.09.2017) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 22. September 2017
- im Schuldspruch zu Fall II. 19. der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wird,
- mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit gegen den Angeklagten eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen
- • bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge,
- • Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwölf Fällen,
- • bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen,
- • bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen
- • sowie wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
unter Einbeziehung eines früher ergangenen Urteils zu der Einheitsjugendstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt, mehrere Einziehungsentscheidungen getroffen und eine Sperrfrist für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis von einem Jahr verhängt. Die auf eine Verfahrensrüge und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Der Schuldspruch im Fall II. 19. hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Rz. 3
a) Nach den insoweit getroffenen Feststellungen des Landgerichts ließ der Angeklagte rund 19 Gramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von rund 17 Gramm Kokainhydrochlorid, die zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt waren, durch Kuriere nach Deutschland einführen, wobei er den Transport aus den Niederlanden zusammen mit einem weiteren Bandenmitglied mit einem anderen Fahrzeug begleitete.
Rz. 4
b) Die wegen dieser Tat ausgesprochene tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hat neben der – rechtsfehlerfreien – Verurteilung wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 1 BtMG) keinen Bestand. Der Bandenhandel verbindet in den Fällen des § 30a Abs. 1 BtMG die im Rahmen ein und desselben Güterumsatzes aufeinander folgenden Teilakte, insbesondere auch den Teilakt der unerlaubten Einfuhr, zu einer einzigen Tat im Sinne einer Bewertungseinheit. Insoweit kommt der bandenmäßigen Einfuhr neben dem Bandenhandel keine selbständige rechtliche Bedeutung zu (vgl. BGH, Beschluss vom 29. September 2009 – 3 StR 322/09, NStZ 2010, 223 mwN). Der Angeklagte ist deshalb nur des Bandenhandels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig zu sprechen. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert.
Rz. 5
c) Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt. Der Umstand, dass nach Ansicht des Landgerichts der Angeklagte insoweit zwei Tatbestände verwirklicht hat, hat bei der Bemessung der Einheitsjugendstrafe, die unter Einbeziehung eines bereits rechtskräftigen Urteils über eine Jugendstrafe von acht Monaten für eine Vielzahl von Betäubungsmitteldelikten unter besonderer Berücksichtigung erzieherischer Gesichtspunkte verhängt worden ist, keine ausdrückliche Berücksichtigung gefunden, so dass der Senat ausschließt, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier rechtlicher Bewertung dieses Falles eine mildere Jugendstrafe ausgesprochen hätte.
Rz. 6
2. Die Verhängung einer Sperrfrist von einem Jahr, die das Landgericht im Rahmen der Einbeziehung des früheren Urteils aufrechterhalten hat, hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
Rz. 7
Wird ein früheres Urteil gemäß § 105 Abs. 1, § 31 Abs. 2 Satz 1 JGG in die nunmehrige Entscheidung einbezogen, so entfallen die in dem einbezogenen Urteil verhängten Rechtsfolgen, als wäre diese Entscheidung nicht ergangen. Somit sind auch in dem ersten Erkenntnis festgesetzte Maßregeln der Besserung und Sicherung nicht gemäß § 55 Abs. 2 StGB aufrechtzuerhalten. Vielmehr sind ihre Voraussetzungen erneut zu prüfen und sie gegebenenfalls neu anzuordnen (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 1993 – 3 StR 432/93, juris Rn. 3 f.; Beschlüsse vom 19. August 2014 – 3 StR 88/14, juris Rn. 18; vom 17. März 2011 – 4 StR 49/11, StraFo 2011, 240).
Rz. 8
Dem wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht hat unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Erstgerichts die im vorangegangenen Urteil ausgesprochene Sperrfrist aufrechterhalten. Eigene Erwägungen zu den Voraussetzungen der Maßregel hat es nicht angestellt. Insbesondere hat es auch nicht begründet, warum es die Dauer der Maßregel mit einem Jahr bemessen hat, obwohl zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung bereits fünf Monate seit der Verhängung der Sperrfrist durch das Erstgericht verstrichen waren.
Rz. 9
Die Sache bedarf deshalb insoweit erneuter Verhandlung und Entscheidung.
Unterschriften
Spaniol, Berg, Hoch, Hohoff, Leplow
Fundstellen
Haufe-Index 12337968 |
NStZ 2019, 6 |
NStZ 2020, 45 |
DAR 2019, 663 |
NStZ-RR 2019, 5 |
StV 2019, 469 |