Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergewaltigung
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. März 2000 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Sicherungsverwahrung des Angeklagten angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit schwerer räuberischer Erpressung, und wegen sexueller Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Sicherungsverwahrung angeordnet. Außerdem wurde ihm die Fahrerlaubnis entzogen, sein Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist von fünf Jahren verhängt. Ferner erfolgte eine Verurteilung im Adhäsionsverfahren. Gegen das Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt und diese mit der Verletzung förmlichen und sachlichen Rechts begründet. Auf die Sachrüge ist die Anordnung der Sicherungsverwahrung aufzuheben. Im übrigen sind die Sachrüge und die Verfahrensrügen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Der Tatrichter hat gegen das Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG verstoßen, indem er die Anordnung der Sicherungsverwahrung auf sexuell auffällige Verhaltensverweisen des Angeklagten in seiner Jugendzeit gestützt hat, deretwegen er Jugendstrafe verbüßen mußte. Dieses Verwertungsverbot gilt auch bei der Anordnung von Maßregeln der Besserung und Sicherung (vgl. BGHSt 25, 100 ff.).
Die verbüßte Jugendstrafe wurde verhängt im Urteil des Landgerichts Bonn vom 27. Juni 1974, in welches das Urteil des Jugendschöffengerichts Siegburg vom 24. Mai 1972 einbezogen war. Die Mindeststrafe wurde auf zwei Jahre und sechs Monate festgesetzt. Nach dem Bundeszentralregistergesetz in der Fassung vom 18. März 1971 betrug die Tilgungsfrist gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 e und Abs. 3 BZRG im vorliegenden Fall sieben Jahre und sechs Monate. Die Frist begann nach § 45 Abs. 1 i.V.m. § 34 Nr. 1 BZRG in der zitierten Fassung mit dem Tag des einbezogenen ersten Urteils am 24. Mai 1972. Tilgungsreife trat somit am 24. November 1979 für beide Urteile ein. Die indizielle Verwertung der sexuell auffälligen Verhaltensweisen, deretwegen der Angeklagte Jugendstrafe verbüßen mußte, bei der Beurteilung des Hanges im Rahmen von § 66 StGB ist rechtsfehlerhaft, weil weder die Taten aus der Jugendzeit noch die Verurteilung dem Angeklagten im Rechtsverkehr vorgehalten und zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen, § 51 Abs. 1 BZRG. Dem tatrichterlichen Urteil ist nicht zu entnehmen, daß der Angeklagte sich zur Beurteilung der Voraussetzungen des § 66 StGB auf die tilgungsreife Verurteilung zu Jugendstrafe und die zugrundeliegenden Taten berufen hat. Selbst wenn er dem Sachverständigen und der Kammer davon berichtete, so ist eine Verwertung jedoch nur soweit möglich, wie sich der Angeklagte zu seiner Entlastung darauf beruft (vgl. BGHSt 27, 108 ff.). Die indizielle Verwertung im Rahmen von § 66 StGB erfolgte zu seinem Nachteil. Es kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, daß der Tatrichter ohne diese Verwertung zu einer anderen Beurteilung der Voraussetzungen des § 66 StGB gelangt wäre. Darüber wird nunmehr die neu mit der Sache befaßte Strafkammer zu befinden haben.
Unterschriften
Jähnke, Otten, Rothfuß, Fischer, Elf
Fundstellen
Haufe-Index 556678 |
StV 2002, 479 |