Verfahrensgang
LG Koblenz (Entscheidung vom 23.03.2023; Aktenzeichen 12 KLs 2020 Js 12562/21) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 23. März 2023 dahin geändert
a) im Schuldspruch, dass der Angeklagte des Computerbetruges in 13 Fällen, des versuchten Computerbetruges in neun Fällen und der Hehlerei schuldig ist,
b) im Ausspruch über die den Angeklagten betreffende Einziehung des Wertes von Taterträgen, dass diese in Höhe von 4.436,70 €, davon in Höhe von 170,98 € als Gesamtschuldner, angeordnet wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Computerbetruges in 13 Fällen, davon in zwei Fällen tateinheitlich mit versuchtem Computerbetrug, versuchten Computerbetruges in neun Fällen, davon in einem Fall in fünf tateinheitlichen Fällen und in einem Fall in zwei tateinheitlichen Fällen, sowie Hehlerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es unter anderem die Einziehung „von Wertersatz“ in Höhe von 4.438,70 € gegen den Angeklagten angeordnet, davon in Höhe von 170,98 € gesamtschuldnerisch mit einer Mitangeklagten. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen sowie materiellen Rechts. Er hat das Rechtsmittel im Nachhinein insoweit zurückgenommen, als es sich auf die Anwendung des § 64 StGB erstreckt. Es hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet.
Rz. 2
1. Die Verfahrensrüge dringt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen nicht durch.
Rz. 3
2. Die sachlichrechtliche Prüfung des Urteils im nach der teilweisen Rechtsmittelrücknahme verbleibenden Umfang führt zu einer Änderung des Schuldspruchs und einer geringfügigen Reduktion des Einziehungsbetrages, hat ansonsten indes keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 4
a) In denjenigen Fällen, in denen das Landgericht den Angeklagten wegen Computerbetruges in Tateinheit mit versuchtem Computerbetrug sowie wegen versuchten Computerbetruges in mehreren tateinheitlichen Fällen verurteilt hat, entfällt der Schuldspruch wegen tateinheitlich begangener Versuchstaten; es verbleibt jeweils lediglich die Verurteilung wegen Computerbetruges beziehungsweise versuchten Computerbetruges.
Rz. 5
aa) Nach den hierzu vom Landgericht getroffenen Feststellungen bestellte der Angeklagte über das Internet unter Nutzung fremder Kundendaten Waren, ohne kreditwürdig, zahlungsfähig und zahlungswillig zu sein. Am 19. November 2020 gab er jeweils bei demselben Versandhändler innerhalb von zweieinhalb Stunden fünf Bestellungen auf, welche das Unternehmen nach einer automatisierten Bonitätsprüfung jedoch nicht ausführte (Fälle 8 bis 12 der Urteilsgründe). Am 14. Dezember 2020 bestellte er in kurzem zeitlichen Abstand bei demselben Unternehmen eine Brausegarnitur und einen Waschtisch. Dieser wurde tatsächlich geliefert, jene jedoch nicht (Fälle 16 und 17 der Urteilsgründe). Am 27. Dezember 2020 bestellte der Angeklagte in kurzem zeitlichen Abstand zwei Bodenstaubsauger, die jedoch im Folgenden nicht versandt wurden (Fälle 30 und 31 der Urteilsgründe). Am 24. Januar 2021 bestellte er bei einem anderen Onlineshop verschiedene Autoteile, die lediglich teilweise geliefert wurden (Fall 47 der Urteilsgründe).
Rz. 6
bb) Die konkurrenzrechtliche Beurteilung der vorgenannten Fälle ist nicht bedenkenfrei.
Rz. 7
Bei einheitlich bestellter, sodann lediglich unvollständig übersandter Waren ist zu berücksichtigen, dass der Versuch eines Deliktes regelmäßig hinter die Vollendung desselben gleichwertigen Deliktes zu Lasten des identischen Geschädigten auch in dem Fall zurücktritt, dass in Bezug auf den konkreten Tatbestand noch ein weiterer, vom selben Schutzgut erfasster Taterfolg erstrebt war (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2023 - 3 StR 155/23, juris Rn. 6 f. mwN; entsprechend zum Diebstahl BGH, Beschluss vom 10. Februar 2009 - 3 StR 3/09, BGHR StGB § 242 Abs. 1 Konkurrenzen 4 Rn. 3). Eine Verurteilung wegen eines in Tateinheit zu dem vollendeten Computerbetrug hinzutretenden versuchten Computerbetruges kommt hier daher nicht in Betracht.
Rz. 8
Hinsichtlich der Fälle des versuchten Computerbetruges, die als gleichartige Tateinheit gewertet worden sind, ist zu beachten, dass bei zeitlich eng aufeinander folgenden Handlungen lediglich von einer Tat auszugehen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Juli 2022 - 4 StR 508/21, NStZ 2023, 111 Rn. 4; vom 21. November 2002 - 4 StR 448/02, juris Rn. 4). Unabhängig davon ist die Tenorierung einzelner Fälle gleichartiger Tateinheit zumindest dann nicht geboten, wenn dies - wie hier - zur Unübersichtlichkeit der Urteilsformel führt (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 14. Dezember 2022 - 3 StR 378/22, NStZ-RR 2023, 78, 79 mwN; vom 12. September 2023 - 5 StR 319/23, juris Rn. 2).
Rz. 9
cc) Die vom Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO vorgenommene Änderung des Schuldspruchs berührt den Strafausspruch nicht. Es ist auszuschließen, dass das Landgericht auf geringere Einzelstrafen in den in Rede stehenden Fällen oder auf eine niedrigere Gesamtstrafe erkannt hätte. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass es die Strafen nach der Schadenshöhe gestaffelt hat. Dabei hat es in Fällen vollendeter Taten, bei denen es zudem tateinheitlich eine Versuchsstrafbarkeit zugrunde gelegt hat, allein auf den tatsächlich entstandenen Schaden und in den Fällen bloßen Versuchs auf die angestrebte (Gesamt-)Schadenshöhe abgestellt.
Rz. 10
b) Die Strafkammer hat die Einziehung des Wertes von Taterträgen in der Sache zutreffend auf § 73 Abs. 1, § 73c StGB gestützt. Allerdings hat es dabei im Rahmen der Addition für Fall 43 der Urteilsgründe einen Betrag von 1.816,75 € angesetzt, obschon der Wert der insoweit bestellten und gelieferten Waren in den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen mehrfach mit 1.814,75 € angegeben ist. Daher tragen diese unter Berücksichtigung der sonstigen Beträge die Einziehung des Wertes von Taterträgen lediglich in der Gesamthöhe von 4.436,70 €. Der ausgeurteilte Betrag ist entsprechend um 2 € zu reduzieren. Die gesamtschuldnerische Haftung, welche eine andere Tat betrifft, wird davon nicht beeinflusst. Insofern ist die Nennung des individuellen Gesamtschuldners entbehrlich (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 17. Juli 2019 - 4 StR 195/19, NStZ-RR 2019, 313, 314 mwN).
Rz. 11
c) Die Entscheidung des Landgerichts, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) nicht anzuordnen, unterliegt nicht mehr der revisionsgerichtlichen Kontrolle, nachdem der Angeklagte insoweit sein Rechtsmittel wirksam zurückgenommen hat. Der hierauf bezogene Aufhebungsantrag des Generalbundesanwalts hat sich somit erledigt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2019 - 3 StR 521/18, juris Rn. 10 mwN).
Rz. 12
3. Angesichts des geringen Teilerfolgs der Revision ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
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Fundstellen
Dokument-Index HI16031178 |