Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 12.03.2010) |
Tenor
1. Auf die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 12. März 2010 wird das Verfahren in den Fällen II. 3. und 4. der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt. Insoweit trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Beschuldigten.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Der Beschuldigte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat im Sicherungsverfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Beschuldigten. Sein Rechtsmittel hat lediglich den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschuldigten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Rz. 2
1. Die Revision ist zulässig erhoben, insbesondere fristgerecht bei dem zuständigen Gericht (§ 341 Abs. 1 StPO) eingelegt worden, so dass es der vom Beschuldigten hilfsweise beantragten Wiedereinsetzung hinsichtlich der Einlegungsfrist nicht bedarf. Denn das Rechtsmittel ist am 19. März 2010 um 14.22 Uhr an einem Faxgerät des Landgerichts Karlsruhe eingegangen. Dem Generalbundesanwalt, der das Telefaxschreiben nicht als wirksame Revisionseinlegung ansieht, ist zwar zuzugeben, dass es an das Oberlandesgericht adressiert ist und ein dortiges Aktenzeichen angegeben wird. Der Beschuldigte hat das Schreiben aber mit dem – zudem unterstrichenen – Wort „Revision” überschrieben und es an das Landgericht Karlsruhe gefaxt. Auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der durch Art. 19 Abs. 4 GG geschützten Rechtsweggarantie sieht es der Senat im konkreten Einzelfall als für die Einlegung der Revision hinreichend an.
Rz. 3
2. Der Senat hat das Verfahren hinsichtlich der Fälle II. 3. und 4. der Urteilsgründe auf Antrag des Generalbundesanwalts aus den von diesem in seiner Antragsschrift vom 15. September 2010 zutreffend dargelegten Gründen gemäß § 154 Abs. 2 StPO vorläufig eingestellt (zur Anwendbarkeit der schuldunabhängigen Einstellungsmöglichkeit gemäß § 154 StPO vgl. BGH, Beschluss vom 15. März 2007 – 3 StR 31/07, StV 2007, 411; Löwe/Rosenberg/Gössel, StPO, 26. Aufl., § 414 Rn. 26 mwN).
Rz. 4
3. Die Verfahrenseinstellung lässt die angeordnete Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) unberührt. Denn dieser lagen insgesamt neun krankheitsbedingt, in einem Zeitraum von weniger als zwei Monaten begangene rechtswidrige Taten zugrunde. Dazu gehörten vor allem zwei Nötigungshandlungen, bei denen der Beschuldigte seinem Vater drohte, ihn mit einem – tatsächlich – geschwungenen Gipserbeil (Tat II. 1.) zu verletzen bzw. mit einem in einer Entfernung von lediglich 30 cm gehaltenen Taschenmesser (Tat I. 2.) zuzustechen. Neben erheblichen Beleidigungen hat das Landgericht ferner eine versuchte Erpressung der Verkehrsbetriebe Karlsruhe festgestellt, die der Beschuldigte durch die Ankündigung zur Zahlung von 5.000 EUR bewegen wollte, er würde anderenfalls „alle Bahnen abfackeln, eine nach der anderen”. Angesichts dessen schließt der Senat es aus, dass das Landgericht ohne die zwei durch die Verfahrenseinstellung in Wegfall geratenen Sachbeschädigungen an zwei Autos von der Anordnung der Unterbringung des Beschuldigten abgesehen hätte, zumal es im Rahmen seiner Gefährlichkeitsprognose vor allem auf die „Bedrohungen und Forderungen, die er mit Gewalt durchsetzen will”, abgestellt hat (UA S. 12).
Unterschriften
Wahl, Rothfuß, Elf, Graf, Sander
Fundstellen
Haufe-Index 2556282 |
NStZ-RR 2013, 167 |