Tenor
Es wird festgestellt, dass Rechtsanwalt Dr. N. für die Revisionshauptverhandlung vom 9. April 2013 zum Verteidiger des Angeklagten bestellt war.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Steuerhinterziehung in 29 Fällen und Beihilfe zur Steuerhinterziehung in fünf Fällen unter Einbeziehung einer Geldstrafe aus einem amtsgerichtlichen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil richtete sich die auf eine nicht näher ausgeführte Verfahrensrüge sowie die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Aufgrund der durchgeführten Revisionshauptverhandlung vom 9. April 2013 hat der Senat den Schuldspruch teilweise abgeändert und den Strafausspruch zum Teil aufgehoben.
Rz. 2
1. Für die Revisionshauptverhandlung war der vom Landgericht bestellte Pflichtverteidiger Dr. N. vom Senat geladen worden. Er trat als einziger Verteidiger des Angeklagten, der sich nicht auf freiem Fuß befand und deswegen unter Hinweis auf § 350 Abs. 3 StPO vom Hauptverhandlungstermin benachrichtigt worden war, in der Verhandlung auf. Einen ausdrücklichen Antrag auf Beiordnung von Dr. N. als Verteidiger auch für die Revisionshauptverhandlung stellten weder der (in der Verhandlung nicht anwesende) Angeklagte noch der Verteidiger selbst. Gleichwohl beantragt Rechtsanwalt Dr. N. nun die Festsetzung einer Pauschgebühr für die Revisionshauptverhandlung. Indem er geltend macht, in der Ladung sei seine konkludente Beiordnung als Verteidiger für die Revisionshauptverhandlung zu sehen, beantragt er zugleich die Feststellung dieser Beiordnung.
Rz. 3
2. Gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 RVG ist der Bundesgerichtshof für die Entscheidung über die Festsetzung einer Pauschgebühr für die Tätigkeit eines Verteidigers in der Revisionshauptverhandlung zuständig, wenn er den Rechtsanwalt bestellt hat.
Rz. 4
An einer ausdrücklichen Bestellung fehlt es zwar. Rechtsanwalt Dr. N. ist hier jedoch stillschweigend zum Verteidiger des Angeklagten für die Revisionshauptverhandlung bestellt worden. Er hat nicht nur eine Terminsnachricht zugestellt bekommen, sondern war auch als einziger Verteidiger des nicht auf freiem Fuß befindlichen (vgl. dazu § 350 Abs. 3 StPO) Angeklagten in der Revisionshauptverhandlung aufgetreten. Seine Beiordnung war auch rechtlich geboten (vgl. dazu BGH, Verfügungen des Vorsitzenden vom 20. Juli 2009 – 1 StR 344/08, StV 2011, 645, und vom 19. Dezember 1996 – 1 StR 76/96, NStZ 1997, 299); denn der Senat hätte die Revisionshauptverhandlung ohne Anwesenheit eines Verteidigers nicht durchgeführt. Anlass für die mündliche Verhandlung war die Schwierigkeit der Rechtslage im Bereich der Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung durch Unterlassen, dabei insbesondere die Auslegung des Merkmals „pflichtwidrig” in § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO und die Frage der Zurechnung fremder Pflichtverletzungen nach den allgemeinen Grundsätzen der Mittäterschaft. Für die Erörterung dieser Rechtsfragen bedurfte der Angeklagte eines Verteidigers in der Hauptverhandlung. Nachdem ein weiterer vom Termin benachrichtigter Verteidiger des Angeklagten zum Termin nicht erschienen war, lagen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Bestellung von Dr. N. zum Verteidiger für die Revisionshauptverhandlung vor (vgl. § 140 Abs. 2 StPO).
Unterschriften
Rothfuß, Jäger, Radtke, Mosbacher, Fischer
Fundstellen
Haufe-Index 7490894 |
StV 2015, 739 |
StraFo 2015, 37 |