Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 12.06.2008) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12. Juni 2008 wird
- das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,
- das vorgenannte Urteil dahin geändert, dass der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt wird.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung, wegen versuchter Körperverletzung und wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
Zutreffend hat der Generalbundesanwalt ausgeführt:
„Die Verurteilung wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen hat keinen Bestand. Insoweit fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung eines rechtswirksamen Eröffnungsbeschlusses in Bezug auf die wegen dieses Tatvorwurfs gesondert erhobene Anklage der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 13.05.2008 (BI. 37 bis 39 d.A. 402 Js 37276/08). Die Strafkammer hat über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung dieser Anklage nicht in der gesetzlich vorgesehenen Besetzung mit drei Berufsrichtern unter Ausschluss der Schöffen entschieden (BGHSt 50, 267, 269; BGH StV 2007, 562; BGH, Beschluss vom 31.07.2008 – 4 StR 251/08 – m.w.N.). Stattdessen erfolgte der Eröffnungsbeschluss – wie das Hauptverhandlungsprotokoll beweist (Bd. II, Bl. 595 d.A.) – während der Hauptverhandlung in der gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG reduzierten Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen. In dieser Zusammensetzung war die Strafkammer jedoch nicht zur Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens berufen (BGH aaO). Es liegt auch keine Nachtragsanklageschrift im Sinne des § 266 StPO vor. Diese hätte in der Hauptverhandlung mündlich erhoben werden müssen, zumindest in der Form, dass die Anklageschrift vom 13.05.2008 dort verlesen wird. Dies ist ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls nicht geschehen. Mangels wirksamer Eröffnung des Hauptverfahrens wegen des Tatvorwurfs des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen besteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis, das insoweit zur Aufhebung des Urteils und zur Einstellung des Verfahrens führt (§ 206a Abs. 1 StPO). Damit entfällt der Schuldspruch für diese Tat und die hierfür verhängte Einzelstrafe.
Dies hat zur Folge, dass die verhängte Gesamtstrafe in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO auf zwei Jahre und fünf Monate festzusetzen ist, da im Hinblick auf §§ 39, 54 StGB sowie nach den gesamten Umständen nur die Verhängung einer Gesamtfreiheitsstrafe in dieser Höhe in Betracht kommt (Meyer-Goßner StPO 51. Auflage § 354 Rdn. 27 m.w.N. a.d. Rspr.). Die Verhängung einer gesonderten Geldstrafe neben der Freiheitsstrafe nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB kommt nicht in Betracht (UA S. 33, 34).”
Unterschriften
Becker, Miebach, Sost-Scheible, Hubert, Schäfer
Fundstellen