Entscheidungsstichwort (Thema)
Löschung eines Hofvermerks. Höferechtsfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die negative Hoferklärung wirkt auch dann für alle Rechtsnachfolger im Sinne von BGHZ 118, 356 fort, wenn danach zeitweilig die sonstigen Voraussetzungen für eine Höferechtsfähigkeit nach § 1 HöfeO nicht erfüllt gewesen sind.
Normenkette
HöfeO § 1 Abs. 4; NRWHofeigAufhVO § 1
Verfahrensgang
OLG Köln (Aktenzeichen 23 WLw 10/97) |
AG Wesel (Aktenzeichen 2 Lw 79/96) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Köln vom 4. Dezember 1997 wird auf Kosten der Antragstellerin, die den Antragsgegnerinnen die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 339.600 DM.
Gründe
I.
Die Eheleute J. und K. W. waren Eigentümer des Ehegattenhofes „O.”. Am 13. Januar 1950 ging bei dem Amtsgericht ihre notarielle Erklärung ein, daß die Besitzung nicht mehr die Eigenschaft eines Hofes haben sollte, worauf der Hofvermerk im Grundbuch gelöscht wurde. Durch notariellen Vertrag vom 14. Juli 1961 setzten die Eheleute ihren Sohn A. als Vorerben des Hofes ein mit der Verpflichtung, bei Umschreibung auf seinen Namen die Hofeigenschaft wieder einzuführen. Dies geschah jedoch nicht. Nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1965 übertrug A. W. durch notariellen Vertrag einen ihm etwa zugeflossenen Erbanteil seiner Mutter, die 1977 verstarb. 1985 übertrug A. W. den Grundbesitz im Wege vorweggenommener Erbfolge mit Zustimmung der Nacherben auf seinen Neffen, den Ehemann der Antragstellerin. Dieser verstarb am 28. November 1994.
Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, der Grundbesitz sei ungeachtet der negativen Hoferklärung kraft Gesetzes wieder Hof geworden, als A. W. nach dem Tod seiner beiden Eltern daran Alleineigentum erlangt habe. Sie hat beantragt festzustellen, daß sich die Besitzung nach Höferecht vererbt habe und sie Hoferbin geworden sei.
Der Antrag ist in den Instanzen ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich die – zugelassene – Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.
II.
Das Beschwerdegericht vertritt die Auffassung, die landwirtschaftliche Besitzung habe aufgrund der Hofaufhebungserklärung bei Eintritt des Erbfalles keine Hofeigenschaft mehr besessen. Bis zum 28. November 1994 sei sie nicht durch gegenteilige Erklärung erneut eingeführt worden. Deshalb sei der Verlust der Hofeigenschaft bestehengeblieben. Es gebe keinen Grund, die Wirkung der Hofaufhebungserklärung hier auf die unmittelbare Rechtsnachfolge zu begrenzen. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß zeitweilig die sonstigen Voraussetzungen für einen Hof im Sinne der Höfeordnung entfallen seien.
III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde (§ 24 Abs. 1 LwVG) ist nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht geht von den Grundsätzen aus, die der Senat zur Wirkung einer negativen Hoferklärung aufgestellt hat (BGHZ 118, 356). Danach wirkt die von dem Hofeigentümer erklärte Aufhebung der Hofeigenschaft jedenfalls für alle Rechtsnachfolger, die das Eigentum an einem Hof im Wege der (vorweggenommenen) Erbfolge erwerben. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung trotz der von Faßbender (AgrarR 1993, 10 ff) geäußerten Kritik fest. Aufgrund der §§ 1 Abs. 3, 19 Abs. 5 HöfeO a.F. i.V.m. § 1 der Verordnung über die Aufhebung der Hofeigenschaft NRW vom 4. März 1949 ist das bis dahin geltende grundsätzlich obligatorische Höferecht zunächst für die Bezirke der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Köln in ein fakultatives, d.h. vom Eigentümer frei wählbares Höferecht umgewandelt worden. Der Dispositionsbefugnis des jeweiligen Eigentümers wurde damit der Vorrang vor den agrarökonomischen Interessen der Allgemeinheit an dem Fortbestand des Hofes eingeräumt. Weder dem Wortlaut der Verordnung noch sonstigen Umständen ist zu entnehmen, daß diese Dispositionsbefugnis auf die Erbfolge nach dem Eigentümer, der die negative Hoferklärung abgegeben hat, beschränkt sein sollte mit der Folge, daß die Hofeigenschaft kraft Gesetzes nach Eintritt des Erbfalles wieder aufleben würde (vgl. Wöhrmann/Stöcker, Das Landwirtschaftserbrecht, 6. Aufl., § 1 Rdn. 83; Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, HöfeO, 9. Aufl., § 1 Rdn. 56). Vielmehr würde es der Möglichkeit der freien Wählbarkeit des Höferechts zuwiderlaufen, wenn nach Eintritt des Erbfalls die Hofeigenschaft von selbst, entgegen der aus dem Grundbuch ersichtlichen Lage, neu entstünde (vgl. Lüdtke-Handjery, AgrarR 1982, 230, 231; a.A. Faßbender, aaO; Faßbender in: Faßbender/Hötzel/v. Jeinsen/Pikalo, HöfeO, 3. Aufl., § 1 Rdn. 86).
2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde wirkt die negative Hoferklärung auch dann für die Rechtsnachfolger im Sinne von BGHZ 118, 356 ff fort, wenn danach zeitweilig die sonstigen Voraussetzungen für eine Höferechtsfähigkeit gemäß § 1 HöfeO nicht erfüllt gewesen sind. Zutreffend hat das Beschwerdegericht ausgeführt, daß der Eigentümer und seine Rechtsnachfolger nach Abgabe der negativen Hoferklärung davon ausgehen können, die Hofeigenschaft könne nur durch eine gegenteilige Erklärung, nicht aber auch ohne ihr Zutun kraft Gesetzes wiedererlangt werden. Durch die negative Hoferklärung ist die landwirtschaftliche Besitzung dem Geltungsbereich des Höferechts entzogen worden. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die sonstigen Voraussetzungen für eine Höferechtsfähigkeit weiterhin vorliegen oder entfallen. Wollte man nach einem zeitweiligen Wegfall der sonstigen Voraussetzungen von einem Wiederaufleben der Hofeigenschaft kraft Gesetzes ausgehen, würde dies einen systemwidrigen Rückgriff auf das obligatorische Höferecht bedeuten, dessen Geltung durch die vorangegangene Hofaufhebungserklärung gerade abbedungen worden ist. Hierfür finden sich weder in der Verordnung noch in § 1 HöfeO n.F. Anhaltspunkte, zumal gemäß § 1 Ziff. 2 der Verordnung vom 3. März 1949 bzw. § 1 Abs. 4 HöfeO n.F. jederzeit auf Antrag die Hofeigenschaft, bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen, wiederhergestellt werden kann und deshalb für einen solchen Rückgriff kein Bedürfnis besteht.
3. Schließlich ist die Hofeigenschaft auch nicht kraft Gesetzes mit der Einführung der neuen Höfeordnung zum 1. Juli 1976 entstanden. Zwar ist zu diesem Zeitpunkt die in § 19 Abs. 5 HöfeO a.F. enthaltene Ermächtigung für die Einführung der Verordnung über die Aufhebung der Hofeigenschaft vom 4. März 1949 entfallen. Der Grundsatz der freien Wählbarkeit des Höferechts wurde aber in § 1 Abs. 4 HöfeO n.F. übernommen. Deshalb kann eine landwirtschaftliche Besitzung, die durch eine frühere Hofaufgabeerklärung ihre Hofeigenschaft verloren hatte, diese jedenfalls beim Eigentumsübergang im Wege der (auch vorweggenommenen) Erbfolge nur aufgrund einer entsprechenden Erklärung des Hofeigentümers gemäß § 1 Abs. 4 Satz 2 HöfeO n.F. wieder erlangen (Lange/Wulff/Lüdtke-Handjery, aaO, § 1 Rdn. 138; Wöhrmann/Stöcker, aaO, § 1 Rdn. 159; Becker, AgrarR 1976, 117, 120).
4. Das Beschwerdegericht stellt fest, daß der Hof, für den die Eheleute W. die Hofeigenschaft aufgehoben haben, mit der jetzt den Namen „O.” führenden Besitzung identisch ist. Die Rechtsbeschwerde zieht diese Feststellung zwar in Zweifel, erhebt gegen die genannte Feststellung aber keine durchgreifende Rüge nach § 27 Abs. 2 Satz 1 LwVG (vgl. dazu näher BGHZ 125, 153, 159).
Nach alledem war die landwirtschaftliche Besitzung am 28. November 1994 kein Hof im Sinne der Höfeordnung.
5. Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 44, 45 LwVG. Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 19 Buchst. a HöfeVfO, §§ 30, 19 Abs. 4 KostO.
Unterschriften
Wenzel, Vogt, Krüger
Fundstellen
Haufe-Index 539729 |
NWB 1999, 2268 |
BGHR |
FamRZ 2000, 224 |
NJW-RR 1999, 945 |
NJWE-FER 1999, 241 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 1999, 1294 |
ZEV 1999, 358 |
AgrarR 1999, 283 |
AgrarR 2000, 165 |
Rpfleger 1999, 323 |
ZNotP 1999, 252 |