Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich. Rentenanwartschaft. Statik eines Anrechts. Dynamik. Pensionskasse der Deutschen Eisenbahnen und Straßenbahnen
Leitsatz (amtlich)
Zur Dynamik von Anrechten bei der Pensionskasse der Deutschen Eisenbahnen und Straßenbahnen VVaG (im Anschluss an den Senatsbeschluss v. 6.2.2008 - XII ZB 180/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).
Normenkette
BGB § 1587a Abs. 3; FGG § 12
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 3) wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des OLG Hamm vom 27.9.2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das OLG zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 2.000 EUR
Gründe
I.
[1] Die am 21.10.1993 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 8.3.1964) am 14.10.2003 zugestellten Antrag des Ehemanns (Antragsteller; geboren am 30.6.1961) durch Verbundurteil des AG - FamG - geschieden (insoweit rechtskräftig) und der Versorgungsausgleich geregelt.
[2] Beide Parteien haben während der Ehezeit (1.10.1993 bis 30.9.2003; § 1587 Abs. 2 BGB) Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar die Ehefrau bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland (DRV Rheinland; weitere Beteiligte zu 1); vormals Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz) i.H.v. 157,71 EUR und der Ehemann bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV KBS, weitere Beteiligte zu 2)) i.H.v. 276,75 EUR (jeweils monatlich und bezogen auf den 30.9.2003). Zudem verfügt der Ehemann über unverfallbare, in der Ehezeit erworbene Rentenanwartschaften bei der Pensionskasse Deutscher Eisenbahnen und Straßenbahnen (PKDEuS; weitere Beteiligte zu 3)), Abteilung A, i.H.v. jährlich 875,64 EUR (monatlich 72,97 EUR; bezogen auf den 30.9.2003).
[3] Den Versorgungsausgleich hat das AG - FamG - dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemanns bei der DRV KBS auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Rheinland Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 59,52 EUR - bezogen auf den 30.9.2003 - übertragen hat. Weiter hat es durch analoges Quasisplitting (§ 1 Abs. 3 VAHRG) zu Lasten der Versorgung des Ehemanns bei der PKDEuS auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der DRV Rheinland Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 10,59 EUR begründet (wiederum bezogen auf den 30.9.2003). Das Anrecht des Ehemannes bei der PKDEuS hat das AG - FamG - dabei als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium volldynamisch behandelt und nach § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. der Barwert-Verordnung (in der bis 30.5.2006 geltenden Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 26.5.2003, BGBl. I 2003, 728) in ein volldynamisches Anrecht von monatlich 21,19 EUR umgerechnet.
[4] Das OLG hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der PKDEuS zurückgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die PKDEuS das bei ihr bestehende Anrecht des Ehemanns als insgesamt statisch qualifiziert wissen.
II.
[5] Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
[6] 1. Das OLG hat den vom AG - FamG - geregelten Versorgungsausgleich nicht beanstandet und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die PKDEuS könne sich für die angebliche Statik des bei ihr bestehenden Anrechts nicht darauf berufen, von der Anpassungsüberprüfungspflicht nach § 16 Abs. 1 BetrAVG deshalb entbunden zu sein, weil sie auf der Grundlage von § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG anfallende Überschussanteile zur Erhöhung laufender Rentenleistungen verwende. Zwar habe sie nach § 57 ihrer Satzung (in der bis 31.12.2005 geltenden Fassung) alle drei Jahre durch einen versicherungsmathematischen Sachverständigen eine versicherungstechnische Bilanz für jede Abteilung erstellen zu lassen, wobei eventuelle Überschüsse in den Bilanzen der einzelnen Abteilungen für eine Anhebung der laufenden Renten und/oder Anwartschaften zu verwenden seien. Der danach fehlende Rechtsanspruch der Versicherten auf Erhöhung ihrer Versorgung rechtfertige jedoch nicht die Annahme einer Statik im Leistungsstadium. Ein im Leistungsstadium volldynamisches Anrecht könne vielmehr auch dann vorliegen, wenn sich durch die Verwendung von Überschusserträgen tatsächlich eine mit der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung vergleichbare Wertsteigerung ergebe.
[7] Eine Volldynamik komme dabei nach der ständigen Rechtsprechung des BGH dann in Betracht, wenn der durchschnittliche Zuwachs der Renten im Leistungsstadium nicht mehr als 1 % hinter der Dynamik der gesetzlichen Renten und der beamtenrechtlichen Anrechte zurückbleibe. Diese Voraussetzungen seien im Falle der PKDEuS erfüllt. Im Vergleichszeitraum 1998 bis 2004 sei die gesetzliche Rente durchschnittlich um 1,07 % p.a., die der Beamtenversorgung durchschnittlich um 1,41 % p.a. gestiegen. Demgegenüber seien die Leistungen der PKDEuS im Durchschnitt um 0,83 % p.a. erhöht worden, was zu einer deutlich unter 1 % liegenden Differenz zu den Steigerungsraten der Maßstabsversorgungen führe.
[8] Die für einen in der Vergangenheit liegenden Vergleichszeitraum ermittelten Steigerungsraten könnten zwar nicht einfach fortgeschrieben werden. Die künftige Entwicklung des betreffenden Anrechts werde auch von weiteren zu bewertenden Faktoren beeinflusst, insb. der zu erwartenden wirtschaftlichen Entwicklung des die Versorgung finanzierenden Unternehmens. Deshalb könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich die Renten der PKDEuS wegen des anstehenden Rechtsformwechsels und der damit verbundenen Solvabilitätsanforderungen voraussichtlich in den kommenden Jahren nicht mehr in gleicher Weise erhöhten wie bisher. Dies gelte zumindest dann, wenn die PKDEuS die von ihr aufzubringenden Kapitalbeträge - wie behauptet - ganz oder zumindest überwiegend aus den bisher für die Erhöhung der laufenden Renten verwendeten Überschüssen finanzieren müsse. Eine vergleichbare Situation ergebe sich jedoch auch für die Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung. Diese seien zwar kraft Gesetzes als volldynamisch anerkannt. Grundlage dieser Bewertung sei aber die Annahme, dass die Beamtenversorgung und die gesetzliche Rentenversicherung sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsteil regelmäßig an die allgemeine Einkommensentwicklung angepasst würden. Davon könne künftig wegen der bestehenden Finanznot der Rentenversicherungsträger und angesichts der derzeitigen schlechten wirtschaftlichen Lage in Deutschland nicht mehr ohne weiteres ausgegangen werden. Aufgrund der leeren Rentenkassen und des statistisch prognostizierten überproportionalen Anstiegs an Rentenempfängern ggü. den Beitragszahlern sei mit einer nennenswerten Erhöhung der laufenden gesetzlichen Renten mittelfristig nicht zu rechnen. Wegen der derzeitigen öffentlichen Diskussion in Politik und Medien sei eine umfassende Rentenreform zu erwarten, wobei sich bereits jetzt abzeichne, dass alternativen Rentenmodellen und insb. der Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge ein besonderes Gewicht zukommen werde. Unter diesen Voraussetzungen könne eine zuverlässige Prognose über die langfristige Entwicklung laufender Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung ebenso wenig vorgenommen werden wie eine Prognose über die Entwicklung betrieblicher Renten, insb. derjenigen der PKDEuS.
[9] Da sich eine wesentliche Abweichung der zukünftigen Wertentwicklung der Renten der PKDEuS von der Wertentwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. der Beamtenversorgung nicht feststellen lasse und sich auch in der Vergangenheit keine wesentliche Abweichung ergeben habe, sei es nicht gerechtfertigt, die betrieblichen Anwartschaften des Ehemannes bei der PKDEuS im Leistungsstadium als statisch und damit schlechter zu behandeln als die gesetzliche Rente und die Beamtenversorgung. Vielmehr sei es in einem solchen Fall geboten, von einer Volldynamik im Leistungsstadium auszugehen. Vor diesem Hintergrund sei die der Entscheidung des AG - FamG - zugrunde liegende Berechnung des Wertausgleichs nicht zu beanstanden. Sofern - wider Erwarten - in Zukunft eine andere Entwicklung des betrieblichen Anrechts eintrete, die der Annahme einer Volldynamik im Leistungsstadium entgegenstehe, könne der ausgleichspflichtige Ehemann auf die Möglichkeit der Abänderung nach § 10a VAHRG verwiesen werden.
[10] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
[11] 2. Die angegriffene Entscheidung kann bereits deshalb nicht bestehen bleiben, weil die PKDEuS mit Wirkung zum 1.1.2006 von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts - in deren Eigenschaft sie die Rechtsbeschwerde wirksam eingelegt und begründet hat (§ 78 Abs. 4 ZPO) - in einen rechtsfähigen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (VVaG) umgewandelt worden ist (vgl. Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und anderer Gesetze vom 15.12.2004, BGBl. I 2004, 3416, 3426 f.; Blomeyer/Otto/Rolfs Betriebsrentengesetz 4. Aufl., § 1 Rz. 228). Das vom AG - FamG - zu Lasten der Anwartschaft des Ehemannes bei der PKDEuS angeordnete und vom Beschwerdegericht nach damaliger Rechtslage nicht beanstandete analoge Quasisplitting kommt indes nach § 1 Abs. 3 VAHRG nur in Betracht, wenn sich das auszugleichende Anrecht gegen einen inländischen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger richtet. Dies gilt selbst dann, wenn ein privatrechtlich organisierter Versorgungsträger die betriebliche Altersversorgung für einen öffentlich-rechtlich organisierten Arbeitgeber durchführt (vgl. BGH BGHZ 99, 10, 13 = FamRZ 1987, 52; v. 6.2.2008 - XII ZB 180/05 - zur Veröffentlichung bestimmt; v. 23.3.2005 - XII ZB 65/03, FamRZ 2005, 1063, 1064). Ist eine Realteilung - wie hier - nicht möglich, kann ein unverfallbares, dem schuldrechtlichen Ausgleich unterliegendes Anrecht eines privatrechtlichen Versorgungsträgers im öffentlich-rechtlichen Wertausgleich allenfalls nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durch erweitertes Splitting oder nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG durch Beitragsentrichtung des ausgleichspflichtigen Ehegatten (teilweise) ausgeglichen werden.
[12] 3. Die Feststellungen des OLG rechtfertigen zudem die Behandlung der Anwartschaft des Ehemannes bei der PKDEuS als im Leistungsstadium volldynamisch nicht.
[13] a) Ein Anrecht ist im Leistungsstadium volldynamisch, wenn der Wertzuwachs der laufenden Renten mit der Wertentwicklung in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung als den in § 1587a Abs. 3 BGB definierten Vergleichsanrechten annähernd Schritt hält. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es für die Beurteilung einer mit den Maßstabsversorgungen vergleichbaren Wertsteigerung nicht darauf an, dass die Satzung des Versorgungsträgers einen Rechtsanspruch auf eine regelmäßige Anpassung (z.B. an die Lohn- und Gehaltsentwicklung oder an die Steigerung der Lebenshaltungskosten) vorsieht. Ein in der Versorgungsordnung enthaltener Vorbehalt künftiger wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit schließt die Annahme einer Volldynamik ebenso wenig aus wie ein bestimmtes Finanzierungssystem des Versorgungsträgers. Maßgebend ist nach § 1587a Abs. 3 BGB allein, ob laufende Renten tatsächlich in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigen wie die gesetzlichen Renten oder die Beamtenversorgungen (vgl. BGH v. 6.2.2008 - XII ZB 180/05 - zur Veröffentlichung bestimmt; v. 1.12.2004 - XII ZB 45/01, FamRZ 2005, 430, 432; v. 25.9.1996 - XII ZB 227/94, FamRZ 1997, 164, 166 und vom 9.10.1996 - XII ZB 188/94, FamRZ 1997, 166, 168).
[14] b) Die PKDEuS ist eine Pensionskasse i.S.d. § 1b Abs. 3 Satz 1 BetrAVG (vgl. zum Begriff Blomeyer/Otto/Rolfs Betriebsrentengesetz § 1 Rz. 220 ff.), die für die beteiligten Trägerunternehmen die betriebliche Altersversorgung durchführt und den Arbeitnehmern oder deren Hinterbliebenen im Versicherungsfall einen direkten Rechtsanspruch gewährt. Als Pensionskasse finanziert sie ihre Verpflichtungen im Wege der Anwartschaftsdeckung (vgl. Blomeyer/Otto/Rolfs, a.a.O., § 1 Rz. 225 i.V.m. StR A Rz. 120).
[15] Nach § 57 ihrer Satzung (in der seit 1.1.2006 geltenden Fassung; veröffentlicht bei Juris) hat die PKDEuS mindestens alle drei Jahre durch einen versicherungsmathematischen Sachverständigen im Rahmen eines der Aufsichtsbehörde einzureichenden Gutachtens eine Prüfung ihrer Vermögenslage vorzunehmen. Ein sich nach den erforderlichen Verlustrücklagen ergebender Überschuss ist nach § 57 Abs. 3 der Satzung der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zuzuführen, die durch Beschluss der Hauptversammlung zur Erhöhung oder Erweiterung der Leistungen oder zur Ermäßigung der Beiträge oder für alle genannten Zwecke zugleich zu verwenden ist. Bereits vor dem Rechtsformwechsel war die Möglichkeit zur Anhebung laufender Renten nach § 57 a.F. der Satzung ausdrücklich gegeben. Mit der Regelung des § 57 der Satzung soll die in § 16 Abs. 1 BetrAVG vorgesehene regelmäßige Anpassungsüberprüfung des Arbeitgebers vermieden werden; dies ist nur unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG möglich und verlangt, dass auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile - nach Abzug von Verlustrücklagen - stets und ohne Ermessensspielraum für die Erhöhung laufender Renten zu verwenden sind. § 57 der Satzung ist deshalb als eine Verpflichtung der PKDEuS zu verstehen, ab Rentenbeginn sämtliche Überschussanteile, die auf die individuell für die Renten der Berechtigten vorhandenen Deckungsrückstellungen anfallen (vgl. Blomeyer/Otto/Rolfs, a.a.O., § 16 Rz. 321) ausschließlich zur Erhöhung ihrer laufenden Leistungen zu verwenden.
[16] Zwar können die laufenden Renten der PKDEuS eine Wertsteigerung nur durch Überschüsse erfahren, die dadurch möglich werden, dass aus dem angesammelten Kapital höhere Erträge erzielt werden als sie im sog. rechnungsmäßigen Zins ohnehin schon berücksichtigt sind, dass Verwaltungskosten eingespart werden oder dass sich das Verhältnis von Versorgungsempfängern und Beitragszahlern unvorhergesehen verschiebt. Die PKDEuS hat in der Vergangenheit indes entsprechende Überschüsse auch tatsächlich erwirtschaftet und diese zur Erhöhung der laufenden Renten verwendet. So stiegen im Vergleichszeitraum 1998 bis 2007 die Renten der Abt. A um durchschnittlich 0,70 % p.a. und damit in vergleichbarer Höhe wie die gesetzliche Rentenversicherung an, die im entsprechenden Zeitraum eine Wertsteigerung von durchschnittlich 0,80 % p.a. erfahren hat (Senatsbeschluss vom 6.2.2008 - XII ZB 180/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).
[17] c) Entscheidend für die Bewertung des Anrechts des Ehemannes bei der PKDEuS ist deshalb, ob die für eine Volldynamik im Leistungsstadium sprechenden, mit einer der Maßstabsversorgungen i.S.d. § 1587a Abs. 3 BGB vergleichbaren Steigerungsraten auch künftig zu erwarten sind. Dies setzt die hinreichend gesicherte Prognose einer entsprechenden weiteren Wertentwicklung des Anrechts voraus, für die dessen bisherige Entwicklung über einen angemessenen Vergleichszeitraum zwar als Indiz herangezogen werden kann. Indessen dürfen die Daten der Vergangenheit nicht ohne weiteres fortgeschrieben werden. Erforderlich ist vielmehr eine Prognose, die alle hierfür bedeutsamen Umstände berücksichtigt (vgl. BGH BGHZ 160, 41, 45 = FamRZ 2004, 1474, 1475, m.w.N.). Hierzu gehören auch die versicherungstechnischen Rechnungsgrundlagen, das Verhältnis der Beitragszahler zu den Rentnern und die Vermögenslage des Versorgungsträgers (vgl. BGH v. 6.2.2008 - XII ZB 180/05 - zur Veröffentlichung bestimmt; v. 1.12.2004 - XII ZB 45/01, FamRZ 2005, 430, 432; v. 25.9.1996 - XII ZB 227/94, FamRZ 1997, 164, 165; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587a Rz. 236; Wick Der Versorgungsausgleich 2. Aufl. Rz. 175a).
[18] d) Vorliegend fehlt eine tragfähige Grundlage für die Prognose, dass die PKDEuS auch in Zukunft ausreichend Überschüsse erwirtschaften wird, die über § 57 Abs. 3 der Satzung zu einer mit der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung vergleichbaren Wertentwicklung laufender Renten der Abteilung A führen.
[19] Die Rechtsbeschwerde hat gegen die Prognose des OLG vor allem eingewandt, es sei bereits jetzt absehbar, dass die laufenden Renten der PKDEuS in absehbarer Zukunft überhaupt keine Wertsteigerungen mehr erfahren würden. Die Auffassung des Beschwerdegerichts trage den Besonderheiten der PKDEuS nicht Rechnung. Anders als die gesetzliche Rentenversicherung und die Beamtenversorgung müsse diese auf veränderte Situationen mit der Erhöhung von Deckungsrückstellungen reagieren. Wegen des steigenden Lebensalters der Rentenempfänger und der häufigen Frühverrentungen müsse sie diese deutlich erhöhen. Dies führe dazu, dass künftig keine Überschüsse zur Wertsteigerung der Anwartschaften und Renten mehr ausgeschüttet werden könnten. Allein für die neuen Generationentafeln müsse die PKDEuS rund 10 Mio. EUR aufbringen. Hinzu komme, dass die PKDEuS seit dem 1.1.2006 keine Körperschaft des öffentlichen Rechts mehr sei, sondern als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit in vollem Umfang dem Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) unterliege. Deshalb habe sie die sog. Solvabilitätsanforderungen nach § 53c VAG und der Kapitalausstattungs-Verordnung (Verordnung über die Kapitalausstattung von Versicherungsunternehmen vom 13.12.1983, BGBl. I, 1451, zuletzt geändert durch das achte VAG-Änderungsgesetz vom 28.5.2007, BGBl. I, 923) zu erfüllen. Allein dafür benötige die PKDEuS einen Betrag von rund 24 Mio. EUR, der bereits die künftigen verteilungsfähigen Überschüsse der nächsten drei bis fünf Jahre vollständig aufzehren werde. Diese wesentliche Sonderentwicklung der PKDEuS habe das Beschwerdegericht bei seiner Prognoseentscheidung nicht ausreichend gewürdigt.
[20] Zwar kann bei einem Anrecht, das in der Vergangenheit nahezu in gleicher Weise im Wert gestiegen ist wie eine der Maßstabsversorgungen, bei unveränderten Bedingungen eine ähnliche Entwicklung auch für die Zukunft erwartet werden (vgl. BGH v. 25.3.1992 - XII ZB 88/89, FamRZ 1992, 1051, 1054). Die Rechtsbeschwerde beruft sich aber nicht nur auf eine allgemeine Verschlechterung der wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen, die gleichermaßen Einfluss auf die Maßstabsversorgungen Einfluss haben können (vgl. BGH v. 23.9.1987 - IVb ZB 18/85, FamRZ 1987, 1241, 1242). Sie macht individuelle, in der Rechtsform, der Mitgliederstruktur und der wirtschaftlichen Situation der PKDEuS begründete veränderte Umstände geltend, die gegen ein Fortschreiben der bisherigen Steigerungsraten für die Zukunft sprechen. Hinzu kommt, dass das von der PKDEuS angewandte Anwartschaftsdeckungsverfahren als ein von der allgemeinen Lohnentwicklung unabhängiges Finanzierungssystem gerade keine Volldynamik indiziert. Entsprechend ist die wirtschaftliche Situation der PKDEuS strukturell nicht mit derjenigen der grundsätzlich am Durchschnittsentgelt der Versicherten orientierten gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar. Macht aber ein Versorgungsträger solche konkreten Umstände geltend, so ist dem im Rahmen der tatrichterlichen Pflicht zur Amtsermittlung (§ 12 FGG) nachzugehen; es sind die erforderlichen Feststellungen zu treffen, um auf einer hinreichend tragfähigen Grundlage eine Prognose zu ermöglichen. Dies kann z.B. durch Beiziehen von Geschäftsberichten und von vorhandenen versicherungstechnischen Gutachten sowie durch Beauftragung eines Sachverständigen geschehen. Verbleiben anschließend erhebliche Unsicherheitsfaktoren, die es nicht ausschließen, dass die Versorgungsleistungen der PKDEuS künftig auf längere Sicht nicht entsprechend der Entwicklung der Vergleichsanrechte ansteigen, ist die Annahme einer Volldynamik nicht gerechtfertigt (Senatsbeschluss v. 6.2.2008 - XII ZB 180/05 - zur Veröffentlichung bestimmt; vgl. für den Grad der Wahrscheinlichkeit bei der zu treffenden Prognoseentscheidung BGH BGHZ 85, 194, 203 = FamRZ 1983, 40, 42).
[21] 4. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend selbst entscheiden. Die Sache war vielmehr an das OLG zurückzuverweisen, damit es für die Ermittlung des Wertes des Anrechts des Ehemanns bei der PKDEuS die erforderlichen Feststellungen trifft.
[22] Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
[23] a) Die Zurückverweisung gibt dem OLG Gelegenheit, auch Feststellungen zur Beantwortung der Frage zu treffen, ob das Anrecht des Ehemannes bei der PKDEuS im Anwartschaftsstadium volldynamisch ist (bejahend OLG Zweibrücken OLGReport Zweibrücken 2006, 117 f.; OLG Hamburg Beschl. v. 18.4.2007 - 2 UF 72/07 - nicht veröffentlicht).
[24] aa) Die Höhe der von aktiven Mitgliedern der PKDEuS zu zahlenden Beiträge bemisst sich nach ihrem versicherungsfähigen Einkommen (§ 21 der Satzung); die Anwartschaft auf eine monatliche Versichertenrente des Ehemannes, der Mitglied der Abteilung A ist (§§ 10, 12 ff. der Satzung), errechnet sich nach § 16 der Satzung aus einem Prozentsatz der für ihn insgesamt entrichteten Beiträge (1,25 v.H. der Summe der bis zum 31.12.1999 und 1,13 v.H. der Summe der ab 1.1.2000 für den Arbeitnehmer insgesamt entrichteten Beiträge). Für eine Volldynamik im Anwartschaftsstadium reicht es zwar nicht aus, dass sich die Höhe der Anwartschaft allein nach den Beiträgen des Versicherten richtet, die sich an seinem Individualeinkommen orientieren, so dass Einkommenssteigerungen mittelbar auch eine Wertsteigerung bewirken (sog. Beitragsdynamik, vgl. BGH BGHZ 85, 194, 199 = FamRZ 1983, 40, 41 f.; v. 21.9.1988 - IVb ZB 104/86, FamRZ 1989, 155, 156; v. 21.1.1987 - IVb ZB 155/84, FamRZ 1987, 361, 362; Hoppenz/Triebs Familiensachen 8. Aufl., § 1587a BGB Rz. 216; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl., § 1587a Rz. 235). Allerdings hat es der Senat für die Annahme einer Volldynamik als ausreichend angesehen, dass die Wertsteigerungen der betrieblichen Anwartschaft aus Überschussausschüttungen stammen, die von der jeweiligen Ertragslage des Versorgungsunternehmens abhängen (BGH v. 1.12.2004 - XII ZB 45/01, FamRZ 2005, 430, 431; v. 9.10.1996 - XII ZB 188/94, FamRZ 1997, 166, 168; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 1587a Rz. 234). Erforderlich ist lediglich der mit einer der Maßstabsversorgungen vergleichbare Wertanstieg der Anwartschaft und die Unverfallbarkeit der Anwartschaftsdynamik (vgl. zur Unverfallbarkeit der Anwartschaftsdynamik BGH v. 25.9.1991 - XII ZB 161/88, FamRZ 1991, 1421, 1424; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 1587a Rz. 235). Auf der Grundlage der bis 31.12.2005 geltenden Fassung von § 57 der Satzung, der die Möglichkeit einer "Anhebung von Anwartschaften" durch die Verwendung von Überschüssen ausdrücklich vorsah, hat die PKDEuS nach den Angaben der Rechtsbeschwerde im Vergleichszeitraum von 1997 bis 2006 die bei ihr bestehenden Anwartschaften der Abteilung A vergleichbar den Wertsteigerungen laufender Renten um durchschnittlich 0,70 % p.a. erhöht. Dabei wurden bestehende Anwartschaften auch dann angehoben, wenn die ordentliche Mitgliedschaft eines Versicherungsnehmers in der PKDEuS nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses in eine beitragsfreie (außerordentliche) Mitgliedschaft umgewandelt worden war (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 5 der Satzung).
[25] bb) Das OLG wird deshalb bei der Regelung des Versorgungsausgleichs eine Prognose darüber zu treffen haben, ob auch künftig mit einem Wertanstieg der Anwartschaft des Ehemannes bei der PKDEuS zu rechnen ist, der mit den Steigerungsraten der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung zumindest annähernd Schritt hält.
[26] Die Möglichkeit, bestehende Anwartschaften durch die Verwendung von erwirtschafteten Überschüssen anzuheben, hat die PKDEuS auch nach § 57 Abs. 3 ihrer Satzung in der seit dem 1.1.2006 geltenden Fassung. Ein sich im Rahmen der versicherungstechnischen Überprüfung ergebender Überschuss ist nach den erforderlichen Verlustrücklagen der Rückstellung für Beitragsrückerstattung für die "Erhöhung oder Erweiterung der Leistungen oder zur Ermäßigung der Beiträge oder für alle genannten Zwecke zugleich zu verwenden". Unter "Leistungen" i.S.v. § 57 der Satzung sind dabei nicht allein laufende Rentenzahlungen zu verstehen. Werden Überschüsse zur Erhöhung bestehender Anwartschaften verwendet, erhöht sich auch die Leistung des Versicherungsträgers in Form der Zusage einer höheren Versicherungsleistung und damit einer höheren Risikotragung (Senatsbeschluss vom 6.2.2008 - XII ZB 180/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).
[27] b) Die Rechtsbeschwerde hat eingewandt, auch die beiden gesetzlichen Vergleichsanrechte stiegen in den kommenden 10 Jahren nicht mehr an. Dies dürfe aber nicht dazu führen, ein statisches betriebliches Anrecht als mit den Maßstabsversorgungen vergleichbar und damit volldynamisch zu behandeln.
[28] Daran ist richtig, dass sich in der gesetzlichen Rentenversicherung der für die Leistungsphase maßgebliche, nach §§ 63 Abs. 7, 65, 68, 255e SGB VI zu bestimmende aktuelle Rentenwert, der multipliziert mit den erworbenen Entgeltpunkten den Leistungsbetrag ergibt, durch den Nachhaltigkeitsfaktor und den Altersvorsorgeanteil auch mittels die Dynamik dämpfender Faktoren errechnet (vgl. BGH v. 20.9.2006 - XII ZB 248/03, FamRZ 2007, 23, 25; v. 1.12.2004 - XII ZB 45/01, FamRZ 2005, 430, 431). Dies bedeutet indes nicht, dass die gesetzliche Rentenversicherung faktisch statisch ist. Wegen der wirtschaftlich schwierigen Lage der Rentenkasse und insb. wegen des geänderten Verhältnisses von Beitragszahlern und Leistungsempfängern ist zwar nur noch mit geringen künftigen Steigerungsraten und ggf. auch mit Nullrunden zu rechnen; dennoch bleibt die Entwicklung des aktuellen Rentenwertes im Grundsatz an die Entwicklung des Durchschnittsentgelts angelehnt (§ 63 Abs. 7 SGB VI). Deshalb ist auch künftig mit einem gewissen Wertanstieg der gesetzlichen Renten und damit einer Dynamik zu rechnen. Gleiches gilt für die Beamtenversorgung, vgl. § 70 Abs. 1 BeamtVG, die nach § 1587a Abs. 3 BGB als volldynamisch definiert ist. Auch die Bundesregierung nimmt in ihrem Rentenversicherungsbericht 2007 an, dass die laufenden gesetzlichen Renten in den nächsten 15 Jahren um durchschnittlich 1,7 % p.a. steigen werden. Zwar ist diese Prognose mit erheblichen Unsicherheitsfaktoren verbunden und insb. von der konjunkturellen Entwicklung abhängig. Dennoch wird man im Rahmen der Bestimmung der Dynamik eines Anrechts nicht davon ausgehen können, dass die gesetzlichen Renten oder die Beamtenversorgung mittelfristig überhaupt nicht oder nur knapp über 0 % p.a. ansteigen werden (Senatsbeschluss vom 6.2.2008 - XII ZB 180/05 - zur Veröffentlichung bestimmt).
[29] c) Im Ansatz zutreffend weist die Rechtsbeschwerde darauf hin, dass der Senat in der Vergangenheit von einer mit den Maßstabsversorgungen vergleichbaren Wertsteigerung ausging, wenn der durchschnittliche Zuwachs des betreffenden Anrechts nicht mehr als einen Prozentpunkt hinter der Dynamik der gesetzlichen Renten bzw. der Beamtenversorgung zurückblieb (vgl. BGH BGHZ 85, 194, 202 = FamRZ 1983, 40, 42; vom 25.3.1992 - XII ZB 88/89, FamRZ 1992, 1051, 1054; v. 9.10.1996 - XII ZB 188/94, FamRZ 1997, 166, 168). Allerdings lagen dieser Rechtsprechung tatrichterlich prognostizierte Steigerungsraten der gesetzlichen Rentenversicherung von mindestens 3,82 % p.a. bzw. der Beamtenversorgung von mindestens 3,26 % p.a. zugrunde (vgl. zuletzt BGH v. 9.10.1996 - XII ZB 188/94, FamRZ 1997, 166, 167 f.; in dem BGH BGHZ 85, 194, 202 FamRZ 2005, 112, 113 f.; Staudinger/Rehme BGB [2004] § 1587a Rz. 426; vgl. für die Behandlung minderdynamischer Anrechte BVerfG FamRZ 2006, 1002, 1003 ff., dort als teildynamische Anrechte bezeichnet). Anderenfalls müssten nahezu statische Anrechte in einer Art. 3 Abs. 1 GG verletzenden Weise als volldynamisch behandelt werden.
[30] d) Soweit sich die vom Beschwerdegericht zu treffende Prognoseentscheidung später als unzutreffend herausstellen sollte, kann dem bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durch ein Abänderungsverfahren begegnet werden (vgl. BGH v. 5.10.1994 - XII ZB 129/92, FamRZ 1995, 88, 92; Johannsen/Henrich/Hahne, a.a.O., § 10a VAHRG Rz. 34).
Fundstellen
Haufe-Index 1991913 |
BGHR 2008, 849 |
EBE/BGH 2008 |
FamRZ 2008, 1147 |
NJW-RR 2008, 1027 |