Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfallanordnung bei Steuerhinterziehung
Leitsatz (redaktionell)
Bei Steuerhinterziehung stehen einer Verfallsanordnung die Ansprüche des Steuerfiskus (hier im Hinblick auf hinterzogene Lohnsteuer) entgegen. Bezüglich der hinterzogenen Steuer sind gemäß § 71 AO die Täter der Steuerhinterziehung und deren Gehilfe Haftungsschuldner.
Normenkette
StGB § 73 Abs. 1 S. 2; AO §§ 370, 71
Verfahrensgang
LG Essen (Urteil vom 22.08.2012) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 22. August 2012 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der vom Landgericht ihm und der Mitangeklagten S. gegenüber angeordnete Verfall entfällt (§ 349 Abs. 2 und 4 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Ergänzend bemerkt der Senat:
Das Tatgericht hat die nicht revidierende Mitangeklagte wegen Steuerhinterziehung in achtzehn Fällen und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in ebenfalls achtzehn Fällen sowie den Angeklagten wegen einer Beihilfe zu diesen Taten verurteilt. Darüber hinaus hat es bei beiden sichergestelltes Bargeld und ein gepfändetes Kontoguthaben der Mitangeklagten für verfallen erklärt.
Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, kann die Anordnung des Verfalls keinen Bestand haben. Ihr steht § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen. Das Tatgericht hat zwar in Bezug auf das Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt (§ 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB) einen Verzicht der geschädigten Krankenkasse auf ihre Ansprüche festgestellt. Allerdings stehen der Verfallsanordnung die Ansprüche des Steuerfiskus im Hinblick auf die hinterzogene Lohnsteuer entgegen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Juni 2011 – 1 StR 37/11, wistra 2011, 394, 395 Rn. 11 mwN). In Bezug auf diese Ansprüche sind gemäß § 71 AO die Mitangeklagte als Täterin der Steuerhinterziehung und der Angeklagte als Gehilfe dazu Haftungsschuldner. Einen Anspruchsverzicht des Steuerfiskus hat das Landgericht nicht festgestellt.
Die Aufhebung der Verfallsanordnung ist gemäß § 357 StPO auf die Mitangeklagte zu erstrecken, weil die Aufhebung auf einem sachlich-rechtlichen Fehler bei der Entscheidung über den Verfall beruht (st. Rspr.; etwa BGH, Beschlüsse vom 22. Dezember 2004 – 2 StR 498/04 und 10. Januar 2008 – 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 567 Rn. 9 mwN). Das gälte wegen der dort maßgeblichen individuellen Erwägungen lediglich bei dem fehlerhaften Umgang mit der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB nicht (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008 – 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 567 Rn. 9).
Das Rechtsmittel hat einen so unwesentlichen Teilerfolg erzielt, dass es sich als erfolglos im Sinne von § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO erweist.
Unterschriften
Wahl, Rothfuß, Jäger, Radtke, Zeng
Fundstellen
BFH/NV 2013, 1214 |
NStZ 2013, 403 |
wistra 2013, 2 |
wistra 2013, 227 |