Tenor
Auf Antrag des Beschuldigten und nach Anhörung des Generalbundesanwalts beim Bundesgerichtshof wird dem Beschuldigten H. A. gestattet, für außerhalb der Hauptverhandlung zu führende Gespräche mit seinem Verteidiger – Rechtsanwalt B. – und mit diesem auszutauschende Schriftstücke einen Dolmetscher/Übersetzer für die Sprache Dari hinzuzuziehen, soweit die Gespräche und der Schriftverkehr zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich sind.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof führt gegen den Beschuldigten H. A. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland („Taliban”) in Tateinheit mit Mord in mindestens zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 211, § 52 StGB.
Rz. 2
Dem Beschuldigten liegt dabei zur Last, …
Rz. 3
Unter dem 23. Februar 2018 hat der Wahlverteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwalt B., beantragt, dem Beschuldigten unentgeltlich einen Dolmetscher zur Verständigung mit dem Verteidiger beizuordnen. Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat sich diesem Antrag angeschlossen.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 4
Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs ist für die nach § 187 Abs. 1 Satz 1 GVG zutreffende Entscheidung zuständig.
Rz. 5
Zwar fehlt für das Ermittlungsverfahren eine diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Regelung. In der Neufassung des § 141 Abs. 4 Satz 2 StPO kommt indes der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, im Stadium des Ermittlungsverfahrens die Zuständigkeit für Entscheidungen das Recht auf Verteidigung betreffend aufseiten des Ermittlungsrichters zu konzentrieren (vgl. BT-Drucks. 796/16 S. 28). Jener Intention liefe es zuwider, die ebenfalls den Mindestrechten eines Beschuldigten aus Art. 6 Abs. 3 MRK Rechnung tragende Reglung des § 187 Abs. 1 Satz 1 GVG im Ermittlungsverfahren der Entscheidungsgewalt desjenigen Gerichts zu unterstellten, das für die Eröffnung der Hauptsache zuständig wäre (vgl. insoweit auch die zur früheren Fassung des § 141 Abs. 4 StPO ergangene Kommentierungen von Wickern in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 187 GVG Rn. 17 und Rosenau in SSW, 3. Aufl., § 187 GVG Rn. 9, welche die Annahme einer Annexkompetenz des Ermittlungsrichters für interessengerecht erachteten).
III.
Rz. 6
Die Voraussetzungen für die Hinzuziehung eines Dolmetschers/Übersetzers gemäß § 187 Abs. 1 Satz 1 GVG liegen vor.
Rz. 7
Der Beschuldigte ist nach den vorliegenden Erkenntnissen der deutschen Sprache nicht in dem Maße mächtig, dass er ohne Hilfe eines Dolmetschers/Übersetzers seine strafprozessualen Rechte ausüben könnte. Er spricht vielmehr die Sprache Dari. Aus dieser und in diese sind verfahrensrelevante Erklärungen und Schriftstücke Sprache zu übertragen, damit der Beschuldigte sich effektiv verteidigen kann. Gleiches gilt für die Hinzuziehung eines Dolmetschers für Gespräche mit dem Verteidiger.
Unterschriften
Wimmer Richterin am Bundesgerichtshof
Fundstellen
Haufe-Index 11587977 |
NStZ-RR 2020, 335 |
StV 2019, 169 |