Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufklärungspflicht einer finanzierenden Bank bei Interessenkonflikt durch Verlagerung notleidender Kreditengagements
Leitsatz (amtlich)
Zur Aufklärungspflicht einer Finanzierungsbank wegen eines schwerwiegenden Interessenkonflikts durch Verlagerung des eigenen notleidenden Kreditengagements im Rahmen des finanzierten Geschäfts auf die Erwerber.
Normenkette
BGB § 276 a.F.
Verfahrensgang
OLG Köln (Urteil vom 25.11.2009; Aktenzeichen 13 U 179/06) |
LG Köln (Entscheidung vom 28.09.2006; Aktenzeichen 15 O 742/05) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 13. Zivilsenats des OLG Köln vom 25.11.2009 wird auf Kosten der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es in Ziff. 5 des Urteilstenors statt "die Beklagte zu 1) wird verurteilt, ... den sich aus der Auszahlung ergebenden Betrag an die Kläger zu zahlen" heißt, "die Beklagte zu 1) wird verurteilt, ... den sich aus der Abrechnung ergebenden Betrag an die Kläger zu zahlen".
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 80.988,63 EUR.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Kläger nehmen die Beklagten auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit dem finanzierten Erwerb einer Eigentumswohnung in Anspruch.
Rz. 2
Die klagenden Eheleute erwarben im März 1999 von der A. Aktiengesellschaft eine Eigentumswohnung in dem Objekt J. in Ha. . Der Kaufpreis betrug 116.424 DM. Zur Finanzierung des Kaufpreises schlossen die Kläger am 18./23.2.1999 mit der Beklagten zu 2), die hierbei durch die Beklagte zu 1) vertreten wurde, einen Darlehensvertrag über 144.000 DM sowie zwei Bausparverträge mit der Beklagten zu 1). Auszahlungsbedingung für die Darlehen war u.a. der Beitritt der Darlehensnehmer zu einer Mieteinnahmegemeinschaft, die nur mit Zustimmung der Beklagten gekündigt werden durfte. Wie in dem Darlehensvertrag vorgesehen, traten die Kläger der für die zu erwerbende Wohnung bestehenden Mietpoolgemeinschaft unter Verwaltung der zur H. Unternehmensgruppe gehörenden M. GmbH (im Folgenden: M.) bei. Die Vermittlung der Eigentumswohnung und der Finanzierung erfolgte ebenfalls durch Unternehmen der H. Gruppe (im Folgenden: H. Gruppe), die seit 1990 in großem Umfang Anlageobjekte vertrieb, die die Beklagte zu 1) in Zusammenarbeit mit verschiedenen Banken finanzierte. Die Darlehensvaluta wurde in der Folge ausgezahlt. Im Jahr 2002 erklärten die Kläger den Widerruf ihrer auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen unter Berufung auf das Haustürwiderrufsgesetz. In der Folge verlangten sie Schadensersatz wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen der Beklagten. Hierbei beriefen sie sich - soweit für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren von Bedeutung - auf eine Aufklärungspflicht der Beklagten aus dem Gesichtspunkt eines schwerwiegenden Interessenkonflikts wegen des notleidenden Kreditengagements der Beklagten zu 1) bei der H. Gruppe.
Rz. 3
Nach einer Anschubfinanzierung in den Jahren 1988/89 hatte die Beklagte zu 1) der H. Gruppe wegen deren Liquiditätsschwierigkeiten erhebliche Darlehen und Provisionsvorschüsse gewährt, die sich Ende 1998 insgesamt auf ca. 24 Mio. DM beliefen. Daneben hatte sie der H. Gruppe erhebliche indirekte finanzielle Unterstützung gewährt, so etwa durch eine Garantie gegenüber der L. für ein Darlehen von ursprünglich 2,4 Mio. DM und durch eine Bürgschaft für ein Darlehen der H. Gruppe bei der B. Bank über 5 Mio. DM. Ende 1997/Anfang 1998 war ein Beirat zur Überwachung der H. Gruppe installiert worden, dem u.a. das damalige Vorstandsmitglied der Beklagten zu 1) A. angehörte. Dieser hatte seine Beteiligung an dem Beirat u.a. damit begründet, dass die Beklagte zu 1) mit Risikokapital in zweistelliger Millionenhöhe zur Verfügung gestanden habe bzw. immer noch zur Verfügung stehe. In der ersten Beiratssitzung im März 1998 wurde eine angespannte Liquiditätslage konstatiert und in einer weiteren Besprechung festgehalten, dass die latente Gefahr kurzfristig drohender Insolvenz bestehe. In der zweiten Beiratssitzung am 23.6.1998 wurde für 1997/98 ein Ergebnis von voraussichtlich 190.000 DM prognostiziert und in der dritten Beiratssitzung am 27.10.1998 ein im Wesentlichen zufriedenstellender Geschäftsverlauf festgestellt. Zuvor war das im März 1998 noch mit 280.000 DM valutierende Provisionsvorschussdarlehen von ursprünglich 1 Mio. DM, das die Beklagte zu 1) der H. Gruppe 1995 gewährt hatte, am 4.3.1998 um weitere 700.000 DM aufgestockt worden; dieser Aufstockungsbetrag war Teil eines weiteren Darlehens der Beklagten zu 1) an die H. Gruppe über 1,3 Mio. DM, mit dem u.a. das oben erwähnte, noch mit 1,4 Mio. DM (ursprünglich 2,4 Mio. DM) valutierende, von der Beklagten zu 1) garantierte Darlehen der H. Gruppe bei der L. teilweise zurückgeführt werden sollte. Bei der 4. Beiratssitzung im Februar 1999 wurde sodann ein Verlust der H. Gruppe i.H.v. 1 Mio. DM festgestellt, der aufgrund der zusätzlichen Unterdeckung der H. Gruppe zur Insolvenzgefahr führe. Im April 2000 teilte die Beklagte zu 1) der H. Gruppe mit, dass keine weitere Liquiditätshilfe mehr gewährt werde. Ab Mitte 2000 wurden sodann für diverse Unternehmen der H. Gruppe - u.a. die hier tätigen Gesellschaften - Eigenanträge auf Insolvenzeröffnung gestellt; das Insolvenzverfahren wurde im Oktober 2000 eröffnet. Mit Datum vom 27.11.2001 erstellte die Wirtschaftprüfungsgesellschaft D. im Auftrag des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen einen Prüfbericht, der sich insb. mit dem Geschäftsbetrieb der Beklagten zu 1) mit der H. Gruppe befasst (im Folgenden: Prüfbericht). Zudem verfasste die P. AG Wirtschaftprüfungsgesellschaft im Auftrag der Beklagten zu 1) unter dem 22.8.2002 eine Stellungnahme über haftungsrechtliche Risiken des von der H. Gruppe vermittelten Kreditgeschäfts (im Folgenden: P.Stellungnahme).
Rz. 4
Mit der Klage begehren die Kläger - in erster Linie gestützt auf einen Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung - insb. Rückerstattung geleisteter Zinsraten i.H.v. 21.315,70 EUR nebst Zinsen und die Feststellung, dass aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche der Beklagten mehr bestehen, jeweils Zug-um-Zug gegen Auflassung des Miteigentumsanteils an der Wohnung, die Abrechung des Bausparguthabens und dessen Auszahlung sowie die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz sämtlicher durch die Rückabwicklung des Darlehensvertrages entstehender Schäden verpflichtet sind.
Rz. 5
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr mit dem angefochtenen Urteil (13 U 179/06, veröffentlicht bei juris) auf die Berufung der Kläger im Wesentlichen stattgegeben und dies auf einen Schadensersatzanspruch der Kläger wegen eines aufklärungspflichtigen schwerwiegenden Interessenkonflikts der Beklagten gestützt; diesen hat es aus dem erheblichen und insolvenzgefährdeten Kreditengagement der Beklagten zu 1) bei der H. Gruppe hergeleitet, aufgrund dessen für die Beklagte zu 1) spätestens seit März/April 1998, jedenfalls aber in dem hier relevanten Zeitpunkt im Februar 1999 ersichtlich gewesen sei, dass die H. Gruppe ständig erhebliche Liquiditätsprobleme hatte, die sie nicht aus eigener Kraft beseitigen konnte und die jederzeit zur Insolvenz führen konnten; auch aus der kurzfristigen "Beruhigung" ab April 1998 habe nicht auf eine nachhaltige Beseitigung der Gefahr geschlossen werden können. Das erhebliche eigene Kreditrisiko habe die Beklagte zu 1) wissentlich auf die Kläger (in Höhe deren Verpflichtungen) abgewälzt, die vom Vertragsschluss bei gehöriger Aufklärung über den schwerwiegenden Interessenkonflikt der Beklagten zu 1) und dessen Hintergründe insgesamt Abstand genommen hätten. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
Rz. 6
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde erfordert weder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts noch kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Rz. 7
1. Zu Unrecht rügt die Nichtzulassungsbeschwerde, das Berufungsurteil stehe im Hinblick auf die Frage einer Aufklärungspflicht der Beklagten wegen eines schwerwiegenden Interessenkonflikts in Divergenz zur Rechtsprechung des BGH. Der erkennende Senat hat vielmehr bereits mehrfach für Fälle der vorliegenden Art, die ebenfalls die Zusammenarbeit der Beklagten zu 1) mit der H. Gruppe betreffen, auf eine mögliche Aufklärungspflicht der Beklagten aus einer schwerwiegenden Interessenkollision im Zusammenhang mit deren Kreditengagement bei der H. Gruppe hingewiesen (vgl. BGH, Urt. v. 20.3.2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rz. 50 m.w.N.; v. 25.9.2007 - XI ZR 274/05, juris Rz. 30; v. 18.3.2008 - XI ZR 241/06, BKR 2008, 249 Rz. 37 und - XI ZR 246/06, WM 2008, 971 Rz. 41 sowie v. 11.1.2011 - XI ZR 46/09, WM 2011, 449 Rz. 20). Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint, setzt ein aufklärungspflichtiger schwerwiegender Interessenkonflikt nach der Rechtsprechung des BGH nicht etwa zwingend die drohende Insolvenz speziell eines Bauträgers/Immobilienverkäufers voraus; entscheidender Anknüpfungspunkt für die Aufklärungspflicht einer Finanzierungsbank wegen eines schwerwiegenden Interessenkonflikts ist vielmehr, wovon das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist, dass die finanzierende Bank das Risiko eines eigenen notleidenden Kreditengagements im Rahmen des finanzierten Geschäfts auf den Erwerber abwälzt (BGH, Urt. v. 27.1.2004 - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 624; v. 20.3.2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rz. 50 m.w.N.; v. 18.3.2008 - XI ZR 241/06, BKR 2008, 249 Rz. 37 sowie - XI ZR 246/06, WM 2008, 971 Rz. 41). Eine Divergenz zu höchstrichterlicher Rechtsprechung liegt entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht darin, dass das Berufungsgericht einen aufklärungspflichtigen Interessenkonflikt unabhängig davon bejaht hat, dass das finanzierte Grundgeschäft - der Immobilienkaufvertrag - von der Immobilienverkäuferin erfüllt worden war. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist für die Annahme einer Aufklärungspflicht der Finanzierungsbank nicht zwingend, dass die mangelnde Bonität ihres Kreditnehmers zum völligen Scheitern des Anlagegeschäfts führt; vielmehr kann auch dann, wenn dem Anleger im Umfang begrenztere Nachteile entstehen, eine Aufklärungspflicht in Betracht kommen (vgl. BGH, Urt. v. 16.6.1992 - XI ZR 166/91, WM 1992, 1269, 1271).
Rz. 8
2. Die von diesen Grundsätzen ausgehende Würdigung des Berufungsgerichts, eine haftungsbegründende Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten ergebe sich aus dem Gesichtspunkt eines schwerwiegenden Interessenkonflikts, weil die Beklagte zu 1) ihr eigenes erhebliches und insolvenzgefährdetes Kreditengagement bei der H. Gruppe auf die Kläger abgewälzt habe, lässt entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde keine Rechtsfehler erkennen. Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint, beruht sie nicht auf Gehörsverletzungen, sondern stellt eine naheliegende Würdigung des Sachverhalts dar.
Rz. 9
a) Rechtsfehlerfrei und mit überzeugenden Ausführungen hat das Berufungsgericht festgestellt, dass das Kreditengagement der Beklagten zu 1) bei der H. Gruppe, das nach den rechtsfehlerfreien und von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts Ende 1998 einen Umfang von etwa 24 Mio. DM aufwies, jedenfalls bei Abschluss der streitgegenständlichen Verträge im Februar 1999 wegen drohender Insolvenz der H. Gruppe erheblich risikobelastet war.
Rz. 10
aa) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass ein aufklärungspflichtiger Interessenkonflikt der finanzierenden Bank nicht erst im Falle einer unmittelbar bevorstehenden Insolvenz ihres Kreditschuldners entsteht. Ausreichend sind vielmehr erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten des Kreditschuldners (Senat, Urt. v. 25.9.2007 - XI ZR 274/05, juris Rz. 30), aufgrund derer das Kreditengagement der Bank notleidend ist (BGH, Urt. v. 20.3.2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rz. 50). Angesichts dessen ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, es sei ausreichend, dass aufgrund der vorangegangenen finanziellen Entwicklung der H. Gruppe ständig mit einer akuten Insolvenzgefahr habe gerechnet werden müssen, ohne dass eine ausreichende Aussicht auf eine nachhaltige Konsolidierung bestanden habe, nicht zu beanstanden. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und gestützt durch den Prüfbericht und die P.Stellungnahme festgestellt hat, war für die Beklagte zu 1) spätestens seit März/April 1998, jedenfalls aber in dem im Streitfall relevanten Zeitpunkt, Februar 1999, ersichtlich, dass die H. Gruppe ständig erhebliche Liquiditätsprobleme hatte, die sie nicht aus eigener Kraft beseitigen konnte und die jederzeit zur Insolvenz führen konnten. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht hierzu darauf abgestellt, dass in der ersten Sitzung des von der Beklagten zu 1) zur Überwachung der H. Gruppe installierten Beirats im März 1998 eine angespannte Liquiditätslage konstatiert und in einer weiteren Besprechung sogar die latente Gefahr kurzfristig drohender Insolvenz festgehalten worden sei; im Februar 1999 sei schließlich wegen verschiedener Verkaufsverluste und des Ausscheidens eines der Geschäftsführer der H. Gruppe und der sich daraus ergebenden vorgezogenen Abfindungen ein Verlust von 1 Mio. DM festgestellt worden, der aufgrund der zusätzlichen Unterdeckung der H. Gruppe zur Insolvenzgefahr führe. Soweit in den dazwischen liegenden Beiratsitzungen im Juni und Oktober 1998 eine Entspannung der Liquiditätslage und ein "im Wesentlichen zufriedenstellender Geschäftsverlauf" konstatiert worden war, ist die Würdigung des Berufungsgerichts, hieraus habe nicht auf eine dauerhafte Entspannung geschlossen werden können, und es fehle an ausreichenden Anhaltspunkten, dass die in die Überwachung der H. Gruppe eingebundene Beklagte zu 1) davon abweichend eine positive Fortführungsprognose gestellt habe, frei von Rechtsfehlern. Sie ist angesichts der vom Berufungsgericht dargestellten langjährigen Liquiditätsprobleme der H. Gruppe und des Umstands, dass die kurzfristige Entspannung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf ein weiteres Darlehen der Beklagten zu 1) über 1,3 Mio. DM zurückzuführen war, sogar überzeugend.
Rz. 11
bb) Die gegen diese tatrichterliche Würdigung vorgebrachten Rügen der Nichtzulassungsbeschwerde greifen sämtlich nicht. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde beanstandet, das Berufungsgericht habe sich bei seiner Bewertung gehörswidrig (Art. 103 Abs. 1 GG) auf die Einschätzungen der P.Stellungnahme gestützt, die nach dem Vortrag der Beklagten als Risikovorsorgeprüfung auch entlegene Risikobetrachtungen enthalte, übersieht sie, dass das Berufungsgericht sich keineswegs in seiner Bewertung auf die in der Stellungnahme enthaltenen Bewertungen gestützt, sondern lediglich die objektiven Fakten, die auch die Beklagten nicht in Abrede stellen, aus dem Prüfbericht und der P.Stellungnahme entnommen hat. Entgegen der Ansicht der Nichtzulassungsbeschwerde ist dem Berufungsgericht auch kein Fehler bei der Beurteilung der Darlegungs- und Beweislast unterlaufen. Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde rügt, hat das Berufungsgericht nicht angenommen, es sei Aufgabe der Beklagten gewesen, das Fehlen der Insolvenzgefahr zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu beweisen. Vielmehr hat das Berufungsgericht - worauf die Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung zu Recht hinweist - das Vorliegen der Insolvenzgefahr aufgrund der objektiven Umstände für gegeben erachtet und lediglich angesichts des Finanzierungsverlaufs und der Einbindung der Beklagten zu 1) in die Überwachung der H. Gruppe jegliche Anhaltspunkte und ausreichenden Vortrag der Beklagten vermisst, die gleichwohl eine positive Fortführungsprognose begründet haben könnten. Dies ist angesichts der vom Berufungsgericht aufgezeigten Umstände eine mögliche - darüber hinaus auch überzeugende - tatrichterliche Würdigung, die die Nichtzulassungsbeschwerde hinnehmen muss. Den in diesem Zusammenhang gehaltenen Vortrag der Beklagten, aus Sicht der Beklagten zu 1) habe noch mindestens bis April 2000 eine positive Fortführungsprognose bestanden, hat das Berufungsgericht entgegen der Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde nicht etwa übergangen, sondern hat ihn angesichts des Finanzierungsverlaufs der H. Gruppe, der Einbindung der Beklagten zu 1) in deren Überwachung und angesichts der kurz nach Krediteinstellung folgenden Insolvenzanträge in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung als nicht ausreichend erachtet. Hiermit ist zugleich der Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde, die Auffassung des Berufungsgerichts laufe darauf hinaus, dass jeder Versuch, bei positiver Fortbestehensprognose zeitweise Liquiditätsengpässe eines Unternehmens durch Bankkredite zu überwinden, praktisch unmöglich wäre, der Boden entzogen. Das Berufungsgericht hat vielmehr in tatrichterlicher Würdigung festgestellt, dass von einer positiven Prognose nicht auszugehen war.
Rz. 12
b) Zulassungsgründe zeigt die Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht auf, soweit sie sich gegen die Feststellung des Berufungsgerichts wendet, die Beklagte zu 1) habe das erhebliche eigene Kreditrisiko wissentlich auf die Kläger (in Höhe deren Verpflichtungen) abgewälzt. Wie bereits oben ausgeführt, setzt eine Aufklärungspflicht der Finanzierungsbank wegen eines schwerwiegenden Interessenskonflikts nicht etwa zwingend ein Kreditengagement der Bank bei dem Bauträger/Immobilienverkäufer voraus. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des Senats vielmehr, ob die Finanzierungsbank das Risiko eines eigenen notleidenden Kreditengagements auf den Erwerber abwälzt (BGH, Urt. v. 27.1.2004 - XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 624; v. 20.3.2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rz. 50 m.w.N.; v. 18.3.2008 - XI ZR 241/06, BKR 2008, 249 Rz. 37 sowie - XI ZR 246/06, WM 2008, 971 Rz. 41). Darauf, dass dies gerade auch bezogen auf das Kreditengagement der Beklagten zu 1) bei der H. Gruppe in Betracht kommen kann, hat der erkennende Senat schon mehrfach hingewiesen (vgl. BGH, Urt. v. 20.3.2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rz. 50 m.w.N.; v. 25.9.2007 - XI ZR 274/05, juris Rz. 30; v. 18.3.2008 - XI ZR 241/06, BKR 2008, 249 Rz. 37 und - XI ZR 246/06, WM 2008, 971 Rz. 41 sowie v. 11.1.2011 - XI ZR 46/09, WM 2011, 449 Rz. 20). Entscheidend kommt es auf die Verlagerung des eigenen notleidenden Kreditrisikos zum Nachteil des Erwerbers an.
Rz. 13
aa) Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und darüber hinaus auch überzeugend bejaht. Danach folgt das aufklärungspflichtige Eigeninteresse der Beklagten daraus, dass die Beklagte zu 1) nur durch den Absatzerfolg der H. Gruppe ihr insolvenzgefährdetes Kreditengagement bei der Gruppe wenigstens teilweise zurückführen konnte und zugleich durch den von ihr verlangten Mietpoolbeitritt der Erwerber sowie durch die mit ihnen abgeschlossenen Darlehens- und Bausparverträge zusätzliche Schuldner und Sicherheiten erhielt. Dies ging zu Lasten der Erwerber, die mit etwaigen Ansprüchen gegenüber den Vertriebsgesellschaften und der Mietpoolverwaltung auszufallen drohten.
Rz. 14
bb) Die gegen diese Würdigung gerichteten Angriffe der Nichtzulassungsbeschwerde greifen nicht.
Rz. 15
Wie schon oben dargelegt, setzt eine Aufklärungspflicht, anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint, nicht zwingend voraus, dass die mangelnde Bonität des in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindlichen Kreditnehmers der finanzierenden Bank zum völligen Scheitern des Projekts führt; ausreichend ist vielmehr, wenn dem Anleger - wie nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall - Nachteile entstehen (BGH, Urt. v. 16.6.1992 - XI ZR 166/91, WM 1992, 1269, 1271). Der Einwand der Nichtzulassungsbeschwerde, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Beklagten übergangen, eine Insolvenzreife der Vertriebsunternehmen habe nicht die Realisierung des Gesamtgeschäfts gefährdet, greift schon aus diesem Grund nicht. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag der Beklagten im Übrigen keineswegs übergangen, sondern lediglich - was die Nichtzulassungsbeschwerde als rechtsfehlerfreie tatrichterliche Würdigung hinnehmen muss - für nicht durchgreifend erachtet. Mit ihrer Rüge, das Berufungsgericht habe verkannt, dass eine Aufklärungspflicht wegen eines Interessenkonflikts denknotwendig (Art. 3 Abs. 1 GG) eine Beeinträchtigung der Interessen der Darlehensnehmer voraussetze, die Liquiditätsschwierigkeiten der H. Gruppe aber keine entscheidende Beeinträchtigung der Interessen der Anleger darstellten, übersieht die Nichtzulassungsbeschwerde die für das Gesamtgeschäft bestehende Bedeutung der H. Gruppe, mit der die Beklagte zu 1) und die Verkäuferin bei der Anbahnung und Abwicklung des finanzierten Anlagegeschäfts in institutionalisierter Weise zusammen gearbeitet haben. Unternehmen der H. Gruppe waren als Vertreiber der Immobilie, als Vermittler der von den Beklagten durchgeführten Finanzierung und als Verwalter der Mieteinnahmegemeinschaft, der die Anleger nach den Vertragsbedingungen der Beklagten zu 1) zwangsweise beitreten mussten, in mehrfacher Hinsicht als Vertragspartner der Kläger bei der Durchführung des finanzierten Anlagegeschäfts eingeschaltet. Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde meint, geht es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts daher nicht etwa nur um die "theoretische Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen" der Anleger gegen die Vermittler-/Verwaltergesellschaften, mit denen die Anleger ausfallen könnten. Dabei kommt es nicht einmal auf den von der Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung hervorgehobenen Gesichtspunkt an, dass die Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts möglicherweise wegen einer arglistigen Täuschung durch den Vertrieb einen "konkreten" Schadensersatzanspruch hatten, den sie bei den in einer finanziellen Notlage befindlichen Vertriebsgesellschaften wohl nicht hätten realisieren können. Die Anleger hatten nämlich unabhängig hiervon schon wegen der vom Berufungsgericht in den Mittelpunkt gestellten - von der Beklagten zu 1) zur Auszahlungsbedingung für die Darlehen gemachten - Verpflichtung, auf lange Dauer einer Mieteinnahmegesellschaft beizutreten, für den Gesamterfolg ihres Anlagegeschäfts ein erhebliches Interesse am Fortbestehen der H. Gruppe, da die Mietpoolausschüttungen nach den rechtsfehlerfreien und unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts aufgrund der zwangsweisen Beteiligung an dem Mietpool für die Finanzierungsberechnung der Anleger von entscheidender Bedeutung waren. Der Einwand der Nichtzulassungsbeschwerde, der Hinweis des Berufungsgerichts auf den Beitritt zum Mietpool verfange schon deshalb nicht, weil es sich bei den vom Mietpool verwalteten Geldern um Fremdgelder gehandelt habe, auf welche der Insolvenzverwalter keinen Zugriff habe, ist - wie die Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung zutreffend rügt - neuer Sachvortrag, der im Revisionsverfahren nicht zu berücksichtigen ist. Im Übrigen ergibt sich aber auch aus dem Prüfbericht und der P.Stellungnahme die Bedeutung der Insolvenz der H. Gruppe für den Fortbestand der Mietpools; danach besaßen die Mietpools kein eigenes Vermögen und die Mietpoolausschüttungen der H. Gruppe wurden nach deren Insolvenz eingestellt. Der weitere Einwand der Nichtzulassungsbeschwerde, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts habe die unmittelbare Durchführung der Mietpoolverwaltung im Zeitpunkt des Vertragsschlusses der Kläger bereits bei einem anderen Unternehmen gelegen, ist nicht nachvollziehbar. Im unstreitigen Tatbestand des Berufungsurteils ist bereits festgestellt, dass die M. Verwalterin des Mietpools war. In tatrichterlicher Würdigung, die keine Rechtsfehler erkennen lässt, hat das Berufungsgericht zudem den Vortrag der Beklagten, die Mietpoolverwaltung sei seinerzeit schon nicht mehr durch ein Unternehmen der H. Gruppe durchgeführt worden, als widerlegt erachtet.
Rz. 16
3. Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde weist das Berufungsurteil auch keine zulassungsrelevanten Fehler auf, soweit das Berufungsgericht die Ursächlichkeit der Aufklärungspflichtverletzung für den Abschluss des Finanzierungsgeschäfts festgestellt hat. Anders als die Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht, hat das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, es sei nichts dafür ersichtlich, dass sich die Kläger bei bloßen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Vermittlungsunternehmen von einem Wohnungskauf hätten abhalten lassen, nicht etwa übergangen, sondern lediglich anders als die Nichtzulassungsbeschwerde gewürdigt. Entgegen der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Würdigung des Berufungsgerichts, es sei davon auszugehen, dass die Kläger angesichts der dauerhaften Bindung an die zur insolvenzgefährdeten H. Gruppe gehörende Mietverwaltungsgesellschaft bei gehöriger Aufklärung über die massiven Liquiditätsprobleme der Gruppe und das damit in Zusammenhang stehende dringliche Eigeninteresse der finanzierenden Bank an einem Absatzerfolg, vom Vertragsschluss insgesamt - d.h. auch bei ungefährdeter Durchführung des Kaufvertrags - Abstand genommen hätten, weder gehörswidrig noch gar willkürlich (Art. 103 Abs. 1, Art. 3 GG). Sie bewegt sich vielmehr im Rahmen möglicher tatrichterlicher Würdigung und ist angesichts der vom Berufungsgericht dargelegten Umstände, die vor dem Hintergrund des Gesamtkonzepts stehen, das durch die außergewöhnlich intensive Zusammenarbeit von Vertrieb/Verkäufer/Mietverwalter und Finanzierungsbank im Rahmen eines institutionalisierten Zusammenwirkens geprägt ist, auch naheliegend.
Rz. 17
4. Damit bleibt zugleich die Rüge der Nichtzulassungsbeschwerde erfolglos, das Berufungsgericht habe den Klägern unter Übergehung erheblichen Beklagtenvortrags gem. § 249 BGB einen umfassenden Rückabwicklungsanspruch zugebilligt (Art. 103 Abs. 1 GG). Steht - wie hier aufgrund der rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts - die Kausalität zwischen Aufklärungspflichtverletzung und Anlageentschluss fest, so erstreckt sich der Ersatzanspruch nach der Rechtsprechung des BGH auf alle Nachteile, die aus der Anlageentscheidung erwachsen sind (BGH, Urt. v. 16.6.1992 - XI ZR 166/91, WM 1992, 1269, 1271). Nichts anderes ergibt sich aus dem - für sich genommen zutreffenden - Hinweis der Nichtzulassungsbeschwerde darauf, dass eine Aufklärungspflichtverletzung grundsätzlich nur zum Ersatz des Schadens führt, dessen Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern soll. Bei Kapitalanlagen folgt daraus zwar, dass jemand, der nicht Partner des Anlagegeschäfts ist und dem Interessenten nur hinsichtlich eines bestimmten für das Vorhaben bedeutsamen Einzelpunkts Aufklärung schuldet, lediglich für die Risiken einzustehen hat, für deren Einschätzung die Auskunft maßgebend war (BGH, Urt. v. 20.3.2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rz. 21 m.w.N.). Dies rechtfertigt hier aber entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde keine Beschränkung der Haftung. Ein umfassender Rückabwicklungsanspruch ist nämlich begründet, wenn die Aufklärungspflichtverletzung nicht nur einen Aspekt, sondern die gesamte Rentabilität und Finanzierbarkeit des Anlagegeschäfts betrifft (BGH, Urt. v. 20.3.2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rz. 28). Dies ist etwa der Fall, wenn die finanzierende Bank, die den Beitritt zu einem Mietpool zur Bedingung der Darlehensauszahlung gemacht hat, nicht über spezifische Risiken des konkreten Mietpools aufgeklärt hat (BGH, Urt. v. 20.3.2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rz. 27 f.). Vergleichbar liegt es im Streitfall angesichts der aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellung des Berufungsgerichts, dass die von der Beklagten zu 1) verlangte langjährige Bindung der Kläger an den Mietpool für diese das Risiko barg, ihre Ansprüche, die wegen der zwangsweisen Bindung an den Mietpool für ihre Finanzierungsberechnung von entscheidender Bedeutung waren, gegenüber der Mietpoolverwalterin wegen deren finanzieller Notlage nicht realisieren zu können. Das Berufungsgericht ist daher ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, dass den Klägern ein umfassender Schadensersatzanspruch zusteht, mit dem sie so zu stellen sind, wie sie ohne Abschluss des Anlagegeschäfts stünden.
Rz. 18
5. Ohne Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde schließlich geltend, dass es zur Frage einer schwerwiegenden Interessenkollision der Beklagten zu 1) im Hinblick auf deren insolvenzgefährdetes Kreditengagement bei der H. Gruppe divergierende Entscheidungen anderer OLG gebe. Das Berufungsgericht hat eine Pflicht zur Aufklärung wegen einer schwerwiegenden Interessenkollision - wie ausgeführt - rechtsfehlerfrei und im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung bejaht. Dass andere OLG dies anders beurteilt haben, kann eine Zulassung der Revision im vorliegenden Rechtsstreit nicht rechtfertigen. Zudem beruht die Divergenz nicht auf einer Abweichung von einem rechtlichen Obersatz, sondern auf einem unterschiedlichen Subsumtionsvorgang (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 16.9.2003 - XI ZR 238/02, WM 2003, 2278 m.w.N.). Da die Würdigung des Sachverhalts vom jeweiligen Sachvortrag und den Umständen des jeweiligen Falles, etwa dem Zeitpunkt des konkreten Vertragsschlusses abhängt, ist entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde auch keine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung veranlasst (vgl. BGH, Beschl. v. 4.7.2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 223 f.; v. 27.3.2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291 f.).
III.
Rz. 19
Soweit die Beklagte zu 1) gem. Ziff. 5 des Tenors des Berufungsurteils verurteilt worden ist, den sich aus der "Auszahlung" des abzurechnenden Bausparguthabens ergebenden Betrag an die Kläger zu zahlen, liegt, worauf die Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung zu Recht hingewiesen hat, eine offenbare Unrichtigkeit vor, die gem. § 319 Abs. 1 ZPO jederzeit von Amts wegen - auch vom Rechtsmittelgericht (BGH, Urt. v. 21.4.2009 - XI ZR 78/08, WM 2009, 1077 Rz. 40 m.w.N.) - berichtigt werden kann. Nach den Gründen des Berufungsurteils sollte die Beklagte zu 1) antragsgemäß verurteilt werden, das Bausparguthaben abzurechnen und den sich aus der "Abrechnung" ergebenden Betrag an die Kläger zu zahlen. Der Tenor war deshalb wie geschehen zu berichtigen.
Fundstellen
Haufe-Index 2679556 |
DB 2011, 8 |
NJW-RR 2011, 1064 |
EWiR 2011, 451 |
NZM 2012, 50 |
WM 2011, 876 |
WuB 2011, 457 |
ZIP 2011, 901 |
ZfIR 2011, 521 |
MDR 2011, 678 |
VuR 2011, 273 |
ZBB 2011, 209 |
ZGS 2011, 291 |