Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschluss eines Vertrags betreffend Pacht und spätere Übereignung eines Hofs. Abschluß eines Hofübergabevertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Rückgriff auf die Grundsätze der Rechtsprechung zur Bindung durch einen formlosen Hofübergabevorvertrag ist auch nach der Novellierung der Höfeordnung durch Gesetz vom 29. März 1976 (BGBl 1976, 881) nicht von vornherein ausgeschlossen (Bestätigung von BGHZ 73, 324, 329). Der geschützte Personenkreis bleibt aber grundsätzlich auf Abkömmlinge des Hofeigentümers beschränkt (Ergänzung zu BGHZ 47, 184, 186 ff).

 

Normenkette

BGB §§ 313, 242; HöfeO a.F. § 7 Abs. 2

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 3. Zivilsenats (Senat für Landwirtschaftssachen) des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. April 1982 wird auf Kosten des Beteiligten zu 1, der dem Beteiligten zu 2 die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 400 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Beteiligte zu 2 ist Eigentümer des im Grundbuch von Lübeck Blatt ...5 eingetragenen, 47,0819 ha großen Hofes, den er im Jahre 1960 als heimatvertriebener Landwirt mit Hilfe von Siedlungsmitteln in Höhe von 390 000 DM erworben hat. Er holte den Beteiligten zu 1, einen Neffen seiner zweiten Ehefrau, auf den Hof. Der Beteiligte zu 1, ein gelernter Maschinenschlosser, arbeitete seit 1960 auf dem Hofe mit, durchlief eine landwirtschaftliche Lehre und legte schließlich auch die Meisterprüfung ab. Durch zwei Testamente vom 4. Januar 1961 und vom 23. Juni 1966 setzte ihn der Beteiligte zu 2 als Hoferben ein. Durch privatschriftlichen Pachtvertrag vom 21. Juli 1969 verpachtete der Beteiligte zu 2 dem Beteiligten zu 1 den Hof für die Zeit vom 1. Juli 1969 bis zum 30. Juni 1981. Der Pachtvertrag enthält folgende Klausel:

"Nach Ablauf der Pachtzeit soll der Hof (47 ha) 49 000 EW dem Pächter zu Eigentum übertragen werden."

Während der Laufzeit des Pachtvertrages zerstritten sich die Beteiligten. Der Beteiligte zu 2 widerrief seine beiden Testamente. Außerdem verlangte er die Festsetzung eines erhöhten Pachtzinses; der Beteiligte zu 1 begehrte die Verlängerung des Pachtverhältnisses. Beide landwirtschaftsgerichtlichen Verfahren blieben für die jeweiligen Antragsteller erfolglos.

Nach Pachtende erhob der Beteiligte zu 2 bei dem Landgericht Lübeck Klage auf Herausgabe des Hofes. Der Beteiligte zu 1 erhob Widerklage mit dem Antrag, den Beteiligten zu 2 zur Auflassung des Grundbesitzes - Zug um Zug gegen Bewilligung eines Altenteiles - zu verurteilen.

Das Landgericht hat die Widerklage zuständigkeitshalber an das Landwirtschaftsgericht verwiesen und den Rechtsstreit über die Klage bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Landwirtschaftsverfahren ausgesetzt.

Der Beteiligte zu 1 hat vorgetragen: Der Beteiligte zu 2 habe ihm mündlich und schriftlich den Hof zugesagt. Er, der Beteiligte zu 1, habe hierauf vertraut und deshalb rund 87 000 DM in den Hof investiert. Die Ursachen für die seit 1974 entstandenen persönlichen Spannungen lägen ausschließlich im Verhalten des Antragsgegners. Mit der Herausgabe des Hofes würde ihm, dem Beteiligten zu 1, die Lebensgrundlage für sich und seine Familie entzogen. Der Beteiligte zu 1 hält aufgrund dieses Sachverhalts den Beteiligten zu 2 zum Abschluß eines Hofübergabevertrages für verpflichtet.

Der Beteiligte zu 1 hat beantragt, den Beteiligten zu 2 zum Abschluß eines Überlassungsvertrages und zur Überlassung des Grundbesitzes, eingetragen im Grundbuch von Lübeck Blatt ...5, zu verurteilen; den Inhalt des Überlassungsvertrages und die Berücksichtigung der Rechte der Ehefrau des Beteiligten zu 2 hat er in das Ermessen des Gerichts gestellt. Der Beteiligte zu 2 ist dem Antrag entgegengetreten.

Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben.

Mit seiner - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1 sein Begehren weiter. Der Beteiligte zu 2 beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

II.

Das Beschwerdegericht hat die Übereignungsklausel des Pachtvertrages lediglich als "zum Vertragsinhalt gewordene Geschäftsgrundlage für den Pachtvertrag" angesehen. Eine Verpflichtung des Beteiligten zu 2 zur Überlassung des Hofes läßt sich nach seiner Meinung daraus nicht entnehmen, weil die Bedingungen des Hofüberlassungsvertrages nicht festgelegt seien; sie ließen sich auch nicht im Wege der ergänzenden Auslegung ermitteln. Außerdem sei der Pachtvertrag nebst Übereignungsklausel nicht in notarieller Form abgeschlossen worden und genüge daher nicht dem - auch - für einen Vorvertrag bestehenden Formerfordernis nach § 313 BGB. Die Berufung auf die Formnichtigkeit verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben, weil der Beteiligte zu 1 nicht einmal vorgetragen habe, daß er in Unkenntnis der Formvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches auf die Formgültigkeit vertraut habe. Schließlich liege auch keiner der von der Rechtsprechung zu § 7 HöfeO a.F. entwickelten Ausnahmefälle vor, in denen der Hofeigentümer auch an eine Hofzusage gebunden sei, die nicht den gesetzlichen Formvorschriften genüge. Diese Rechtsprechung schütze nur das Vertrauen von Abkömmlingen des Hofeigentümers auf die spätere Überlassung des Hofes, nicht aber auch sonstige Personen, die, wie der Beteiligte zu 1, nicht mit dem Hofeigentümer verwandt seien.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig (§ 24 Abs. 1 LwVG), jedoch unbegründet.

1.

Die Rechtsbeschwerde rügt, daß das Beschwerdegericht die Beteiligten nicht auf die Formbedürftigkeit eines Vorvertrages zur Übergabe des Hofes hingewiesen habe. Sie macht geltend, daß der Beteiligte zu 1 anderenfalls vorgetragen hätte, er habe auf die Wirksamkeit der handschriftlichen Übereignungsklausel vertraut.

Die Rüge ist unbegründet. Da in beiden Tatsacheninstanzen um die Frage der Formwirksamkeit des Vorvertrages gestritten wurde, brauchte das Beschwerdegericht auf Inhalt und Tragweite der gesetzlichen Formvorschriften nicht ausdrücklich hinzuweisen.

2.

Die Rechtsbeschwerde meint, in einem Falle der vorliegenden Art handele der Hofeigentümer treuwidrig, wenn er die Übertragung des Hofes verweigere. Auch diese Rüge bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.

a)

Der Rechtsbeschwerde ist allerdings zuzugeben, daß die Beurteilung der Übereignungsklausel durch das Beschwerdegericht widerspruchsvoll ist. Die Übereignung des Hofes kann nur entweder Gegenstand einer vertraglichen Verpflichtung oder Geschäftsgrundlage des Pachtvertrages - nicht aber beides zugleich - gewesen sein.

b)

Auch wenn man jedoch für die Rechtsbeschwerdeinstanz zugunsten der Rechtsbeschwerde davon ausgeht, daß die Verpflichtung zur späteren Übereignung des Hofes Gegenstand des Pachtvertrages geworden ist, kann dies dem Begehren des Beteiligten zu 1 nicht zum Erfolge verhelfen.

Ein Rückgriff auf die Rechtsprechung zur Bindung durch einen formlosen Hofübergabevertrag (vgl. etwa BGHZ 12 286; 23, 249; BGH Urteil vom 18. Oktober 1961, V ZR 230/60, RdL 1962, 18) ist gemäß § 242 BGB freilich auch nach der Novellierung der Höfeordnung nicht von vornherein ausgeschlossen (BGHZ 73, 324, 329 m.w.N.). Er verhilft der Rechtsbeschwerde aber dennoch nicht zum Erfolg, weil der Beteiligte zu 1 nicht zu dem durch jene Rechtsprechung geschützten Personenkreis gehört. Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, ist eine formlos bindende Vereinbarung über die Hofnachfolge - unter weiteren Voraussetzungen - nur dann anzunehmen, wenn der Hofeigentümer durch Art, Umfang und Dauer der Beschäftigung eines Abkömmlings auf dem Hof zu erkennen gegeben hat, daß dieser den Hof übernehmen soll (vgl. Wöhrmann a.a.O. Rdn. 48 i.V.m. Rdn. 44 mit eingehenden Nachweisen). Lediglich in einer Entscheidung des OLG Celle (RdL 1961, 292, 294) ist ein Abkömmling der Schwester des Hofeigentümers in den Schutzbereich jener Rechtsprechung einbezogen worden. Ob dem gefolgt werden könnte, braucht hier nicht entschieden zu werden, weil der Beteiligte zu 1 weder ein Abkömmling noch ein Verwandter des Beteiligten zu 2 ist.

Eine Ausdehnung der Rechtsprechung zum formlos bindenden Hofüberlassungsvertrag hat des Beschwerdegericht mit Recht abgelehnt. Der Bundesgerichtshof hat in BGHZ 47, 184 ff eingehend dargelegt, daß bei jener Rechtsprechung zwar Billigkeitsgesichtspunkte mitgewirkt haben (Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB), daß die maßgeblichen Erwägungen aber entscheidend an die frühere Höfeordnung für die britische Zone angelehnt und einer Verallgemeinerung nicht zugänglich sind (a.a.O. S. 186 bis 189). Er hat daraus gefolgert, daß die Grundsätze über den formlosen Hofüberlassungsvertrag nicht außerhalb des Höferechts gelten und mithin nicht auf die Überlassung von Höfen außerhalb der ehemals britischen Besätzungszone oder von sonstigem Grundbesitz, der nicht "Hof" im Sinne der Höfeordnung ist, anwendbar sind. Auch innerhalb des Anwendungsbereichs der Höfeordnung kann jene Rechtsprechung, die jetzt durch § 7 Abs. 2 HöfeO n.F. weitgehend abgelöst worden ist, nicht mehr weiter ausgedehnt werden. Insbesondere kann nicht übersehen werden, daß nach § 7 Abs. 2 HöfeO a.F. der Hofeigentümer der gerichtlichen Zustimmung bedurfte, wenn er seine sämtlichen Abkömmlinge als Hoferben übergehen wollte. Schon darin kam zum Ausdruck, daß das Gesetz solchen Hofanwärtern, die nicht Abkömmlinge des Erblassers waren, nur eine abgeschwächte Rechtsstellung beilegte. Auch § 7 Abs. 2 HöfeO n.F. beschränkt den Schutz auf hoferbenberechtigte Abkömmlinge des Hofeigentümers. Das Beschwerdegericht hat daher zu Recht eine formlos bindende Verpflichtung zur Übertragung des Hofes auf den Beteiligten zu 1 als von vornherein ausgeschlossen angesehen.

3.

Nach alledem ist die Rechtsbeschwerde mit der Kostenfolge aus §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 LwVG zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Thumm

Hagen

Linden

 

Fundstellen

Haufe-Index 1456082

NJW 1983, 2504

DNotZ 1984, 54

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