Verfahrensgang
LG Hannover (Beschluss vom 02.03.2021; Aktenzeichen 33 KLs 2546 Js 90035/19 (6/20)) |
Tenor
1. Der Beschluss des Landgerichts Hannover vom 2. März 2021, mit dem die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hannover vom 5. Januar 2021 als unzulässig verworfen wurde, wird aufgehoben.
2. Auf die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird
- das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 16 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,
- der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Computerbetrugs in 63 Fällen schuldig ist,
- der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin geändert, dass der Angeklagte für den Betrag von 30.520 Euro gesamtschuldnerisch haftet.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
4. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Computerbetrugs in 64 Fällen unter Einbeziehung einer Strafe aus einem Strafbefehl zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Einziehung des Wertes von Taterträgen von 32.397,78 Euro angeordnet. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
Rz. 2
1. Der die Revision als unzulässig verwerfende Beschluss vom 2. März 2021 war auf Antrag des Beschwerdeführers aufzuheben (§ 346 Abs. 2 StPO); die Frist zur Begründung des Rechtsmittels wurde durch Abgabe der Revisionsbegründungsschrift in der Auskunftsstelle des Landgerichts gewahrt.
Rz. 3
2. Betreffend Tat 16 ist das Verfahren einzustellen, weil eine Strafverfolgungsvoraussetzung nicht vorliegt (§ 206a Abs. 1 StPO).
Rz. 4
Nach den Feststellungen hob der Angeklagte in diesem Fall einen Betrag von 20 Euro und damit ein geringwertiges Tatobjekt (§ 263a Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 4, § 248a StGB) mittels einer gestohlenen EC-Karte an einem Geldautomaten ab. Ein Strafantrag des Verletzten findet sich in den Akten nicht. Die Staatsanwaltschaft hat auch nicht das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Eine solche Erklärung ist insbesondere nicht (konkludent) damit zum Ausdruck gebracht, dass sich die Anklage auf diese Tat unter Nennung des Geldbetrages erstreckt. Denn die Staatsanwaltschaft ist auch insoweit von einer gewerbsmäßigen Begehungsweise ausgegangen und hat damit wegen eines Offizialdelikts Anklage erhoben, mithin § 248a StGB nicht für einschlägig gehalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. April 2017 – 2 StR 79/17, NStZ-RR 2017, 251, 252; vom 3. Mai 2016 – 3 StR 114/16).
Rz. 5
3. Der Wegfall der für Tat 16 festgesetzten Einzelgeldstrafe von 20 Tagessätzen gefährdet den Bestand der Gesamtfreiheitsstrafe nicht. Angesichts der verbleibenden 63 Einzelstrafen schließt der Senat aus, dass das Landgericht ohne die entfallende Strafe auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte.
Rz. 6
4. Die Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung in Höhe von 30.520 Euro mit den unbekannt gebliebenen Auftraggebern hat das Landgericht bei der Urteilsverkündung übersehen. Der Senat ergänzt die Einziehungsentscheidung insoweit.
Unterschriften
Sander, König, Feilcke, Tiemann, von Schmettau
Fundstellen
Dokument-Index HI14484664 |