Entscheidungsstichwort (Thema)
Raub
Tenor
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neubrandenburg vom 20. Dezember 1999
dahin geändert, daß
- der Angeklagte des Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung schuldig ist,
- die Einstellung wegen des Vorwurfs der Körperverletzung zu Punkt 1. a) der Anklageschrift entfällt,
- im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes und wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter schwerer räuberischer Erpressung unter Einbeziehung von Strafen aus zwei früheren Verurteilungen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hinsichtlich des weiteren Vorwurfs der Körperverletzung (Punkt 1. a) der Anklageschrift) hat es das Verfahren wegen Rücknahme des Strafantrages eingestellt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg; im übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die vom Landgericht nicht weiter begründete Annahme von Tatmehrheit zwischen dem Raub und den anschließend tateinheitlich begangenen Straftaten der gefährlichen Körperverletzung und der versuchten schweren räuberischen Erpressung hält, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im einzelnen zutreffend ausgeführt hat, rechtlicher Prüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen suchte der Angeklagte gemeinsam mit dem früheren Mitbeschuldigten M. den Frank B. in seiner Wohnung auf, um ihn wegen einer Aussage bei der Polizei „zur Rede zu stellen”. Nachdem sie B. gemeinsam mit Schlägen und Tritten körperlich mißhandelt und ihm unter Ausnutzung fortwirkender Gewalt einen Walkman weggenommen hatten, ließen sie „zunächst” von ihm ab. B. suchte daraufhin die Toilette auf. Als er in den Wohnbereich zurückkehrte, kam es unmittelbar danach zu weiteren körperlichen Übergriffen sowie zu dem Tatgeschehen, das die Strafkammer rechtsfehlerfrei als versuchte schwere räuberische Erpressung gewertet hat.
Angesichts des engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhangs zwischen den beiden Handlungsabschnitten und des diese verbindenden gemeinsamen subjektiven Elements, den Geschädigten „zur Rede zu stellen”, stellt sich das Verhalten des Angeklagten insgesamt als eine natürliche Handlungseinheit und damit als eine Handlung im Rechtssinne dar (vgl. BGHSt 41, 368; Tröndle/Fischer StGB 49. Aufl. vor § 52 Rdnr. 2). Der Senat ändert daher den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, daß der Angeklagte sich wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
2. Keinen Bestand kann ferner die Einstellung des Verfahrens wegen des Vorwurfs der Körperverletzung haben. Dies folgt bereits daraus, daß – wovon auch Anklage und Eröffnungsbeschluß ausgehen – zwischen der Körperverletzung und dem anschließend verübten Raub Tateinheit besteht, mithin für eine gesonderte förmliche Einstellung kein Raum ist (vgl. BGHSt 7, 305; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 44. Aufl. Einl. Rdnr. 154). Hinzu kommt, daß nach den getroffenen Feststellungen das Verhalten des Angeklagten schon in diesem Handlungsabschnitt den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung in Form der gemeinschaftlichen Begehung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) erfüllt (vgl. hierzu Tröndle/Fischer a.a.O. § 224 Rdnr. 11), für dessen Ahndung ein Strafantrag nach § 230 Abs. 1 StGB nicht erforderlich ist. Wegen des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhanges zwischen den einzelnen Körperverletzungshandlungen liegt jedoch nur eine Tat nach § 224 StGB vor (vgl. Stree in Schönke/Schröder StGB 25. Aufl. vor § 52 Rdnr. 17).
3. Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs. Bei der Strafzumessung wird der neue Tatrichter zu beachten haben, daß das Verschlechterungsverbot der Erhöhung der bisherigen Einsatzstrafe von drei Jahren Freiheitsstrafe nicht entgegensteht (BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 3 und 4). Allerdings darf weder die nunmehr festzusetzende Einzelstrafe die Summe der beiden früheren Einzelstrafen übersteigen noch die unter Einbeziehung der Strafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Demmin vom 1. Oktober 1998 und vom 28. April 1999 gemäß § 55 StGB neu zu bildende Gesamtstrafe höher ausfallen als bisher.
Unterschriften
Maatz, Kuckein, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen