Entscheidungsstichwort (Thema)
Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Verfahrensgang
LG Kleve (Urteil vom 21.04.2010) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 21. April 2010
- im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitten in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitten in nicht geringer Menge verurteilt wird;
- im Strafausspruch aufgehoben; jedoch werden die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitten in jeweils nicht geringer Menge zu der Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt.
Rz. 2
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge einen Teilerfolg. Sie führt zur Änderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist sie unbegründet.
Rz. 3
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangener Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht Stand.
Rz. 4
Nach den Feststellungen wurde der nichtrevidierende Mitangeklagte S. von einem Dritten in den Niederlanden damit beauftragt, gegen einen Kurierlohn von 2.000 EUR Cannabis in einem Lkw nach Deutschland zu transportieren. S. informierte hierüber den Angeklagten und bot ihm 600 EUR an, wenn er ihn bei der Fahrt begleite. Der Angeklagte nahm dieses Angebot an. Während der Fahrt nach Deutschland wurde das Fahrzeug ausschließlich von dem Mitangeklagten gesteuert. Beide Angeklagten nahmen die genaue Menge und den Wirkstoffgehalt des Betäubungsmittels billigend in Kauf und rechneten aufgrund der erheblichen Menge ferner damit, dass es zum gewinnbringenden Verkauf in Deutschland bestimmt war; auch dies war ihnen recht.
Rz. 5
Diese Feststellungen rechtfertigen die nicht näher begründete Wertung des Landgerichts nicht, der Angeklagte sei Mittäter der Einfuhr von Betäubungsmitteln. Zwar verlangt der Tatbestand der Einfuhr von Betäubungsmitteln kein eigenhändiges Verbringen des Rauschgifts über die Grenze. Voraussetzung für die Annahme von Mittäterschaft ist jedoch, dass der Beteiligte, der die Einfuhr nicht eigenhändig durchführt, einen nicht nur ganz untergeordneten Tatbeitrag leistet und nicht lediglich fremdes Tun fördern, sondern die Tat als eigene will (BGH, Beschluss vom 30. März 1994 – 3 StR 726/93, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 33). Ob dies der Fall ist, muss in wertender Betrachtung unter Berücksichtigung des Grades des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, des Umfangs der Tatbeteiligung und der Tatherrschaft bzw. dem darauf gerichteten Willen beurteilt werden (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531; Beschluss vom 22. April 1997 – 4 StR 133/97, StV 1998, 597; Beschluss vom 22. März 1991 – 3 StR 34/91, BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Einfuhr 21).
Rz. 6
Nach diesen Maßstäben hat sich der Angeklagte lediglich der Beihilfe zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gemacht. Er hatte zwar wegen des ihm für seine Begleitung versprochenen Anteils am Kurierlohn ein gewisses Interesse am Gelingen der Tat. Sein Tatbeitrag erschöpfte sich jedoch im Mitfahren. Ihm war weder der Auftrag zum Transport der Betäubungsmittel erteilt worden noch hatte er Einfluss auf dessen Art und Durchführung. Die Förderung der Tat durch den Angeklagten beschränkte sich vielmehr auf sein bloßes Dabeisein als untergeordnete Tätigkeit im Sinne einer psychischen Unterstützung des Mitangeklagten (BGH, Beschluss vom 25. April 2007 – 1 StR 156/07, NStZ 2007, 531; Beschluss vom 24. April 1997 – 4 StR 151/97, StV 1998, 598).
Rz. 7
Da weitere Feststellungen, die die Annahme von Mittäterschaft des Angeklagten an der Einfuhr rechtfertigen könnten, nicht zu erwarten sind, hat der Senat den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich gegen den geänderten Tatvorwurf nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
Rz. 8
2. Die Schuldspruchänderung bedingt die Aufhebung des Strafausspruchs, jedoch können die zugehörigen rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.
Unterschriften
Becker, Pfister, RiBGH von Lienen befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker, Schäfer, Mayer
Fundstellen