Verfahrensgang
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes und wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen zu lebenslanger Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe verurteilt. Ferner hat es festgestellt, daß die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt (§§ 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 57 b StGB). Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlußformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die Verfahrensbeschwerde dringt nicht durch. Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO liegt nicht vor. Der Ausschluß des Angeklagten von der Verhandlung während der Einvernahme seiner drei minderjährigen Töchter am 5. Dezember 1995 ist durch den Beschluß des Schwurgerichts vom selben Tag gedeckt. Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. September 1996, die auch durch das weitere Vorbringen der Revision im Schriftsatz des Verteidigers vom 22. Oktober 1996 nicht entkräftet werden.
Ob ein Verstoß gegen § 247 StPO darin zu erblicken ist, daß der Vorsitzende des Schwurgerichts den Angeklagten nicht nach der Aussage eines jeden der drei Kinder, sondern erst im Anschluß an die drei Vernehmungen wieder vorgelassen und sodann über deren wesentlichen Inhalt unterrichtet hat, bedarf hier keiner Entscheidung. Auf die Verfahrensrüge kommt es letztlich nicht an. Soweit der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt ist, hat die Revision schon mit der Sachrüge Erfolg (s.u. 2.). Hinsichtlich der Verurteilung des Angeklagten wegen Mordes an seiner Ehefrau schließt der Senat nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe aus, daß das Urteil auf der Vernehmung der drei Kinder, die nicht Zeugen dieses Tatgeschehens waren, beruht.
2. Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht den Angeklagten wegen aus niedrigen Beweggründen begangenen Mordes an seiner Ehefrau zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Dagegen hält die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Töchter Evi und Sabine (Tat vom 3. März 1994; Abschnitt I. 3. der Urteilsgründe) rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Feststellungen belegen nicht, daß der Angeklagte dadurch, daß er den Föhn in die mit Wasser gefüllte Badewanne fallen ließ, in der sich Evi und Sabine befanden, diese körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt hat (§§ 223 Abs. 1, 223 a Abs. 1 StGB).
Allerdings führte das Vorgehen des Angeklagten dazu, "daß ein elektrischer Fehlerstrom die unteren Körperextremitäten für die Kinder fühlbar durchfloß" (UA 41). Auch wird sich das Versetzen eines Stromstoßes regelmäßig als körperliche Mißhandlung darstellen. Doch setzt dies voraus, daß das körperliche Wohlbefinden nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird (vgl. BGHSt 14, 269, 271). Daran fehlt es hier; denn nach den Feststellungen verspürten beide Mädchen "lediglich ein Kribbeln in den Beinen und an den Füßen" (UA 12). Darin ist aber eine mehr als nur unerhebliche körperliche Beeinträchtigung nicht zu erblicken. Insoweit ist es deshalb nur zum Versuch gekommen.
Eine vollendete gefährliche Körperverletzung ergibt sich auch nicht daraus, daß die beiden Mädchen ausweislich der Feststellungen "nach diesem Vorfall Angst vor dem Angeklagten hatten" (UA 12) und daß - wie das Urteil im Rahmen der rechtlichen Würdigung ausführt - "der Vorgang für die Kinder ein schockartiges Erlebnis" war und bei ihnen eine "starke Gemütsbewegung" auslöste (UA 45). Zwar kann auch eine psychische Einwirkung den krankhaften Zustand hervorrufen, der für eine Gesundheitsbeschädigung im Sinne der §§ 223, 223 a StGB erforderlich ist. Jedoch müssen die psychischen Beeinträchtigungen jedenfalls den Körper im weitesten Sinne in einen pathologischen, somatisch objektivierbaren Zustand versetzen (BGHR StGB § 223 Abs. 1 Gesundheitsbeschädigung 2; insoweit in BGHSt 41, 285 nicht abgedruckt). Daß die "latenten Angstzustände, speziell in bezug auf den Angeklagten," (UA 45) von dieser Art waren, ist nicht genügend dargetan. Im übrigen spricht auch nichts dafür, daß das Hervorrufen von Angstzuständen vom Vorsatz des Angeklagten, der die Kinder töten wollte, umfaßt war.
Der Senat schließt aus, daß sich aufgrund neuer Hauptverhandlung Feststellungen treffen lassen, die eine Verurteilung des Angeklagten wegen vollendeter gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil seiner Töchter tragen könnten. Eine Verurteilung wegen der durch die Einwirkung des Stroms verwirklichten versuchten gefährlichen Körperverletzung scheidet aus, weil der vom Schwurgericht rechtsfehlerfrei angenommene Rücktritt vom Mordversuch an den Kindern auch die - versuchte - Körperverletzung erfaßt. Der Senat spricht den Angeklagten deshalb insoweit frei. Dies führt zur Änderung des Schuld- und des Strafausspruchs.
3. Der Freispruch vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung hat die Aufhebung des Ausspruchs über die besondere Schuldschwere (§§ 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 57 b StGB) zur Folge. Das Schwurgericht hat die Schuldschwerebeurteilung aufgrund einer "Gesamtschau beider Taten" getroffen. Dabei hat es ausdrücklich dargelegt, "der Mord zum Nachteil von Frau S. hätte für sich allein nicht dazu geführt, die besondere Schwere der Schuld zu bejahen" (UA 58). Bei dieser Sachlage kann der Senat in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO selbst entscheiden, daß die Feststellung, die Schuld des Angeklagten wiege besonders schwer, entfällt. Im übrigen hätte der Ausspruch über die besondere Schuldschwere auch deshalb keinen Bestand, weil das Landgericht zur Begründung auch auf das "egoistische Vergeltungsdenken" und die "verwerfliche ... Grundhaltung" abgestellt hat. Damit hat es entgegen dem Rechtsgedanken des § 46 Abs. 3 StGB Umstände zur Schuldschwerebeurteilung herangezogen, die ihrerseits überhaupt erst die Mordqualifikation wegen Vorliegens niedriger Beweggründe ergeben. Dies ist rechtsfehlerhaft (Senatsbeschluß vom 20. August 1996 - 4 StR 361/96, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt).
4. Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen beruht auf §§ 467 Abs. 1, 473 Abs. 4 StPO. Im Hinblick darauf, daß das Rechtsmittel des Angeklagten hinsichtlich seiner Verurteilung wegen Mordes nur zum Ausspruch über die Schuldschwere Erfolg hat, erscheint es dem Senat bei der in entsprechender Anwendung des § 473 Abs. 4 Satz 2 StPO zu treffenden Entscheidung (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 42. Aufl. § 473 Rdn. 29) nicht geboten, den Angeklagten von der Überbürdung der der Nebenklägerin im Revisisonsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen auch nur teilweise freizustellen; denn in dem Umfang, in dem die strafprozessual geschützten Rechte der Nebenklägerin (der Tochter Evi der Getöteten) nach der in § 400 Abs. 1 StPO getroffenen gesetzlichen Wertung unmittelbar berührt sind, ist das Rechtsmittel erfolglos, während der Ausspruch über die Schuldschwere die Rechtsstellung der Nebenklägerin nicht unmittelbar berührt.
Fundstellen
Haufe-Index 2993443 |
NStZ 1997, 123 |
StV 1998, 76 |