Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Urteil vom 27.11.2008) |
Tenor
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Wiesbaden vom 27. November 2008 wird auf Kosten der Staatskasse als unzulässig verworfen.
Gründe
Rz. 1
1. Das Landgericht hat den Angeklagten mit Urteil vom 27. November 2008 wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, Nötigung, Körperverletzung und Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten freigesprochen. Gegen dieses Urteil hat die Staatsanwaltschaft am 2. Dezember 2008 „das Rechtsmittel der Revision” mit folgender Formulierung eingelegt:
„Gerügt wird die Verletzung materiellen Rechts. Eine weitere Begründung erfolgt nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe. Es wird beantragt werden, das angefochtene Urteil aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Wiesbaden zurückzuverweisen.”
Rz. 2
Das Urteil wurde der Staatsanwaltschaft am 12. März 2009 zugestellt. In ihrer am 17. Juni 2009 beim Landgericht eingegangenen Revisionsbegründungsschrift führte die Staatsanwaltschaft aus, dass es sich um eine Revision zugunsten des Angeklagten handele, die sich gegen seine Verurteilung wegen Vergewaltigung in zwei Fällen, Nötigung und Bedrohung richte.
Rz. 3
2. Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen. Denn innerhalb der Frist zur Begründung des Rechtsmittels ist ein den Anforderungen des § 344 Abs. 1 StPO genügender Revisionsantrag nicht gestellt worden. Nach § 344 Abs. 1 StPO hat der Beschwerdeführer binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels (§ 345 Abs. 1 StPO) anzugeben, inwieweit er das Urteil anficht und dessen Aufhebung beantragt. Dies kann auch bereits in der Revisionseinlegungsschrift (§ 341 Abs. 1 StPO) mit der Erhebung der allgemeinen Sachrüge geschehen. Das setzt allerdings voraus, dass die Rüge der Verletzung materiellen Rechts angesichts der Umstände des Einzelfalles geeignet ist, den Umfang der Anfechtung zweifelsfrei festzulegen. Besondere Bedeutung erlangt diese Einschränkung, wenn das Urteil mehrere Angeklagte und/oder mehrere Taten betrifft. Richtet sich die Revision gegen ein Urteil mit mehreren selbständigen Tatvorwürfen, bleibt der Umfang des Revisionsangriffs unklar, wenn ohne konkretisierende Zusätze lediglich die allgemeine Sachrüge erhoben wird (vgl. BGH NJW 2003, 839). Dies gilt erst recht, wenn es sich im Falle teilweiser Verurteilung und teilweisen Freispruchs um eine Revision der Staatsanwaltschaft handelt, die sowohl zugunsten als auch zu Lasten des Angeklagten eingelegt sein kann.
Rz. 4
So verhält es sich hier. Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen mehrerer selbständiger Taten verurteilt. In der Revisionseinlegungsschrift vom 2. Dezember 2008 wird seitens der Staatsanwaltschaft ein Antrag lediglich angekündigt („Es wird beantragt werden …”). Die Erhebung der allgemeinen Sachrüge vermag, worauf der Generalbundesanwalt mit Recht hinweist, das Fehlen eines ausdrücklichen und ordnungsgemäßen Antrages nicht zu ersetzen. Denn dies lässt offen, ob sich die Revision zu Lasten des Angeklagten gegen die Freisprüche wendet oder – falls sie zugunsten des Angeklagten eingelegt sein sollte –, welcher Teil der Verurteilung angefochten sein soll.
Rz. 5
Zwar enthält die Revisionsbegründung vom 17. Juni 2009 die notwendigen Angaben und den entsprechenden Aufhebungsantrag; da das Urteil der Staatsanwaltschaft jedoch bereits am 12. März 2009 durch Übersendung der Akten zugestellt worden war, ist dieser erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 345 Abs. 1 StPO zur Begründung der Revision gestellt worden. Der darin enthaltene, hinreichend konkrete Antrag war somit verspätet.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Fischer, Roggenbuck, Cierniak, Schmitt
Fundstellen
Haufe-Index 2560686 |
NStZ-RR 2010, 288 |