Tenor
Die Anhörungsrügen der Verurteilten gegen den Beschluss des Senats vom 15. Juli 2014 werden auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Rz. 1
Der Senat hat die Revisionen der Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 10. Juni 2013 mit Beschluss vom 15. Juli 2014 als unbegründet verworfen. Mit Schriftsätzen ihrer Verteidiger vom 11. August 2014 haben beide Verurteilten jeweils eine Anhörungsrüge erhoben und beantragt, gemäß § 356a StPO „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand” vor dem Erlass des die Revision verwerfenden Beschlusses zu gewähren. Sie beanstanden insbesondere, sie hätten von einem in der Begründung des angefochtenen Beschlusses zitierten Schreiben der Präsidentin des Landgerichts Magdeburg vom 5. Dezember 2013 erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist Kenntnis erlangt, und rügen einen Verstoß gegen das Verbot überraschender Entscheidungen.
Rz. 2
Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Senat hat bei der Entscheidung weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem die Revisionsführer nicht gehört worden wären, noch zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen.
Rz. 3
1. Soweit der Senat in der Begründung des angefochtenen Beschlusses auch auf ein Schreiben der Präsidentin des Landgerichts Magdeburg vom 5. Dezember 2013 abgestellt hat, in welchem ausgeführt wurde, die Justizangestellte W. sei bereits vor dem 15. Februar 2013 in die Protokollführung in Strafsachen eingeführt worden, hat die Verteidigung hiervon im Rahmen der Übermittlung der Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft Magdeburg Kenntnis erlangt. Nachdem die Revisionsgegenerklärung der Staatsanwaltschaft Magdeburg den Verteidigern beider Angeklagter am 12. Dezember 2013 bekannt gemacht worden war, hatten die Angeklagten die Möglichkeit, sich hierzu zu äußern. Hiervon haben die Verteidiger beider Angeklagter auch in einem gemeinsamen Schriftsatz vom 16. April 2014 Gebrauch gemacht und damit ihr Recht auf rechtliches Gehör ausgeübt.
Rz. 4
Das Recht zur Gegenerklärung im Sinne des § 349 Abs. 3 StPO ermöglicht indes nicht, Verfahrensrügen nachträglich formgerecht zu begründen (BGH, Beschluss vom 12. Mai 2010 – 1 StR 530/09, wistra 2010, 312; KK-Gericke, StPO, 7. Aufl., § 345 Rn. 26 mwN). Hierzu hätte Wiedereinsetzung in die Revisionsbegründungsfrist beantragt werden müssen (BGH, Beschluss vom 10. Juli 2012 – 1 StR 301/12, NStZ-RR 2012, 316).
Rz. 5
2. Bei der Entscheidung des Senats, die Rüge der Verletzung der §§ 226 Abs. 1, 338 Nr. 5 StPO sei nicht zulässig erhoben worden, weil sich das Revisionsvorbringen nicht zu der Möglichkeit einer vorübergehenden Bestellung der Justizangestellten W. zur Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle verhalten hat, handelt es sich auch nicht um eine Überraschungsentscheidung. Das Revisionsgericht ist grundsätzlich nicht verpflichtet, vor seiner Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinzuweisen (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2014 – 1 StR 200/13). Im Übrigen gab nicht erst das nachträglich übermittelte Schreiben der Präsidentin des Landgerichts Magdeburg Anlass, zu einer vorübergehenden Bestellung der Justizangestellten W. zur Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vorzutragen. Diese Möglichkeit ergab sich bereits aus Nr. 14.1 Satz 2 der Geschäftsordnungsvorschriften für Gerichte und Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt vom 18. Dezember 2008 und der Tatsache, dass die Justizangestellte W. am 1. März 2013 und damit als – bald nach ihrem Einsatz in der Hauptverhandlung vom 15. Februar 2013 dauerhaft mit den Aufgaben einer Urkundsbeamtin betraut wurde.
Rz. 6
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO.
Unterschriften
Mutzbauer, Roggenbuck, Cierniak, Bender, Quentin
Fundstellen
Haufe-Index 7481944 |
NStZ-RR 2017, 195 |