Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 13.05.2015) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen vom 13. Mai 2015 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Der Senat sieht Anlass zu folgendem Hinweis:
Das Landgericht hat seine Kompensationsentscheidung nicht tragfähig begründet. In den Urteilsgründen ist lediglich ausgeführt, dass „es bereits im Ermittlungsverfahren, aber auch nach Anklageerhebung zu vermeidbaren Verzögerungen gekommen” sei, weshalb als Kompensation für die hierin liegende rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung zwei Jahre und sechs Monate der als tat- und schuldangemessen angesehenen Freiheitsstrafe von sechs Jahren für vollstreckt zu erklären seien.
Dies genügt den insoweit bestehenden Darlegungsanforderungen nicht. Der Tatrichter ist verpflichtet, Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursachen zu ermitteln und im Urteil konkret festzustellen (Senat, Urteil vom 23. Oktober 2013 – 2 StR 392/13, NStZ-RR 2014, 21). Das Revisionsgericht muss anhand der Ausführungen in den Urteilsgründen jedenfalls im Sinne einer Schlüssigkeitsprüfung nachvollziehen können, ob die festgestellten Umstände die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verzögerung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK tragen, und ob sich die Kompensationsentscheidung innerhalb des dem Tatrichter insoweit eröffneten Bewertungsspielraums hält (Senat, a.a.O.).
Der Senat vermag anhand der Urteilsgründe bereits nicht nachzuvollziehen, von welchem konkreten Ausmaß der Verfahrensverzögerung der Tatrichter ausgegangen ist. Zwar liegt die Annahme einer Verfahrensverzögerung nahe, nachdem Anklage wegen der am 3. Dezember 2009 begangenen Tat erst am 14. April 2013 erhoben worden ist und deren Zulassung wegen vordringlicher Haftsachen erst am 4. März 2015 erfolgt ist. Der konkrete Umfang der Verfahrensverzögerung bleibt jedoch offen, zumal der Tatrichter immerhin auch erwähnt, dass sich die Ermittlungen „nicht einfach” gestalteten.
Darüber hinaus erschließt sich nicht, aufgrund welcher Umstände der Tatrichter es für angemessen erachtet hat, das Maß der Kompensation auf zwei Jahre und sechs Monate zu bemessen. Die Kompensation einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ist nicht mit dem Umfang der Verzögerung gleichzusetzen, sondern hat nach den Umständen des Einzelfalls grundsätzlich einen eher geringen Bruchteil der Strafe zu betragen (BGH, Beschluss vom 12. Februar 2015 – 4 StR 391/14, wistra 2015, 241).
Der Senat schließt hier jedoch aus, dass der Angeklagte durch einen möglichen Rechtsfehler beschwert sein könnte.
Unterschriften
Appl, Krehl, Eschelbach, Ott, Bartel
Fundstellen