Leitsatz (amtlich)
Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse eines Wohnungseigentümers, dessen Klage auf Beseitigung einer baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums abgewiesen worden ist, bemisst sich grundsätzlich nach dem Wertverlust, den sein Wohnungseigentum durch die bauliche Veränderung erleidet.
Normenkette
EGZPO § 26 Nr. 8
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 13.10.2016; Aktenzeichen 36 S 21810/15 WEG) |
AG Lindau (Bodensee) (Entscheidung vom 09.11.2015; Aktenzeichen 4 C 27/13) |
Tenor
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LG München I - 36. Zivilkammer - vom 13.10.2016 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 15.000 EUR.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die aus vier Reihenhäusern besteht. Die Beklagten ließen die gemeinschaftliche Zuwegung ohne Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erneuern. Die Kläger verlangen im Wesentlichen Wiederherstellung des zuvor vorhandenen Weges einschließlich Hangabstützung und Entwässerung in bestimmter Ausführung. Das AG hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Dagegen haben sich beide Parteien mit der Berufung gewendet. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG die Klage unter Zurückweisung des klägerischen Rechtsmittels insgesamt abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen wenden sich die Kläger, die ihre Klageanträge weiterverfolgen wollen.
II.
Rz. 2
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, da die Kläger nicht dargelegt haben, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den Betrag von 20.000 EUR übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO).
Rz. 3
1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des Beschwerdegegenstands in dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend. Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 EUR übersteigt, abändern lassen will. Maßgeblich ist insoweit sein Interesse an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten ist. Der in Wohnungseigentumssachen gem. § 49a GKG bestimmte Streitwert entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer (näher BGH, Beschl. v. 17.11.2016 - V ZR 86/16, WuM 2017, 62 Rz. 2 m.w.N.).
Rz. 4
2. Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse eines Wohnungseigentümers, dessen Klage auf Beseitigung einer baulichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums abgewiesen worden ist, bemisst sich grundsätzlich nach dem Wertverlust, den sein Wohnungseigentum durch die bauliche Veränderung erleidet (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.2013 - V ZR 262/12, ZMR 2014, 300 Rz. 5 ff. m.w.N.). Da die Parteien unterschiedliche Ziele verfolgen, kann das wirtschaftliche Interesse der Kläger an der Beseitigung nicht gleichgesetzt werden mit demjenigen der Beklagten, keinen Rückbau vornehmen zu müssen (vgl. BGH, Beschl. v. 17.11.2016 - V ZR 86/16, WuM 2017, 62 Rz. 5). Der Wertverlust ist von dem Kläger darzulegen und gem. § 294 ZPO glaubhaft zu machen; stützt er seine Klage auf eine optische Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, muss er jedenfalls Tatsachen darlegen und glaubhaft machen, die eine Schätzung seines Interesses ermöglichen (vgl. BayObLG WuM 1994, 565 f.).
Rz. 5
3. Daran gemessen haben die Kläger nicht dargelegt, dass der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 EUR übersteigt. Welchen Wertverlust ihr Wohnungseigentum infolge der baulichen Veränderung erleidet, und welche Nachteile damit einhergehen, lässt sich der Beschwerdebegründung nicht entnehmen. Sie bezieht sich lediglich auf die Streitwertfestsetzung der Vorinstanzen. Diese ist jedoch an den von den Beklagten zu tragenden Kosten der durchgeführten Baumaßnahmen ausgerichtet worden, die für das Interesse der Kläger nicht maßgeblich sind.
III.
Rz. 6
1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Rz. 7
2. Der Streitwert bemisst sich gem. § 49a Abs. 1 Satz 1 GKG nach dem (hälftigen) klägerischen Interesse an der Beseitigung und dem (hälftigen) Interesse der Beklagen, keinen Rückbau vornehmen zu müssen; daneben sind die Grenzen des § 49a Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 2 GKG zu beachten (vgl. BGH, Beschl. v. 17.11.2016 - V ZR 86/16, WuM 2017, 62 Rz. 5 m.w.N.). Das Interesse der Beklagten schätzt der Senat der Festsetzung der Vorinstanzen entsprechend auf 50.000 EUR und das Interesse der Kläger mangels anderer Anhaltspunkte auf 3.000 EUR. Das Gesamtinteresse der Parteien beträgt daher 53.000 EUR, 50 % hiervon sind 26.500 EUR; da das fünffache Klägerinteresse gem. § 49a Abs. 1 Satz 2 GKG die Obergrenze bildet, beläuft sich der Streitwert auf 15.000 EUR.
Fundstellen
Haufe-Index 10865418 |
NJW 2017, 8 |
BauR 2017, 1426 |
NJW-RR 2017, 912 |
NZM 2017, 528 |
ZAP 2017, 671 |
ZMR 2017, 14 |
ZMR 2017, 755 |
ZfIR 2017, 510 |
JZ 2017, 450 |
MDR 2017, 875 |
MDR 2017, 9 |
WuM 2017, 425 |
ZWE 2017, 335 |
MietRB 2017, 288 |
NJW-Spezial 2017, 450 |
RVGreport 2017, 432 |