Verfahrensgang
LG Mannheim (Beschluss vom 21.05.2012; Aktenzeichen 4 T 40/12) |
AG Mannheim (Entscheidung vom 07.03.2012; Aktenzeichen 1 K 153/11) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 21. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 175.200 EUR für die Gerichtskosten, 230.000 EUR für die anwaltliche Vertretung des Schuldners und 211.792,54 EUR für die anwaltliche Vertretung der Beteiligten zu 3.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Mit notariellem Bauträgervertrag vom 23. Juni 1998 kauften die Beteiligten zu 1 und 2 (Schuldner) den im Rubrum genannten Grundbesitz. Der Vertrag enthält unter anderem eine Regelung über die Finanzierungsmitwirkung des Verkäufers. Dieser verpflichtete sich, bei der Bestellung von Grundpfandrechten vor Eigentumsübergang mitzuwirken und deren Eintragung im Grundbuch samt dinglicher Zwangsvollstreckungsunterwerfung zu bewilligen.
Rz. 2
Ferner enthielt der Vertrag folgende Vorbelastungsvollmacht:
„Sämtliche Beteiligten erteilen hiermit unwiderruflich den Angestellten des Notars (…) Vollmacht, unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB (…). Die Bevollmächtigten sind auch zur Bestellung von Grundpfandrechten einschließlich Zinsen und Nebenleistungen mit dinglicher (Verkäuferseite) und persönlicher (Käuferseite) Vollstreckungsunterwerfung befugt (…)”.
Rz. 3
Mit notarieller Urkunde vom 24. Juni 1998 bestellten die Schuldner zugunsten der Rechtsvorgängerin der Beteiligten zu 3 (Gläubigerin) eine Grundschuld und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung in das mit der Grundschuld belastete Eigentum. Dabei wurden beide Vertragsparteien durch eine Kanzleiangestellte des Notars vertreten. Die Grundschuld wurde mit einem Vermerk gemäß § 800 Abs. 1 ZPO in das Grundbuch eingetragen.
Rz. 4
Aus der Grundschuld gingen durch Teilung unter anderem eine erstrangige (Nr. 8a über 122.710,05 EUR) und eine drittrangige (Nr. 8c über 78.997,13 EUR) Grundschuld hervor. Hinsichtlich beider Rechte wurde die vollstreckbare Ausfertigung erteilt und den Schuldnern zugestellt; die Zustellung hinsichtlich des Rechts Nr. 8c am 11. August 2006 erfolgte ohne, die Zustellung hinsichtlich des Rechts Nr. 8a am 31. Januar 2011 mit dem Bauträgervertrag nebst Vollmacht. Aus beiden Rechten betreibt die Beteiligte zu 3 die Zwangsversteigerung, die am 16. Juni 2011 angeordnet wurde. Gegen die Erteilung des Zuschlags mit Beschluss vom 7. März 2012 hat der Beteiligte zu 1 erfolglos Beschwerde eingelegt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde will er weiterhin die Versagung des Zuschlags erreichen.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 5
Das Beschwerdegericht verneint einen Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 6 ZVG aufgrund der behaupteten Mängel der Vollmacht hinsichtlich der Unterwerfungserklärung. Das Vollstreckungsgericht habe zwar die Zustellung, nicht aber etwaige Mängel der Vollmacht zu prüfen. Denn durch die Vollstreckungsklausel werde die Vollstreckbarkeit des Titels in formalisierter Form vorgegeben, sofern der Titel nicht offensichtlich unwirksam sei; daran fehle es hier wegen verschiedener Möglichkeiten, die Vollmacht auszulegen. Dass die vollstreckbare Teilausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde Nr. 8c den Schuldnern ohne den Bauträgervertrag zugestellt worden sei, sei unerheblich, weil die Zwangsversteigerung allein auf das vorrangige Recht Nr. 8a gestützt werden könne.
III.
Rz. 6
Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Ein Zuschlagsversagungsgrund gemäß § 83 Nr. 6 ZVG liegt nicht vor.
Rz. 7
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Vollstreckbarkeit des Titels dem Vollstreckungsgericht durch die Vollstreckungsklausel in formalisierter Form vorgegeben (Senat, Beschluss vom 21. September 2006 – V ZB 76/06, WM 2006, 2266 Rn. 8 mwN). Ob die Unterwerfungserklärung ordnungsgemäß abgegeben worden ist, muss der Schuldner im Wege der Erinnerung gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel klären lassen (§ 732 ZPO; BGH, Urteil vom 30. März 2010 – XI ZR 200/09, BGHZ 185, 133 Rn. 18); dazu gehört auch die Frage der Wirksamkeit und der Reichweite der von einem Vertreter in einer notariellen Urkunde abgegebenen Unterwerfungserklärung (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2012 – I ZB 65/11, NJW 2012, 3518 Rn. 9). Macht der Schuldner von diesem Rechtsbehelf keinen Gebrauch, kann die Erteilung der Vollstreckungsklausel allenfalls bei grundlegenden, schweren Mängeln nichtig und deshalb von vorneherein unwirksam sein (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2012 – VII ZB 71/09, NJW-RR 2012, 1146 Rn. 16 mwN).
Rz. 8
2. Ob – wie die Rechtsbeschwerde meint – offenkundige und schwere Mängel der Vollmacht zur Nichtigkeit der Vollstreckungsklausel führen können, kann offenbleiben (offen gelassen auch von BGH, Beschluss vom 16. Mai 2012 – I ZB 65/11, NJW 2012, 3518 Rn. 10). Denn von einem offenkundigen Mangel der Vollmacht kann keine Rede sein; zu Recht hat das Beschwerdegericht auf verschiedene denkbare Auslegungsmöglichkeiten verwiesen. Zwar könnte eine streng an dem Wortlaut ausgerichtete Auslegung der Bevollmächtigung zur Bestellung von Grundpfandrechten „mit dinglicher (Verkäuferseite) und persönlicher (Käuferseite) Vollstreckungsunterwerfung” zu dem von dem Beteiligten zu 1 gewünschten Ergebnis führen, dass nämlich auf Seiten der Schuldner eine Vollmacht nur für die persönliche, nicht aber für die dingliche Vollstreckungsunterwerfung erteilt wurde. Im Hinblick auf Sinn und Zweck der allein im Interesse der Käufer erteilten Vorbelastungsvollmacht liegt es aber erheblich näher, dass der Klammerzusatz „Verkäuferseite” hinter dem Wort „dinglich” nur sicherstellen sollte, dass die Verkäufer keine persönliche Haftung übernehmen mussten. Nach diesem Verständnis durften die Verkäufer lediglich wegen des dinglichen Anspruchs (§ 1191 BGB) der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen werden, die Käufer dagegen auch wegen persönlicher Ansprüche.
Rz. 9
3. Zutreffend und von der Rechtsbeschwerde unbeanstandet hat es das Beschwerdegericht auch als unerheblich angesehen, dass hinsichtlich der Grundschuld Nr. 8c am 11. August 2006 nur die vollstreckbare Ausfertigung, nicht aber die Vollmacht zugestellt worden ist. Zwar muss auch die Vollmacht zugestellt werden, wenn ein Vertreter die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung erklärt hat, damit der Schuldner Gelegenheit erhält, Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung zu erheben (§ 800 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 794 Abs. 1 Nr. 5, § 795 Satz 1, § 750 ZPO; Senat, Beschlüsse vom 21. September 2006 – V ZB 76/06, WM 2006, 2266 Rn. 10 f. und vom 10. April 2008 – V ZB 114/07, ZfIR 2008, 468 Rn. 5 ff.). Die danach erforderliche Zustellung der Vollmacht ist aber noch vor der Anordnung der Zwangsversteigerung am 16. Juni 2011 nachgeholt worden. Denn am 31. Januar 2011 ist die Vollmacht mit der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuld Nr. 8 a zugestellt worden. Dies war ausreichend, weil beide Grundschulden aus einem einheitlichen Recht hervorgegangen sind.
IV.
Rz. 10
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung des Beteiligten zu 1, die Kosten eines erfolglosen Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt, da sich die Beteiligten im Zwangsversteigerungsverfahren grundsätzlich nicht als Parteien eines kontradiktorischen Streitverhältnisses gegenüberstehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Januar 2007 – V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 7).
Rz. 11
Der Gegenstandswert für die Gerichtskosten bestimmt sich gemäß § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 54 Abs. 2 Satz 1 GKG nach dem Wert des Zuschlags. Die Wertfestsetzung für die Vertretung der Beteiligten beruht auf § 26 Nr. 1 RVG (Gläubigerin) bzw. auf § 26 Nr. 2 RVG (Beteiligter zu 1).
Unterschriften
Stresemann, Czub, Brückner, Weinland, Kazele
Fundstellen
Haufe-Index 15081050 |
ZfIR 2013, 566 |