Tenor
Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 13a StPO wird abgelehnt.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Die Staatsanwaltschaft Lüneburg führt gegen den französischen Staatsangehörigen A. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der (versuchten) Geldwäsche. Dem liegt zugrunde, dass am 6. März 2017 bei der Volksbank O. ein gefälschter Überweisungsträger zu Lasten des Kontos des … Kirchenkreises L. einging. Der gefälschte Überweisungsträger sah eine unberechtigte Transaktion in Höhe von 9.307,39 EUR auf ein vom Beschuldigten eingerichtetes und geführtes Konto bei dem französischen Kreditinstitut „C.” in Ca. (Frankreich) vor. Die ausführende Volksbank O. konnte die Überweisung noch rechtzeitig stoppen, womit der Geldtransfer scheiterte.
Rz. 2
Der Beschuldigte hat sich anlässlich seiner Vernehmung im Rechtshilfeweg dahingehend eingelassen, er habe seit Anfang 2017 mehrfach Überweisungen in vierstelliger Höhe von ihm unbekannten Kontoinhabern aus der Bundesrepublik Deutschland auf seinem Konto in Frankreich in Empfang genommen. Zu diesem Vorgehen habe er sich gegenüber einem ihm nicht namentlich bekannten „Afrikaner” bereit erklärt, den er kurz zuvor kennengelernt habe. Die empfangenen Gelder habe er auf Weisung dieses unbekannten Hintermannes weiter transferieren oder für Besorgungen (bspw. den Einkauf von Mobiltelefonen) einsetzen müssen. Für diese Tätigkeiten habe er einen Betrag von 5.000 EUR aus den empfangenen Überweisungen behalten dürfen.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 13a StPO ist abzulehnen, da auf die dem Beschuldigten zur Last gelegte Auslandstat deutsches Strafrecht unanwendbar ist (vgl. zum Prüfungsmaßstab Senat, Beschluss vom 14. Dezember 1984 – 2 ARs 252/84, BGHSt 33, 97, 98 f.; Beschluss vom 25. Oktober 2017 – 2 ARs 470/17, juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 13a Rn. 2 mwN).
Rz. 4
Bei der dem Beschuldigten zur Last gelegten Auslandstat handelt es sich um (versuchte) Geldwäsche im Sinne von § 261 Abs. 1, Abs. 2 Nrn. 1 und 2, Abs. 3 StGB. Es liegt nach dem Stand der Ermittlungen nahe, dass der versuchten Abbuchung vom Konto des Geschädigten mittels gefälschten Überweisungsträgers eine Urkundenfälschung und ein Betrugsversuch – jeweils gewerbsmäßig begangen – zugrunde liegen. Dafür, dass der Beschuldigte an diesem Tatgeschehen beteiligt war, gibt es keine Anhaltspunkte. Es ist jedoch aufgrund seiner eigenen Angaben naheliegend, dass der Beschuldigte seit Anfang 2017 mehrfach als sogenannter „Finanzagent” für einen unbekannten Hintermann tätig geworden ist, wobei er um die inkriminierte Herkunft der (zu erwartenden) Gelder aus rechtswidrigen Vortaten im Sinne von § 261 Abs. 1 StGB wusste. § 261 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 StGB weisen als abstraktes Gefährdungsdelikt (Fischer, StGB, 65. Aufl., § 261 Rn. 23) keinen inländischen Erfolgsort im Sinne von § 9 Abs. 1 Alt. 2 StGB auf. Tatort ist daher alleine der Ort in Frankreich, an dem der Beschuldigte gehandelt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 23. April 2013 – 2 ARs 91/13, NStZ-RR 2013, 253; Beschluss vom 25. Oktober 2017 – 2 ARs 470/17, juris).
Rz. 5
Für diese Auslandstat ist deutsches Strafrecht auch nach § 7 Abs. 1 StGB unanwendbar. Zwar schützt der hier in Betracht kommende Tatbestand des § 261 Abs. 2 StGB auch die individuellen Rechtsgüter des durch Betrug als Vortat betroffenen Geschädigten (vgl. Senat, Beschluss vom 23. April 2013 – 2 ARs 91/13, NStZ-RR 2013, 253; BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 – 1 StR 95/09, BGHSt 55, 36, 49). Die Straftat wurde jedoch nicht „gegen einen Deutschen” begangen. Die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts nach § 7 Abs. 1 StGB setzt als Geschädigten eine natürliche Person voraus, die Deutscher im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG ist mithin eine Person, die die deutsche Staatsangehörigkeit (§ 1 StAG) besitzt (Fischer, aaO, § 7 Rn 2a). Diesem beschränkten Anwendungsbereich liegt das passive Personalitätsprinzip zugrunde (vgl. OLG Stuttgart, NStZ 2004, 402, 403; KG, NStZ-RR 2007, 16, 17), an das bereits die zuvor geltende Strafvorschrift § 4 Abs. 2 Nr. 2 StGB aF anknüpfte. Unter Berücksichtigung des eindeutigen Wortlauts von Alt- und Neuvorschrift und der gemeinsamen Entstehungsgeschichte beider Strafnormen setzt die Anwendbarkeit deutschen Strafrechts einen bestimmten oder jedenfalls bestimmbaren einzelnen deutschen Staatsangehörigen voraus, der durch die Auslandstat in seinen individuellen Rechten verletzt ist (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1963 – 4 StR 9/63, BGHSt 18, 283, 284; MüKo-StGB/Ambos, 3. Aufl., § 7 Rn. 25; LK-StGB/Werle/Jeßberger, 12. Aufl., § 7 Rn. 63 und 69; Schönke/Schröder/Eser, StGB, 29. Aufl., § 7 Rn. 6; aA NK-StGB/Böse, 5. Aufl., § 7 Rn. 4 für juristische Personen mit Sitz im Inland; vgl. zur Entstehungsgeschichte auch BT-Drucks. IV/650, S. 112). Bei dem hier Geschädigten, dem Kirchenkreis L., handelt es sich nicht um eine natürliche Person, also einen bestimmten oder bestimmbaren einzelnen deutschen Staatsangehörigen. Eine möglicherweise mittelbare Betroffenheit der Mitglieder des Geschädigten genügt in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht (MüKo-StGB/Ambos, aaO, § 7 Rn. 25). Mithin ist die Auslandstat des Beschuldigten nicht „gegen einen Deutschen” im Sinne von § 7 Abs. 1 StGB begangen worden.
Unterschriften
Schäfer, Appl, Zeng, Grube, Schmidt
Fundstellen
Haufe-Index 11799291 |
NJW 2018, 10 |
wistra 2018, 467 |
Kriminalistik 2018, 677 |
StV 2019, 603 |
ZRFC 2019, 42 |