Verfahrensgang

LG Dortmund (Entscheidung vom 13.09.2022; Aktenzeichen 34 KLs 16/22)

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Dortmund vom 13. September 2022 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Schuldspruch dahin geändert wird, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Anbau von Betäubungsmitteln, schuldig ist.

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

Rz. 1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit „unerlaubtem“ Anbau von Betäubungsmitteln, sowie wegen versuchten „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zu den aus der Beschlussformel ersichtlichen Schuldspruchänderungen und ist im Übrigen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Rz. 2

1. Soweit das Landgericht den Angeklagten im Fall II. Tat 2 der Urteilsgründe wegen versuchten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat, ist die rechtliche Würdigung fehlerhaft, denn die Tat war bereits vollendet.

Rz. 3

a) Nach den Feststellungen wurde der Angeklagte von einem Bekannten, mit dem er schon zuvor über ein Betäubungsmittelgeschäft in Austausch gestanden hatte, kontaktiert. Dieser gab an, sich im Ausland zu befinden und im Besitz von vier Kilogramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von 91 % zu sein, und bat den Angeklagten, ihm einen Geldbetrag zu übersenden, den er benötige, um das Betäubungsmittel nach Deutschland zu verbringen. Dort könne es veräußert und der Erlös hälftig zwischen ihm und dem Angeklagten aufgeteilt werden. Der Angeklagte ging auf den Vorschlag ein und überwies das Geld. Zu einer gemeinsamen Veräußerung kam es anschließend nicht. Ob der Bekannte des Angeklagten über das Kokain überhaupt verfügte oder dies wahrheitswidrig behauptete, konnte das Landgericht nicht feststellen.

Rz. 4

b) Hiernach hat der Angeklagte sich des vollendeten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) schuldig gemacht. Der Begriff des Handeltreibens ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weit auszulegen und erfasst jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 - GSSt 4/17, BGHSt 63, 1, 7 mwN). Um eine solche Tätigkeit handelte es sich bei der Überweisung von Geld zu dem Zweck, den Transport des Betäubungsmittels nach Deutschland zu ermöglichen, wo es gewinnbringend weiterveräußert werden sollte. Darauf, ob das dem Angeklagten von seinem Bekannten im Gegenzug zu der erbetenen Zahlung unterbreitete Angebot, das Kokain gemeinsam zu veräußern, ernstgemeint oder nur zum Schein unterbreitet worden war, kommt es rechtlich nicht an (vgl. zu Scheinangeboten von Käuferseite BGH, Beschluss vom 9. Juni 2020 - 3 StR 417/19, NStZ 2021, 52 Rn. 6 mwN). Es begegnet unter den hier gegebenen Umständen auch keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht eine täterschaftliche Begehung durch den Angeklagten angenommen hat. Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen.

Rz. 5

2. Der Senat ändert den Schuldspruch daher in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO ab und lässt auch die überflüssige Bezeichnung der jeweiligen Tathandlungen als „unerlaubt“ entfallen (vgl. BGH, Beschluss vom 11. April 2023 - 5 StR 71/23 Rn. 3 mwN). Das Verschlechterungsverbot des § 358 StPO hindert die Verschärfung des Schuldspruchs nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2022 - 1 StR 371/22 Rn. 5 mwN); auch § 265 StPO steht ihr nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

Rz. 6

3. Im Übrigen hat die rechtliche Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

Quentin     

Bartel     

Rommel

Maatsch     

Messing     

 

Fundstellen

Haufe-Index 15760792

NStZ-RR 2023, 250

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge