Verfahrensgang
LG Tübingen (Entscheidung vom 14.12.1992) |
Tenor
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 14. Dezember 1992
a)
im Schuldspruch dahin geändert, daß im Fall II 2 der Urteilsgründe der Vorwurf einer tateinheitlich begangenen Verführung (§ 182 StGB) entfällt;
b)
im Ausspruch über die in diesem Fall verhängte Einzelstrafe und über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexuellen Mißbrauchs eines Kindes in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen (Tat zum Nachteil von Christina B.) und wegen Verführung in Tateinheit mit sexuellem Mißbrauch einer Schutzbefohlenen (Tat zum Nachteil von Iris Ba.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat teilweise Erfolg.
1.
Zur Verurteilung des Angeklagten wegen der gegenüber Iris Ba. begangenen Tat führt der Generalbundesanwalt zutreffend aus:
"Die tateinheitliche Verurteilung des Angeklagten wegen Verführung im Fall II 2 der Gründe muß mangels wirksamen Strafantrags entfallen. Eine Verurteilung wegen Entführung setzt nach § 182 Abs. 2 Satz 1 StGB einen Strafantrag voraus. Da das geschädigte Mädchen noch nicht 18 Jahre alt ist (UA S. 9), müssen nach § 77 Abs. 3 StGB die Personen den Antrag stellen, denen die Sorge für die Person des Mädchens obliegt. Das sind beide Eltern (Bd. II Bl. 305 R d.A.). Die Strafanzeige ist aber nur von dem Vater erstattet worden (Bd. I Bl. 75-77 d.A.). Ob die von dem Vater getrennt lebende Mutter damals schon von der Tat des Angeklagten erfahren hatte, ist nicht bekannt. Darauf kommt es aber auch nicht an, da die dreimonatige Antragsfrist (§ 77b StGB) zu laufen beginnt, sobald der Vater oder die Mutter von der Tat oder dem Täter Kenntnis erlangt haben (BGHSt 22, 103). Der Vater hat aber schon am 23. August 1991 von der Tat des Angeklagten erfahren (Bd. I Bl. 75 d.A.). Die Mutter hätte deshalb bis zum 23. November 1991 ihre Zustimmung zu der Strafanzeige erklären müssen (BGH, LM StGB § 61 aF Nr. 2; BGH, Urt. v. 21.07.1981 - 1 StR 219/81). Sie hat aber ihre Zustimmung erst in der Hauptverhandlung erklärt (Bd. II Bl. 305 R d.A.). Das war zu spät.
Der Wegfall der tateinheitlichen Verurteilung wegen Verführung nötigt zur Aufhebung der für diesen Fall verhängten Einzelstrafe und der Gesamtstrafe; denn die Strafkammer hat bei der Zumessung dieser Einzelstrafe ausdrücklich straferschwerend gewertet, 'daß sich der Angeklagte außer dem Delikt nach § 174 StGB auch der Verführung schuldig gemacht hat' (UA S. 42). Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, daß diese Einzelstrafe milder ausgefallen wäre, wenn die Strafkammer bedacht hätte, daß das Delikt der Verführung mangels wirksamen Strafantrags nicht verfolgt werden darf."
2.
Im übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der allgemeinen Sachrüge keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Bestand hat auch der Ausspruch über die Einzelstrafe, die das Landgericht für die gegenüber Christina B. begangene Tat verhängt hat.
Fundstellen