Entscheidungsstichwort (Thema)
schwere Brandstiftung
Tenor
1. Dem Angeklagten wird auf seine Kosten Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Anbringung von Verfahrensrügen gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 6. April 2001 gewährt.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird als unbegründet verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Dem Angeklagten war Wiedereinsetzung zur Nachholung der Verfahrensrügen zu gewähren, da das ursprünglich zurückgesandte Empfangsbekenntnis über die Urteilszustellung nicht von der bevollmächtigten Verteidigerin unterzeichnet war und der weitere Verteidiger Rechtsanwalt F. von dem später nachgereichten Empfangsbekenntnis für den 8. Mai 2001 erst am 20. Juli 2001 Kenntnis erhalten hatte.
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
Die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob die Bedeutungslosigkeit der beantragten Vernehmung des Zeugen S. offensichtlich auf der Hand lag und es deshalb einer weitergehenden Begründung der den Beweisantrag ablehnenden Entscheidung nicht bedurfte. Jedenfalls beruht hierauf nichts, da die Strafkammer ein finanzielles Tatmotiv ohnehin nicht feststellen konnte und dies zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt hatte. Die auf die erneute Vernehmung der Zeugen W., R. und Wu. gerichtete Aufklärungsrüge ist jedenfalls unbegründet, da sich aus dem Urteil entgegen der Darstellung in der Revisionsbegründung kein Widerspruch ergibt, der die mangelhafte Ausschöpfung der Beweismittel belegen würde. Denn weder wurde festgestellt, daß der Zeuge Wu. ununterbrochen den möglichen Fluchtweg beobachtet hatte und deshalb „zwingend” einen zweiten Täter hätte fliehen sehen müssen, noch wurde festgestellt, daß der Angeklagte den gleichen Fluchtweg benutzt hatte.
Allerdings ist die Beweiswürdigung der Strafkammer nicht unbedenklich, als sie zur Widerlegung des Alibis des Angeklagten, der in der Hauptverhandlung von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht hatte, „zunächst” darauf abhebt, dieser habe den Antrag ohne einsichtigen Grund erst etwa acht Monate nach Beginn der Untersuchungshaft gestellt (UA S. 38). Ebensowenig wie zum Nachteil eines Angeklagten nicht dessen anfängliches Schweigen verwertet werden darf (vgl. BGHSt 38, 302, 305 m.w.Nachw.; BGHR StPO § 261 Aussageverhalten 11), darf auch aus der sonstigen Wahrnehmung prozessualer Rechte durch einen Angeklagten grundsätzlich kein ihm nachteiliger Schluß gezogen werden (BGHSt 45, 367). Daher durfte hier bei dem zur Sache schweigenden Angeklagten nicht zu seinem Nachteil berücksichtigt werden, daß er einen Alibibeweisantrag erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgebracht hatte. Der Senat weist jedoch darauf hin, daß bei der Würdigung des daraufhin erhobenen Beweises durchaus in Rechnung gestellt werden durfte, daß die entlastende Aussage der Freundin des Angeklagten auf diese Weise erst während des Laufs der Hauptverhandlung zustande gekommen war und es der Zeugin ermöglichte, ihre Aussage auf das bisherige Beweisergebnis abzustimmen (vgl. BGHR StPO § 261 Aussageverhalten 21).
Der Senat schließt jedoch angesichts der sonstigen rechtsfehlerfreien Würdigung des Alibibeweisergebnisses aus, daß die Strafkammer ohne diese rechtlich bedenkliche Erwägung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Miebach, Winkler, Becker, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 640241 |
StraFo 2002, 14 |