Verfahrensgang
LG Mönchengladbach (Urteil vom 26.04.2016) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 26. April 2016 im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen 1 bis 24 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrecht erhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten schweren Raubes in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung, Erpressung in zwei Fällen, versuchter Erpressung, Diebstahls, unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in 20 Fällen und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und fünf Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die in allgemeiner Form erhobene Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
In den Fällen 1 bis 24 der Urteilsgründe können die verhängten Einzelstrafen keinen Bestand haben, weil die Strafkammer in all diesen Fällen zu Unrecht straferschwerend berücksichtigt hat, dass der Angeklagte bei Tatbegehung noch unter laufender Bewährung gestanden habe. Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde er zuletzt am 31. März 2010 zu einer Freiheitsstrafe von zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungszeit lief bis zum 30. März 2013; die Strafe wurde aber erst mit Wirkung vom 25. August 2014 erlassen.
Rz. 3
Die Taten in den Fällen 1 bis 24 der Urteilsgründe beging der Angeklagte in der Zeit von Dezember 2013 bis zum 5. Februar 2014, also nach Ablauf der Bewährungszeit; lediglich der Beschluss über den Erlass der Strafe stand noch aus. In diesen Fällen erweist es sich als rechtsfehlerhaft, einem Angeklagten zur Last zu legen, er habe die neuen Taten während einer laufenden Bewährungsfrist begangen (BGH, Beschluss vom 3. September 1991 – 4 StR 346/91, juris Rn. 5; Urteil vom 28. September 2011 – 2 StR 93/11, juris Rn. 24).
Rz. 4
Das Urteil beruht auf diesem Rechtsfehler, denn der Senat kann nicht ausschließen, dass die unzutreffende Annahme eines Bewährungsbruchs sich bei der Zumessung der Einzelstrafen zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Die Aufhebung der 24 (von 26) Einzelstrafen – unter ihnen die Einsatz-strafe – bedingt die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs. Die zum Strafausspruch bislang getroffenen Feststellungen werden von dem Rechtsfehler indes nicht berührt; sie können deshalb bestehen bleiben.
Rz. 5
Die vom Landgericht angeordnete Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt ist von der teilweisen Aufhebung des Strafausspruchs ebenfalls nicht betroffen. Dies entspricht dem Prinzip der Zweispurigkeit von Strafe und Maßregel: Zwischen diesen Rechtsfolgen besteht grundsätzlich keine Wechselwirkung; sie sollen unabhängig voneinander bemessen bzw. verhängt werden. Etwas anderes kann nur gelten, wenn sich den Urteilsgründen oder der Strafhöhe im Einzelfall entnehmen lässt, dass die Strafe und die Anordnung einer Maßregel (oder ihre Nichtanordnung) sich gegenseitig beeinflusst haben (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1992 – 2 StR 374/92, BGHSt 38, 362, 365). Dies ist hier indes nicht der Fall.
Unterschriften
Schäfer, Gericke, Spaniol, Tiemann, Berg
Fundstellen
Haufe-Index 9806048 |
StV 2018, 358 |