Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in acht Fällen und wegen mittelbarer Falschbeurkundung unter Freisprechung im übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der Revision. Er beanstandet das Verfahren und rügt die Verletzung sachlichen Rechts.
Das Rechtsmittel hat teilweise Erfolg.
1. Es erweist sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO, soweit der Angeklagte in den Fällen II 2 sowie II 4 und 5 der Urteilsgründe wegen Betruges verurteilt worden ist.
2. Dagegen hat das Urteil im übrigen keinen Bestand.
a) Soweit es die Verurteilung im Falle II 3 der Urteilsgründe betrifft, hat die Revision mit einer Verfahrensrüge Erfolg. Die Strafkammer hat sich in diesem Falle nicht an die zugesagte Wahrunterstellung gehalten.
Der Angeklagte hatte sich dahingehend eingelassen, die betrügerischen Handlungen seien, als er sich auf einer Geschäftsreise im Ausland befunden habe, ohne sein Wissen von dem Zeugen M. begangen worden. In der Hauptverhandlung stellte der Verteidiger des Angeklagten durch Zeugenvernehmung dementsprechend unter Beweis, "daß der Zeuge M. die gefälschten Unterlagen dem Bruder des Geschäftsführers der Firma des Angeklagten [F.] weitergereicht hat".
Die Strafkammer lehnte den Beweisantrag mit der Begründung ab, die ihm zugrunde liegende Behauptung werde "als wahr unterstellt". In ihrem Urteil (UA 10) führt sie hierzu aus, M. habe den erschwindelten Frachtbrief (FCR) dem Angeklagten überbracht, der seinerseits Herrn F. beauftragt habe, das Garantiedokument zur Bank zu bringen. Im Rahmen der Beweiswürdigung heißt es weiter: "Soweit der Zeuge M. von dem Zeugen B. das "FCR" abgeholt und dieses dem Angeklagten überbracht hat, handelte er auf Geheiß des Angeklagten" (UA 33).
Wie die Revision zu Recht darlegt, hat sich die Strafkammer damit nicht an die zugesagte Wahrunterstellung gehalten. Erkennbare Zielrichtung des Beweisantrages war es, den Beweis dafür zu erbringen, daß die gefälschten Urkunden von M. unmittelbar dem Geschäftsführer der Firma des Angeklagten - und nicht diesem selbst - überbracht worden sind und somit der Angeklagte in die betrügerischen Manipulationen nicht eingeschaltet gewesen ist. Nach der Urteilsbegründung hingegen überbrachte M. das umstrittene Dokument zunächst dem Angeklagten, der daraufhin den Auftrag gab, es der Bank vorzulegen, um diese betrügerisch zur Auszahlung zu veranlassen.
Der Senat kann nicht ausschließen, daß die Verurteilung auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht. Die dienstliche Außerung des Strafkammervorsitzenden, die Kammer habe "die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten nicht - auch nicht teilweise - darauf gestützt, daß der Angeklagte das FCR übergeben bekommen oder sonst wie in den Händen gehabt hat, bevor F. es der American Express Bank überbracht hat", kann keine Wirkung entfalten.
b) Auch hinsichtlich der Verurteilung in den Fällen II 6 bis 10 der Urteilsgründe greift eine Verfahrensrüge durch. Der Schuldspruch in diesen Fällen beruht - zumindest auch - auf der Aussage des Zeugen A.. Bezüglich dieses Zeugen rügt die Revision zu Recht, daß er unter Verstoß gegen § 59 StPO nicht vereidigt worden ist.
Zwar ist nicht zu beanstanden, daß der Zeuge zunächst nach seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung entgegen dem Antrag der Verteidiger "gem. § 60 Ziffer 2 StPO unvereidigt" geblieben ist. Der entsprechende Beschluß der Strafkammer enthält allerdings keine Begründung. Aus der Tatsache der zuvor vorgenommenen Belehrung des Zeugen über sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO kann jedoch geschlossen werden, daß das Gericht - jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt - den Verdacht hatte, der Zeuge könne in irgendeiner der in § 60 Nr. 2 StPO genannten Formen in das Tatgeschehen verwickelt gewesen sein.
Im Zeitpunkt der Urteilsberatung war dieser Verdacht aber offensichtlich entfallen; denn die Strafkammer sieht den Zeugen, wie sich aus dem Urteilsinhalt ergibt, durchgängig als Opfer der Manipulationen des Angeklagten an, ohne auch nur den geringsten Verdacht einer Einbindung des Zeugen in das strafbare Geschehen im Sinne von § 60 Nr. 2 StPO zu äußern.
In einem solchen Fall muß dem Vereidigungsgrundsatz des § 59 StPO in der Weise Rechnung getragen werden, daß über die Vereidigung des Zeugen - vor Abschluß der Beweisaufnahme - erneut befunden und diese entweder nachgeholt oder gegebenenfalls eine auf einen anderen Grund gestützte Nichtvereidigung beschlossen wird.
Diese erneute Befassung mit der Vereidigungsfrage hat die Strafkammer unterlassen. Nachdem das Vereidigungsverbot des § 60 Nr. 2 StPO entfallen war und ein anderes Verbot nach dieser Vorschrift ersichtlich nicht in Betracht kam, hätte von der Vereidigung möglicherweise abgesehen werden können, weil sich der Zeuge in der neuen Sicht der Kammer als "Verletzter" darstellte (§ 61 Nr. 2 StPO). Hierbei handelt es sich indessen um eine Ermessensentscheidung, die dem Tatrichter vorbehalten ist; dem Revisionsgericht ist es verwehrt, von sich aus das Nichtvereidigen infolge eines Verbotes durch ein nur mögliches Absehen von der Vereidigung aufgrund einer Kannvorschrift zu ersetzen; denn unter gebührender Beachtung des Vereidigungsgrundsatzes des § 59 StPO ist auch die Vereidigung des geschädigten Zeugen jederzeit zulässig.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Strafkammer bei der gebotenen nochmaligen Entscheidung über die Vereidigung des Zeugen zu der Auffassung gelangt wäre, dieser müsse seine Aussage beschwören. Der Senat kann für diesen Fall weiter nicht ausschließen, daß die Aussage des Zeugen im Hinblick auf die erhöhte Strafdrohung wegen Meineids für den Angeklagten günstiger ausgefallen wäre. Abgesehen davon kann die Verteidigung durch die unterbliebene erneute Entscheidung über die Vereidigung irregeführt worden sein und deshalb weiteres Vorbringen und Anträge unterlassen haben (BGHR StPO § 60 Nr. 2 Tatbeteiligung 4).
Die durch diesen Rechtsfehler veranlaßte Aufhebung erfaßt alle Fälle, in denen der Zeuge A. als Beweismittel in Betracht kommt.
3. Die weiteren Verfahrensrügen sind, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 12. September 1994 zutreffend dargelegt hat, unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Sie gründen sich auf das angebliche Unterlassen von Prozeßhandlungen seitens des Gerichts; die Sitzungsniederschrift weist indessen deren Vornahme aus.
4. Nach der teilweisen Aufhebung des Urteils und dem dadurch bedingten Wegfall der entsprechenden Einzelstrafen kann auch die Gesamtstrafe keinen Bestand haben.
Fundstellen
Haufe-Index 2993290 |
BGHR StPO § 59 S. 1 Entscheidung, fehlende 6 |
DRsp IV(448)172Nr. 10a |
NStZ 1995, 244 |
wistra 1995, 109 |
StV 1995, 1 |