Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 20.09.2003) |
Tenor
Auf die Revisonen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 20. September 2003 im Ausspruch über die Anordnung des Verfalls von 18.000 Euro bezüglich des Angeklagten B. und 25.000 Euro bezüglich des Angeklagten T. aufgehoben. Diese Maßnahmen entfallen.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Die Angeklagten haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten B. wegen Zuhälterei in vier Fällen, wegen unerlaubten Erwerbs einer Schußwaffe zum Zwecke der Weitergabe an Nichtberechtigte, wegen Nötigung und wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Den Angeklagten T. hat es wegen Vergewaltigung, schweren Menschenhandels und Zuhälterei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Im übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen. Hinsichtlich des Angeklagten B. hat es gleichzeitig den Verfall eines Geldbetrages von 18.000 Euro und hinsichtlich des Angeklagten T. den Verfall eines Geldbetrages von 25.000 Euro angeordnet.
Die Rechtsmittel führen zur Aufhebung der Verfallsanordnungen, im übrigen sind sie aus den Erwägungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Die Anordnungen des Verfalls von Wertersatz gem. §§ 73, 73a StGB halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Solchen Anordnungen steht schon § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegen. Bei den von der Zuhälterei bzw. dem schweren Menschenhandel betroffenen Frauen handelt es sich um Verletzte im Sinne dieser Vorschrift (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2004 – 2 StR 474/03; BGH, Beschl. vom 2. Juli 2003 – 5 StR 182/03 und vom 18. Dezember 2003 – 5 StR 275/03; BGH NStZ 2003, 533; StraFo 2004, 248), weil ihnen aus diesen Taten Schadensersatzansprüche gemäß §§ 823 Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 181a Abs. 1, 181 Abs. 1 Nr. 1 StGB gegen die Angeklagten zustehen. Jedenfalls nach der durch § 1 Prostitutionsgesetz getroffenen Wertentscheidung sind weder die Rechtsgeschäfte im Zusammenhang mit der Prostitutionsausübung gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig und nichtig, noch sind rechtliche Hinderungsgründe ersichtlich, wonach Prostituierte rechtswidrige Einbußen ihres jedenfalls auch aus den Prostitutionserlösen bestehenden Vermögens nicht im Wege eines Schadensersatzanspruches geltend machen können (vgl. BGH NStZ 2003, 533). Da die Strafvorschriften der §§ 181, 181a StGB das Selbstbestimmungsrecht der Prostituierten schützen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 181 Rdn. 2 und § 181a Rdn. 2) und § 181a StGB sie darüberhinaus vor finanzieller Abhängigkeit und Ausbeutung durch den Zuhälter bewahren will (vgl. BGHSt 42, 179, 180 f.), handelt es sich bei diesen um Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB.
Der Senat schließt aus, daß eine neue Hauptverhandlung zur Anordnung des Verfalls von Wertersatz führen kann.
Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, die Angeklagten teilweise von den durch ihre Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Unterschriften
Bode, Otten, Rothfuß, Fischer, Roggenbuck
Fundstellen