Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 14. März 2022 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagten im Fall II. 1. 6.) Fallakte 5 der Urteilsgründe verurteilt worden sind; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil in den Schuldsprüchen dahin geändert, dass schuldig ist
aa) der Angeklagte R. der Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und des gewerbsmäßigen Bandenbetruges in sieben Fällen,
bb) der Angeklagte I. des gewerbsmäßigen Bandenbetruges in sieben Fällen und der Urkundenfälschung in Tateinheit mit schwerer mittelbarer Falschbeurkundung.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in acht Fällen unter Freispruch im Übrigen, Auflösung einer anderweitigen Gesamtstrafe und Einbeziehung der dortigen Einzelstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Den Angeklagten I. hat es wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges in acht Fällen und Urkundenfälschung in Tateinheit mit schwerer mittelbarer Falschbeurkundung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zudem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. Die Angeklagten erheben mit ihren Revisionen die Sachrüge, der Angeklagte I. beanstandet zudem die Verletzung formellen Rechts. Die Rechtsmittel führen zu einer Teileinstellung des Verfahrens in Bezug auf eine Tat und einer entsprechenden Änderung der Schuldsprüche, haben darüber hinaus aber keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen ein, soweit die Angeklagten im Fall II. 1. 6.) Fallakte 5 - jeweils wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges - verurteilt worden sind.
Rz. 3
2. Der Wegfall der Tat führt zu einer entsprechenden Änderung der Schuldsprüche und entzieht den insofern verhängten Einzelstrafen von jeweils einem Jahr und drei Monaten die Grundlage. Diese entfallen. Die Gesamtfreiheitsstrafen bleiben davon unberührt, weil angesichts der jeweils verbleibenden acht Einzelstrafen auszuschließen ist, dass das Landgericht ohne die fortfallenden Strafen geringere Gesamtstrafen festgesetzt hätte.
Rz. 4
3. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen, wie vom Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften dargelegt, keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten erbracht. Näherer Ausführungen bedarf allein der den Angeklagten I. betreffende Schuldspruch wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit schwerer mittelbarer Falschbeurkundung.
Rz. 5
a) Nach den vom Landgericht hierzu getroffenen Feststellungen erwarb der Angeklagte I. eine GmbH, nutzte dabei gegenüber dem Notar einen fiktiven Namen und legte einen entsprechend gefälschten kroatischen Personalausweis vor. Nach dem Vertragsschluss teilte der Notar die Übertragung dem Handelsregister mit, in dem die Änderung erfasst wurde. Das Vorgehen diente dazu, die nachfolgenden Betrugstaten vorzubereiten.
Rz. 6
b) Danach liegt eine Urkundenfälschung gemäß § 267 Abs. 1 StGB vor, weil der Angeklagte zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte oder verfälschte Urkunde, nämlich den gefälschten Ausweis, gebrauchte. Hinzu tritt eine schwere mittelbare Falschbeurkundung nach § 271 Abs. 1 und 3 StGB.
Rz. 7
aa) Der notarielle Vertrag stellt eine öffentliche Urkunde dar (vgl. BGH, Beschluss vom 14. August 1986 - 4 StR 400/86, BGHR StGB § 348 Abs. 1 Notar 1; Urteil vom 10. Juni 2016 - V ZR 295/14, WM 2018, 475 Rn. 6). Der darin genannte Name des Angeklagten war unrichtig. Auf ihn bezog sich auch der öffentliche Glaube der Urkunde, also die volle Beweiskraft für und gegen jedermann (vgl. BGH, Beschluss vom 6. August 2004 - 2 StR 241/04, BGHR StGB § 348 Abs. 1 Notar 6; Urteile vom 8. Januar 1992 - 3 StR 391/91, wistra 1992, 181; vom 13. September 1989 - 3 StR 150/89, juris Rn. 1, 28 f.; RG, Urteil vom 5. Dezember 1927 - III 658/27, RGSt 61, 410, 413; offen gelassen von BGH, Beschluss vom 7. Juni 2021 - 1 StR 314/20, juris Rn. 26 mwN; Urteil vom 29. September 2010 - XII ZR 41/09, NJW 2011, 778 Rn. 18 mwN).
Rz. 8
bb) Das Qualifikationsmerkmal der Bereicherungsabsicht (§ 271 Abs. 3 StGB) ist gegeben. Hierfür ist nicht erforderlich, dass der Täter sich oder einen Dritten unmittelbar durch die mittelbare Falschbeurkundung bereichern will. Vielmehr genügt, dass es zu der bei Tatbegehung bezweckten Vermögensmehrung mittels der falschen Urkunde durch folgende Taten kommen soll (im Ergebnis ebenso BGH, Urteil vom 17. Oktober 2019 - 3 StR 521/18, NJW 2020, 1080 Rn. 15; demgegenüber MüKoStGB/Erb, 4. Aufl., § 271 Rn. 71; LK/Zieschang, StGB, 12. Aufl., § 271 Rn. 94). Dies ergibt sich aus Folgendem:
Rz. 9
Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es darauf an, dass der Täter in der Absicht handelt, sich oder einen Dritten zu bereichern. Eine Beschränkung auf eine unmittelbar durch das Urkundsdelikt herbeigeführte Bereicherung ergibt sich daraus nicht. Vielmehr kommen auch mittelbare Vorteile in Betracht (vgl. - zur „gewinnsüchtigen Urkundenfälschung“ - bereits RG, Urteil vom 5. Juli 1928 - III 430/28, RGSt 62, 218, 220 f.; SSW-StGB/Wittig, 5. Aufl., § 271 Rn. 32; aA SK-StGB/Hoyer, 9. Aufl., § 271 Rn. 33). Somit reicht es aus, dass die Tat als Mittel zur Erlangung des Vermögensvorteils dienen soll. Dies ist der Fall, wenn sie im Bewusstsein des Täters mit einem erstrebten Vermögensvorteil im Zusammenhang steht (s. BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 698/86, BGHSt 34, 299, 303; vgl. auch NK-StGB/Puppe/Schumann, 5. Aufl., § 271 Rn. 62). Motiv für die an § 203 Abs. 6 StGB angelehnte Qualifikation ist die höhere Verwerflichkeit der mittelbaren Falschbeurkundung zu wirtschaftlichen Zwecken (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juli 1993 - 5 StR 303/93, NStZ 1993, 538, 539; BT-Drucks. 13/8587 S. 39). Für diese ist nicht entscheidend, ob dazu nach Vorstellung des Täters noch weitere Zwischenschritte - wie etwa der Einsatz der Urkunde bei einer anderen Straftat - erforderlich sind. Es stellt sogar gewissermaßen den Regelfall des Qualifikationsmerkmals dar, dass die Vermögenslage gerade mit Hilfe und unter Benutzung der falschen Beurkundung günstiger gestaltet werden soll (s. BGH, Urteil vom 26. Februar 1987 - 1 StR 698/86, BGHSt 34, 299, 302 f.).
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Fundstellen
Dokument-Index HI15636761 |