Verfahrensgang
LG Krefeld (Urteil vom 25.05.2004) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 25. Mai 2004
- aufgehoben im Fall II. 2. 21 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen,
- dahin geändert, daß der Angeklagte wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in sieben Fällen unter Einbeziehung der Strafen aus den Urteilen des Amtsgerichts Düsseldorf vom 14. Februar 2002 (112 Ds 411 Js 609/01) und des Amtsgerichts Krefeld vom 26. März 2002 (20 Ds 11 Js 1265/01 – 278/01) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in 13 Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt ist.
2. Die Sache wird, soweit sie den Fall II. 2. 21 der Urteilsgründe betrifft, an das Amtsgericht Düsseldorf verwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
4. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in acht Fällen unter Einbeziehung von zwei Vorstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls in 13 Fällen zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten hat nur in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen, geringen Umfang Erfolg; im übrigen ist es im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
1. Die Rüge, die Schöffen hätten von den im Verfahren nach § 249 Abs. 2 StPO eingeführten Urkunden keine Kenntnis nehmen können, ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Revision teilt nur mit, wieviel Blatt der Verfahrensakten im Selbstleseverfahren eingeführt wurden. Um dem Senat die Prüfung zu ermöglichen, ob die Sitzungspause für eine Kenntnisnahme durch die Schöffen ausreichen konnte, hätte es hier zumindest einer näheren Beschreibung des Umfangs der Urkunden bedurft.
2. Die Verurteilung im Fall II. 2. 21 – Tat vom 6. Juli 1999 – kann nicht bestehen bleiben.
Das Landgericht Krefeld war für die Entscheidung nicht zuständig. Die Verbindung von Strafsachen, die nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit betrifft, kann nicht durch eine Vereinbarung der beteiligten Gerichte nach § 13 Abs. 2 StPO geschehen. Eine die sachliche Zuständigkeit verändernde Verbindung kann nur durch Entscheidung des oberen Gerichts – hier des Oberlandesgerichts Düsseldorf – herbeigeführt werden (§ 4 Abs. 2 StPO). Daran fehlt es, so daß die Verbindung der beiden Verfahren unwirksam ist (vgl. BGHR StPO § 4 Verbindung 9 m. w. N., 12). Das Verfahren ist danach noch bei dem Amtsgericht Düsseldorf anhängig, das auch noch über die Eröffnung des Verfahrens zu entscheiden hat. Zwar hat das Landgericht Krefeld die bei dem Amtsgericht Düsseldorf erhobene Anklage vom 18. Dezember 2002, die ihm das Amtsgericht zur Übernahme und Verbindung vorgelegt hat, durch Beschluß vom 19. Mai 2004 zugelassen und die Sache mit dem bei ihm anhängigen, bereits eröffneten Verfahren verbunden. Der in der übernommenen Sache erlassene Eröffnungsbeschluß entbehrt jedoch – da die Anklage an das Amtsgericht Düsseldorf gerichtet war – der notwendigen Grundlage und ist gegenstandslos (vgl. BGH, Beschl. vom 20. Dezember 2001 – 2 StR 493/01). Die Sache ist insoweit nicht bei dem Landgericht Krefeld rechtshängig geworden. Das Verfahren war deshalb, soweit es den Fall II. 2. 21 betrifft, entsprechend § 355 StPO an das Amtsgericht Düsseldorf zu verweisen (vgl. BGHR StPO § 4 Verbindung 9 m. w. N.).
3. Im übrigen weist das Urteil im Schuldspruch sowie im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und die ihr zugrundeliegenden Einzelstrafen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
4. Trotz der Aufhebung der Verurteilung im Fall II. 2. 21 kann die erste Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten bestehen bleiben.
a) Die übrigen Einzelstrafen sind jeweils rechtsfehlerfrei festgesetzt. Vom Wegfall des Schuldspruchs im Fall II. 2. 21 sind sie nicht beeinflußt.
b) Der Senat kann angesichts der bei der Gesamtstrafenbildung weiterhin zu berücksichtigenden Einzelstrafen (dreimal zwei Jahre und sechs Monate, dreimal zwei Jahre und drei Monate, einmal zwei Jahre, einmal ein Jahr und sechs Monate, einmal sieben Monate) und des damit für die Gesamtstrafenbildung eröffneten Strafrahmens von zwei Jahren und sieben Monaten bis zu 18 Jahren und drei Monaten) mit Sicherheit – unter maßgeblicher Berücksichtigung der Sicht des Tatgerichts (vgl. hierzu BVerfG – Kammer – NStZ 2004, 273) – ausschließen, daß das Landgericht eine noch geringere Gesamtstrafe gebildet hätte, wenn es dabei nur diese Einzelstrafen – und nicht zusätzlich noch die für den Fall II. 2. 21 erkannte Einzelstrafe von zwei Jahren – zugrundegelegt hätte. Damit beruht der Strafausspruch auf dem Rechtsfehler nicht.
c) Dem Senat wäre – wenn er ein Beruhen des Strafausspruchs auf dem Rechtsfehler nicht hätte ausschließen können – auch eine Entscheidung nach § 354 Abs. 1 a Satz 1 StPO möglich gewesen (vgl. BGH NJW 2005, 913). Der Senat hält die vom Landgericht hier ausgesprochene Strafe im Sinne dieser Vorschrift für angemessen.
d) Der Angeklagte ist nicht dadurch beschwert, daß durch die Senatsentscheidung die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten rechtskräftig wird, obwohl das Verfahren wegen der Tat Fall II. 2. 21 noch nicht abgeschlossen ist. Zwar wäre das Amtsgericht Düsseldorf, an welches das Verfahren wegen dieser Tat verwiesen wird, nicht gehindert, bei Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten diesen wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls zu verurteilen und dafür eine Strafe von bis zu zwei Jahren zu verhängen (vgl. § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO). Indes müßte sodann – unter Auflösung der durch die vorliegende Entscheidung rechtskräftig gewordenen Gesamtfreiheitsstrafe – erneut eine Gesamtfreiheitsstrafe aus der vom Amtsgericht Düsseldorf neu verhängten und den neun rechtskräftigen Einzelstrafen gebildet werden. Diese könnte wegen § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO wiederum nicht höher sein als drei Jahre und sechs Monate.
Das Verbot der Schlechterstellung schützt den Angeklagten, der allein Revision eingelegt hat, vor einer höheren Bestrafung. Es läßt auch eine Verfahrensbeendigung vor dem Amtsgericht Düsseldorf nach § 154 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 StPO als sachdienlich erscheinen – eine Entscheidung, die der Senat selbst nicht treffen kann, da die Sache nicht bei ihm anhängig geworden ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Der Erfolg des Rechtsmittels besteht allein darin, daß die Verurteilung wegen einer Tat aufgehoben worden ist und möglicherweise nicht erneut erfolgen wird. Dieser geringfügige Teilerfolg läßt es nicht unbillig erscheinen, den Angeklagten mit den gesamten Kosten des Rechtsmittels zu belasten (vgl. BGH NJW 2004, 3788).
Unterschriften
Tolksdorf, Winkler, Pfister, von Lienen, Hubert
Fundstellen
Haufe-Index 2556806 |
NStZ 2005, 464 |
StV 2005, 646 |
StraFo 2005, 343 |