Verfahrensgang
LG Hannover (Urteil vom 26.03.2001) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 26. März 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls, Hehlerei, Begünstigung und Urkundenfälschung in drei Fällen unter Einbeziehung einer Verwarnung mit Strafvorbehalt aus einem weiteren Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine Maßregel gemäß §§ 69, 69 a StGB verhängt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügt, hat mit der Rüge der Verletzung des § 258 Abs. 2 und 3 StPO Erfolg.
Dem Angeklagten wurde nach den Schlußvorträgen der Staatsanwaltschaft und des Verteidigers das letzte Wort nicht gewährt. Dies ist durch den Inhalt der Sitzungsniederschrift bewiesen (§ 274 StPO). Das Protokoll weist lediglich aus, daß „nach dem Schluß der Beweisaufnahme der Vertreter der Staatsanwaltschaft und sodann der Angeklagte und der Verteidiger zu ihren Ausführungen und Anträgen das Wort erhielten”. Sodann ist in der Sitzungsniederschrift im einzelnen festgehalten, welche Anträge der Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger stellten. Daß dem Angeklagten im Anschluß daran persönlich das letzte Wort erteilt worden ist, ist nicht vermerkt. Da die Erteilung des letzten Wortes als eine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens nur durch das Protokoll bewiesen werden kann (BGHSt 22, 278, 280), kommt es auf die dienstlichen Erklärungen des Vorsitzenden und der Protokollführerin, wonach dem Angeklagten tatsächlich das letzte Wort erteilt worden sei, nicht an. Die nach Eingang der Revisionsbegründung erfolgte Protokollberichtigung würde der zulässig erhobenen Verfahrensrüge den Boden entziehen und darf deshalb bei der Revisionsentscheidung nicht berücksichtigt werden (BGHSt 34, 11, 12; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 45. Aufl. § 271 Rdn. 26).
Auf dem damit erwiesenen Verfahrensfehler kann das Urteil gegen den die Tatvorwürfe bestreitenden Angeklagten beruhen (§ 337 StPO). Der Senat vermag nicht auszuschließen, daß sich der Angeklagte nach Erteilung des letzten Wortes noch geäußert hätte und das Landgericht in allen Fällen der Verurteilung zu einer für ihn günstigeren Entscheidung gekommen wäre (vgl. BGHSt 22, 278, 280 f.; Engelhardt in KK 4. Aufl. § 258 Rdn. 37).
Zu der Anregung des Revisionsführers, das Verfahren gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen, bemerkt der Senat, daß die Behandlung der durchweg haltlosen Befangenheitsanträge durch die Vertreterkammer hierzu keinen Anlaß gibt.
Unterschriften
Tolksdorf, Rissing-van Saan, Pfister, von Lienen, Becker
Fundstellen
Haufe-Index 2559867 |
wistra 2002, 308 |
StV 2002, 530 |