Verfahrensgang
Tenor
Der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Wuppertal hat über den Antrag der Staatsanwaltschaft Wuppertal vom 16. Juni 2003 zu entscheiden.
Gründe
Der Generalbundesanwalt hat ausgeführt:
„1. Die Staatsanwaltschaft Wuppertal hat bei dem Amtsgericht Wuppertal beantragt, die molekulargenetische Untersuchung einer in ihrem Bezirk aufgefundenen und asservierten Blutspur anzuordnen. Das angerufene Amtsgericht hat diesen Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, es sei örtlich nicht zuständig. Im vorliegenden Fall bedürfe es keiner Entnahme von Körperzellen und eine richterliche Anordnung sei nur hinsichtlich der Untersuchung notwendig. Die Vollziehung finde am Sitz des Instituts statt. Das von der Staatsanwaltschaft sodann angerufene Amtsgericht Köln hat seine Zuständigkeit gleichfalls verneint und zur Begründung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verwiesen.
2. Die Voraussetzung einer Gerichtsstandsbestimmung durch den Bundesgerichtshof gemäß § 14 StPO sind gegeben.
3. Zuständig ist hier das Amtsgericht Wuppertal (§ 162 Abs. 1 Satz 1 StPO).
a) Gemäß § 81f Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 StPO gilt der Richtervorbehalt auch für die Anordnung der molekulargenetischen Untersuchung von Spurenmaterial (§ 81e Abs. 2 StPO) in solchen Fällen, in denen ein Beschuldigter noch nicht ermittelt worden ist (LR-Krause StPO § 81f Rdnr. 8).
b) Für die Anordnung der Entnahme von Körperzellen und ihrer anschließenden molekulargenetischen Untersuchung zur Feststellung des DNA-Musters ist örtlich der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts am Entnahmeort zuständig; dies gilt auch dann, wenn die Untersuchung der Körperzellen im Bezirk eines anderen Amtsgerichts erfolgen soll (Senat NJW 2000, 1204; Beschluss vom 25. Februar 2000 – 2 ARs 24/2000 –). Dies begründet sich daraus, dass Entnahme und Untersuchung zusammen eine einheitliche Untersuchungshandlung bilden. Die Entnahme hat ohne nachfolgende Untersuchung keinen Sinn, die Untersuchung ist ohne vorangegangene Entnahme nicht möglich. Die beantragte richterliche Untersuchung nimmt mit der Entnahme der Körperzellen ihren Anfang. Entnahme und Untersuchung stellen sich rechtlich als einheitliche Untersuchungshandlung dar, die auf die Gewinnung auch nur eines Erkenntnisses gerichtet ist (BGH StV 1999, 302). Dementsprechend wird auch im Falle der freiwilligen Abgabe einer Speichelprobe die örtliche Zuständigkeit bestimmt. Auch dort wird im Hinblick auf Teilakte einer einheitlichen Untersuchungshandlung auf den Ort der Körperzellenentnahme abgestellt. Der Umstand, dass die Untersuchung der Körperzellen in einem anderen amtsgerichtlichen Bezirk durchgeführt wird, hat keinen Einfluss auf die örtliche Zuständigkeit (OLG Düsseldorf NJW 2002, 1814; BGH StV 1999, 302 mit Verweis auf die Entscheidung des AG Bad Kreuznach NJW 1999, 303).
§ 81e Abs. 2 i.V.m. § 81f Abs. 1 StPO kommt auch bei beschlagnahmtem Spurenmaterial zur Anwendung, bei dem eine richterliche Bestätigung gemäß § 98 Abs. 2 StPO erforderlich wird. Auch in diesem Fall können keine zwei isoliert betrachtete richterliche Untersuchungshandlungen angenommen werden. Beschlagnahme und Untersuchung stellen sich rechtlich als einheitliche Untersuchungshandlung dar mit der Folge, daß ebenfalls der Ermittlungsrichter am Ort der Beschlagnahme zuständig ist.
Die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters am Sitz der Untersuchungseinrichtung ergibt sich in keinem der Fälle.
Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich davon, dass der angestrebten Untersuchung nicht die (freiwillige) Entnahme oder die Beschlagnahme von Körperzellen zugrunde liegt, sondern bereits vorhandenes Spurenmaterial untersucht werden soll. Die oben genannten Entscheidungen gelten indes auch für den hier vorliegenden Fall von aufgefundenem Spurenmaterial. Auch bei Spurenmaterial nimmt die Untersuchungshandlung ihren Anfang mit der Aufnahme der Körperzellen, die auf spätere Gewinnung der DNA-Erkenntnisse gerichtet ist. Die Sicherstellung und die Asservierung leiten die molekulargenetische Untersuchung als Vorstufe ein. Dass für aufgefundenes und sichergestelltes Material keine richterliche Anordnung im Hinblick auf die Asservierung gesetzlich vorgeschrieben ist, steht dem nicht entgegen.
Aus § 81f Abs. 1 Satz 3 StPO folgt, dass es nicht gerechtfertigt ist für aufgefundenes Spurenmaterial eine Zuständigkeit des Ermittlungsrichters am Sitz der Untersuchungseinrichtung anzunehmen (a. A.: KK-Senge StPO § 81f Rdnr. 3a; LR-Krause StPO 25. Aufl. § 81f Rdnr. 5). Denn erst in der schriftlichen Anordnung des Ermittlungsrichters ist der für die Untersuchung zu beauftragende Sachverständige zu bestimmen. Das Bestimmungsrecht liegt ausschließlich beim Richter, der Staatsanwaltschaft steht ein bloßes Vorschlagsrecht zu (BR-Drucks. 729/93 S. 13; Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 81f Rdnr. 3; KK-Senge StPO 5. Aufl. § 81f Rdnr. 3). Vor der Entscheidung über die Anordnung steht somit der Untersuchungsort noch nicht fest, so dass der Sitz des von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagenen Instituts die örtliche Zuständigkeit des Ermittlungsrichters nicht begründen kann. In seinem Beschluss vom 22. Juli 2003 ging das Amtsgericht Wuppertal fälschlicherweise davon aus, dass die Untersuchung in Köln stattfindet. Die Untersuchungseinrichtung zu benennen ist aber erst Aufgabe des Amtsgerichts (§ 81f Abs. 1 Satz 3 StPO).
Bei einer Untersuchung zwecks Spurenvergleichs (§ 81e StPO) bietet auch der Auffindeort des Spurenmaterials eine größere Sachnähe zum laufenden Ermittlungsverfahren als der Sitz der in Aussicht genommenen Sachverständigeninstitution (OLG Düsseldorf NJW 2002, 1814). Eine Konzentrierung der Verfahren beim Ermittlungsrichter am Sitz der Untersuchungseinrichtung erscheint auch unzweckmäßig.”
Dem tritt der Senat bei.
Unterschriften
Bode, Otten, Rothfuß, Fischer, Roggenbuck
Fundstellen
Haufe-Index 2557631 |
NStZ 2004, 689 |
wistra 2004, 350 |