Entscheidungsstichwort (Thema)
fahrlässige Tötung
Tenor
1. Der Beschluß des Landgerichts München I vom 20. Februar 2001, mit dem die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19. Oktober 2000 als unzulässig verworfen worden ist, wird aufgehoben.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil und sein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand werden als unzulässig verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
1. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und eine Maßregel nach den §§ 69, 69 a Abs. 1 S. 2 StGB angeordnet.
Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte, der im Anschluß an die Urteilsverkündung und nach Rechtsmittelbelehrung auf die Einlegung eines Rechtsmittels verzichtet hat, Revision eingelegt; das Rechtsmittel hat er nicht begründet. Mit Beschluß vom 20. Februar 2001 hat das Landgericht das Rechtsmittel als unzulässig verworfen. Gegen diese ihm am 7. März 2001 zugestellte Entscheidung hat der Angeklagte mit Schreiben vom 11. März 2001, eingegangen beim Landgericht am 12. März 2001, die Entscheidung des Revisionsgerichts nach § 346 Abs. 2 StPO und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist beantragt.
2. Die Anträge bleiben erfolglos:
a) Der Beschluß des Landgerichts vom 20. Februar 2001 nach § 346 Abs. 1 StPO ist allerdings aufzuheben. Wegen des Rechtsmittelverzichts fehlt es an der Zuständigkeit des Tatgerichts für die Verwerfung der Revision (vgl. BGH NJW 1984, 1974, 1975; NStZ 1999, 526; NStZ-RR 1997, 173; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 346 Rdn. 2).
b) Die Revision des Angeklagten ist jedoch vom Revisionsgericht als unzulässig zu verwerfen, weil er nach Urteilsverkündung wirksam auf dieses Rechtsmittel verzichtet hat (§ 302 Abs. 1 Satz 1 StPO).
aa) Wie sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll (Sachakten Bd. III Bl. 727) ergibt, hat der Angeklagte erklärt, er nehme das Urteil an und verzichte auf Rechtsmittel. Diese Erklärung nimmt an der Beweiskraft des Protokolls nach § 274 StPO teil, da sie gemäß § 273 Abs. 3 StPO vorgelesen und genehmigt wurde (st. Rspr.; vgl. BGHSt 18, 257, 258; BGH NJW 1997, 2691; BGH NStZ 1999, 364; s. auch Kleinknecht/Meyer-Goßner, aaO § 274 Rdn. 11 m.w.N.). Ein Mißverständnis infolge von Sprachschwierigkeiten des türkischen Angeklagten scheidet aus. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls (Sachakten Bd. III Bl. 705) hat der Angeklagte erklärt, „die deutsche Sprache besser als die türkische Sprache” zu beherrschen, und auf den (zunächst anwesenden) Dolmetscher verzichtet.
bb) Der Rechtsmittelverzicht kann als Prozeßhandlung nicht widerrufen, wegen Irrtums angefochten oder sonst zurückgenommen werden (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 1984, 181; 1999, 258, 259; 1999, 526; Senatsbeschluß vom 21. Dezember 2000 – 4 StR 530/00). Umstände, die Zweifel an der Wirksamkeit des Verzichts begründen könnten, oder Anhaltspunkte dafür, daß dem Angeklagten, der aktiv an der Verhandlung mitgewirkt hat, die genügende Einsichtsfähigkeit für seine Prozeßhandlung und deren Tragweite gefehlt hätte (vgl. BGHSt 17, 14, 18 f.; BGH NJW 1999, 2449, 2451; NStZ-RR 1997, 173), sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
cc) Der nach alledem wirksame Verzicht auf Rechtsmittel hat die Unzulässigkeit der Revision zu Folge. Er schließt zugleich jede Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (BGH NStZ 1997, 611, 612; 1999, 526; BGH, Beschluß vom 18. April 2001 – 2 StR 51/01), so daß auch der hierauf gerichtete Antrag des Angeklagten zu verwerfen ist.
Unterschriften
Meyer-Goßner, Tolksdorf, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Elf
Fundstellen