Entscheidungsstichwort (Thema)
gefährliche Körperverletzung
Tenor
Die Revisionen des Angeklagten und der Nebenklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 9. Dezember 1998 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils, auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zur Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Nach den Feststellungen hat sich der Angeklagte seiner geschiedenen Ehefrau im Gerichtsgebäude von hinten genähert und ihr ein Handbeil, das er bereits zweimal zuvor verdeckt zu Gerichtsterminen mitgebracht hatte, mit dessen stumpfer Seite mit großer Wucht auf den Hinterkopf geschlagen. Dabei erkannte er die Möglichkeit tödlicher Folgen, die er in diesem Moment billigte. Obwohl er nach dem ersten Schlag sah, daß seine Frau nicht tödlich verletzt war, ließ er das Beil sinken und rief nach einem Notarzt. Aufgrund einer organisch bedingten Wesensveränderung und einer darauf beruhenden Persönlichkeitsstörung war der Angeklagte, der „völlig außer sich” war und „mit überschlagender Stimme laut herumschrie”, in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich eingeschränkt.
I.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision der Nebenklägerin ist unbegründet. Ausgehend von den rechtsfehlerfrei zustandegekommenen Feststellungen ist die Annahme des Landgerichts, der Tötungsversuch sei unbeendet gewesen und der Angeklagte habe die weitere Tatausführung freiwillig aufgegeben, nicht zu beanstanden.
a) Maßgebend für die Beurteilung, ob ein beendeter oder unbeendeter Versuch vorliegt, ist nicht ein bestimmter Tatplan und wieweit dieser bereits verwirklicht wurde, sondern, ob der Täter nach der letzten von ihm konkret vorgenommenen Ausführungshandlung den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges für möglich hält (Rücktrittshorizont; st. Rspr.; vgl. Tröndle in Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 24 Rdn. 4a). Auch wenn der Täter bei der Tathandlung davon ausgegangen war, er werde sein Opfer möglicherweise tödlich treffen, können dem anschließenden Opferverhalten Umstände entnommen werden, welche die Wertung des Gerichts rechtfertigen, der Täter habe bei Beendigung der Tathandlung einen tödlichen Erfolg nicht (mehr) für möglich gehalten (BGH NStZ 1999, 299).
Das Landgericht hat berücksichtigt, daß es sich aus der Sicht des Angeklagten um eine an sich „lebensgefährliche Aktion” handelte, daß aber das zu Boden gegangene Opfer nicht blutete, „darüber hinaus vielmehr lautstark um Hilfe schrie”. Der daraus gezogene Schluß, für den Angeklagten habe „sich die Lage so dargestellt, daß (seine Frau) durch den Schlag mit dem Beil nicht so verletzt worden war, daß hierdurch ihr Tod hervorgerufen würde”, ist als zulässige Würdigung des der Tathandlung folgenden Geschehens aus Rechtsgründen nicht angreifbar.
b) Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte nach dem ersten nicht für tödlich gehaltenen Schlag ausreichend Zeit und Gelegenheit, erneut mit dem Beil zuzuschlagen, bevor hilfsbereite Personen hinzukamen. Nichts spricht bei dieser Sachlage gegen die vom Landgericht angenommene freiwillige Abstandnahme von der Tatvollendung.
II.
Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision des Angeklagten greift weder mit der Verfahrens- noch mit der Sachrüge durch.
1. Der Verfahrensrüge liegt folgendes zugrunde: Der Angeklagte hatte in der Hauptverhandlung beantragt, ein „psychoanalytisches” Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Nedopil einzuholen mit der Behauptung, der Angeklagte habe entgegen der Annahme der bisher gehörten Gutachter die Tat nicht im Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit begangen, ein solcher Zustand sei aber nicht auszuschließen.
Ein solches Beweisergebnis wäre bedeutsam gewesen, weil dann § 21 StGB nach dem Zweifelssatz bei der Strafzumessung wirksam geworden wäre, die Voraussetzungen für eine Unterbringung aber nicht mehr vorlägen. Es liegt nahe, in dem Antrag einen Beweisermittlungsantrag zu sehen. Denn es ist keine Beweistatsache benannt worden, sondern lediglich das Beweisziel; dabei aber handelt es sich um die vom Landgericht zu entscheidende Rechtsfrage (BGHSt 43, 67 f.), ob die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten erheblich vermindert war. Hier kann ausnahmsweise anderes gelten. Denn Grundlage dieses „Beweisantrages” war eine allen Beteiligten bekannte schriftliche Äußerung des Prof. Dr. Foerster, in der er das psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. Baer sowie das psychologische Zusatzgutachten der Dipl. Psychologin Dr. Hartung einer kritischen Würdigung unterzogen hatte. Daraus ergab sich, aus welchen Tatsachen der Antragsteller das behauptete Ergebnis ableiten lassen wollte. Das Landgericht hat die bisherigen Gutachter auch zu diesen Einwänden gehört und danach den Antrag auf Erholung eines weiteren Sachverständigengutachtens abgelehnt, weil das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen sei (§ 244 Abs. 4 Satz 2 StPO).
Diese Entscheidung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Der Antrag zielt auf die Anhörung eines „weiteren Sachverständigen” im Sinne des § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO, also die Bestellung eines Gutachters gleicher Fachrichtung zur gleichen Beweisfrage. Daran ändert nichts, daß ein „psychoanalytisches” Gutachten beantragt ist: Denn es handelt sich hierbei um das Verlangen nach einem psychiatrischen Gutachter, der – wie schon der gehörte Sachverständige – zu den psychopathologischen Merkmalen der §§ 20, 21 StGB unter der psychoanalytischen Perspektive Stellung nehmen soll. Im Verhältnis zu dem psychiatrisch/psychologischen Sachverständigen gehört er nicht einer anderen Fachrichtung an. Allein die Unterschiede in der Betrachtungsweise der gestellten Aufgabe – Einbeziehung der psychoanalytischen Sozialisationslehre und Auseinandersetzung mit der Rolle des Unbewußten für die Schuldfähigkeit – rechtfertigen nicht die Annahme, der Psychoanalytiker solle sich zu einem von der Sachkompetenz des Psychiaters nicht voll abgedeckten Gesichtspunkt des Beweisthemas äußern.
b) Das Landgericht hätte den Beweisantrag unter Hinweis auf das bewiesene Gegenteil nicht ablehnen dürfen, wenn (1.) die Sachkunde der bisherigen Gutachter zweifelhaft ist, wenn (2.) deren Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen, wenn sie (3.) Widersprüche enthalten oder wenn (4.) dem neuen Sachverständigen überlegene Forschungsmittel zur Verfügung stehen.
Widersprüche in den bisherigen Gutachten oder überlegene Forschungsmittel des weiteren Sachverständigen werden nicht dargetan. Letztlich wird die Sachkunde von Prof. Dr. Baer und Dr. Hartung angezweifelt und behauptet, sie seien bei Gutachtenerstattung (auch deswegen) von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgegangen.
aa. Gründe, allgemein an der Sachkunde der gehörten Sachverständigen zu zweifeln, hat das Landgericht im Hinblick auf deren langjährige, auch forensisch weit überdurchschnittliche Erfahrung nicht gesehen. Anlaß zu Zweifeln hätte der Tatrichter haben können, wenn sich ein Sachverständiger geweigert hätte, seine Methoden offen zu legen, wenn er seine Meinung ohne einleuchtende Erklärung geändert hätte oder wenn er von anerkannten oder der Rechtsprechung gebilligten wissenschaftlichen Kriterien abgewichen wäre (vgl. BGH StV 1989, 335 f.; Herdegen in KK 4. Aufl. § 244 Rdn. 33). Auch letzteres konnte die Revision nicht dartun.
Die Sachverständigen haben in der Hauptverhandlung auf die kritische Würdigung ihrer Gutachten durch Prof. Dr. Foerster eingehend erwidert und (wie sich aus den Urteilsgründen ergibt) ihre Auffassung dargelegt und begründet.
- Bei der Diagnose, daß bei dem Angeklagten bei der Tat eine krankhafte seelische Störung im Sinne der §§ 20, 21 StGB vorlag, ist die Verwendung unterschiedlicher Begriffsbezeichnungen („organische Wesensveränderung” und darauf beruhende krankhafte Persönlichkeitsstörung) jedenfalls in der Sache ohne Bedeutung.
- Die unterlassene Einordnung der Störungen des Angeklagten an Hand der internationalen Klassifikation psychischer Störungen der WHO belegt nicht die mangelnde Sachkunde eines Sachverständigen. Die Klassifikationssysteme wie DSM-IV oder ICD-10 haben keine Verbindlichkeit für die rechtliche Beurteilung unter dem Gesichtspunkt der Schuldfähigkeit (BGHSt 37, 397, 401; BGH NStZ 1995, 176, 177). Die Aufnahme eines bestimmten Krankheitsbilds in die Klassifikation ICD-10 besagt nichts über das Ausmaß psychischer Störungen (vgl. BGH NStZ 1997, 383). Gleichwohl weist eine solche Zuordnung in der Regel auf eine nicht ganz geringfügige Beeinträchtigung hin (BGH StV 1998, 342). Dies bedeutet allerdings nicht, daß es aus Rechtsgründen geboten ist – dies verlangt die Revision –, die Klassifikation generell „im Bereich der forensischen Psychiatrie und damit im Bereich der rechtlichen Überprüfung von Urteilen zugrundezulegen”.
- Auch mit dem Einwand – gestützt auf Prof. Dr. Foerster – „gänzlich unüblich, weil völlig veraltet, sei die (von der psychologischen Gutachterin getroffene und vom psychiatrischen Sachverständigen übernommene) Feststellung eines ‚organischen Rorschach-Syndroms’ nach Oberholzer/Piotrowski (1931/1937)”, zeigt die Revision nicht auf, daß die gehörten Sachverständigen mit den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht in Einklang stehen (BGH aaO). Denn auch in neueren Veröffentlichungen wird der Rorschach-Test als üblich (vgl. Rasch, Forensische Psychiatrie 2. Aufl. 1999 S. 346: „Die wohl bekannteste projektive Testmethode”) und geeignet bezeichnet zur Erkennung eines organischen Psycho-Syndroms – „Rorschach-Syndrom” (Böhm, Lehrbuch der Rorschach-Diagnostik 6. Aufl. 1990 S. 322 ff.; Lehrbuch klinischer Psychologie 1978, Herausgeber L.R. Schmidt S. 267; Psychodiagnostik psychischer Störungen 1994, Herausgeber R.G. Stieglitz S. 169: „Zur Identifikation von hirnorganischen Störungen sind die Kriterien von Piotrowski 1957 am besten bewährt”).
- Die Kennzeichnung als „krasser formaler Fehler”, daß der Sachverständige Prof. Dr. Baer im Beisein von Justizbeamten exploriert habe, beruht auf einer unangemessenen Überinterpretation des Vorganges, daß der Sachverständige den Angeklagten im Rausgehen gemeinsam mit den beiden Wachmeistern „im Sinne eines stützenden Gesprächs” aufgemuntert habe.
bb. Der Tatrichter hat im Rahmen der Beweiswürdigung – wenn auch mit sachverständiger Hilfe – das Vorliegen der medizinisch-psychiatrischen Anknüpfungspunkte für die Schuldfähigkeitsbeurteilung selbständig und eigenverantwortlich zu prüfen (BGH NStZ 1997, 278, 279). Ist ein Sachverständiger von unrichtigen Befundtatsachen ausgegangen oder hat er sie (möglicherweise) unzulänglich festgestellt, müßte das zur Annahme führen, er sei bei Gutachtenerstattung „von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen” im Sinne des § 244 Abs. 4 Satz 2 StPO ausgegangen (Herdegen aaO Rdn. 101). Ein Beweisantrag, der auf eine Korrektur der Befundtatsachen abzielt, darf deshalb nicht abgelehnt werden, wenn das Gericht nicht beurteilen kann, ob das Gutachten auf einer zutreffenden Befundtatsachenbasis beruht (BGHR StPO § 244 Abs. 4 Satz 2 Sachkunde 5). Das Revisionsgericht übernimmt aber keine inhaltliche Kontrolle der in der Hauptverhandlung erstatteten Gutachten (BGH NJW 1998, 3654, 3655).
cc. Der Inhalt der bisherigen Gutachten war – insbesondere unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umstände und des Verhaltens des Angeklagten – geeignet, dem Tatrichter ein für die Beweisfrage ausreichendes Wissen zu vermitteln. Denn auch die weiteren Einwände der Revision greifen nicht durch:
(1) Ein Sachverständiger hat in eigener Verantwortung über die Heranziehung von Unterlagen, seine Untersuchungsmethoden und den Umfang seiner Erhebungen zu entscheiden (vgl. BGHSt 44, 26, 33).
- Zur Erhebung und Aufarbeitung der gesamten – auch der frühkindlichen – persönlichen Entwicklung des Probanden, seiner familiären und sonstigen sozialen Bedingungen, Feststellung von Persönlichkeitsdefekten unter Einbeziehung von tiefenpsychologischen oder psychodynamischen Überlegungen, die Einfluß auf die soziale Anpassungsfähigkeit eines Individiums nehmen können (psychoanalytischer Ansatzpunkt), mag ein erheblicher Zeitaufwand angemessen sein. Solche Erkenntnisse, die für die Behandlungsfähigkeit und die Behandlungsbedürftigkeit des Probanden (insbesondere im Vollstreckungsverfahren) nützlich sein mögen, sind für die Entscheidung über die Befindlichkeit des Angeklagten vor, bei und nach der Tat weniger geeignet, weil sie über die konkrete Verknüpfung zwischen der Tat und seinem persönlichen Zustand und damit über seine Fähigkeit zu normgerechtem Verhalten nichts aussagen (vgl. Rasch aaO S. 141; ders. NStZ 1982, 177, 181; Jähnke in LK § 20 StGB Rdn. 70, 91). Wenn der Sachverständige Prof. Dr. Baer für die Diagnose der psychopathologischen Merkmale der §§ 20, 21 StGB einen Zeitaufwand von drei Stunden für Untersuchung und Exploration (sowie zusätzlichem Aktenstudium, Beobachtung in der Hauptverhandlung und Berücksichtigung eines testpsychologischen Gutachtens und von Zeugenaussagen) für ausreichend hielt, so unterliegt das nicht der Rechtskontrolle durch das Revisionsgericht.
- Wesentlich wendet sich die Revision auch dagegen, daß der Sachverständige Prof. Dr. Baer zur Feststellung der krankhaften seelischen Störung nicht weitergehende neurologische Befunde (z.B. Computertomogramm) erhoben hat. Warum die auch von Prof. Dr. Foerster vermißten neurologischen Untersuchungen zur Beschreibung der Hirnnervenfunktionen, des Reflexverhaltens, der Koordination und der Sensibilität (die regelmäßig angezeigt sein mögen) hier entbehrlich waren, hat der Sachverständige dargelegt: Ergebe sich ein neurologischer Befund, so werde dadurch das Ergebnis des Gutachtens gestützt; Normalwerte seien hier angesichts der sonstigen Gegebenheiten nicht geeignet, das Ergebnis der psychiatrischen Gutachten zu widerlegen oder zu beeinflussen. Auch ohne neurologischen Befund könne eine seelische Störung in Form einer organischen Wesensveränderung diagnostiziert werden. Wenn der Tatrichter diese fachliche Begründung des Sachverständigen für ausreichend hält, liegt darin kein vom Revisionsgericht zu beanstandender Rechtsfehler.
Entgegen der Behauptung der Revision steht die Begründung im übrigen nicht im Widerspruch zu anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Maßgebend ist nicht, ob Angaben zur Verursachung einer organisch bedingten psychischen Störung gemacht werden können, sondern ob eine solche zur Tatzeit in bedeutsamer Beziehung zur Tat vorgelegen hat. „Entscheidend ist das vorliegende psychopathologische Syndrom. Ist dieses schwerwiegend, so beeinflußt es die Beurteilung der Schuldfähigkeit auch dann, wenn z.B. die radiologischen Untersuchungen strukturelle Hirnveränderungen (noch) nicht erkennen lassen. Umgekehrt mag jemand radiologisch nachweisbar erhebliche Einbußen an Hirnsubstanz haben: Solange dies nicht zu Folgen auf der psychischen Ebene geführt hat, ist dieser organische Befund für die Beurteilung der Schuldfähigkeit ohne Bedeutung” (Kröber, Kriterien verminderter Schuldfähigkeit nach Alkoholkonsum, NStZ 1996, 569 f.).
(2) Das Landgericht hat sich – gestützt auf die sachverständigen Äußerungen – umfangreich mit der Persönlichkeit des Angeklagten befaßt; es hat – zutreffend – sein auf die Tat hinführendes und bei der Tat gezeigtes Verhalten in den Mittelpunkt gestellt und sein Nachtatverhalten und die zu erwartende Entwicklung berücksichtigt. Daß die Annahme einer „organischen Wesensänderung” eine „durch nichts belegte Behauptung” sei (so die Revision), trifft nicht zu. Zwei verschiedene psychologische Tests haben übereinstimmend Hinweise auf die hirnorganische Beeinträchtigung gegeben. Das vom Sachverständigen bei der Exploration und in der Hauptverhandlung festgestellte Verhalten des Angeklagten sowie dessen (physische) Koordinationsstörungen standen in Übereinstimmung mit den Testergebnissen. Die von der Revision vermißte umfassende „Gesamtschau anamnestischer Ergebnisse” ist den Urteilsgründen zu entnehmen.
c) Ein Fall, in dem trotz zulässiger Ablehnung nach § 244 Abs. 4 StPO Aufklärungsgesichtspunkte zur Erholung eines weiteren Gutachtens drängen (vgl. hierzu BGHSt 43, 26, 33), liegt hier nicht vor. Prof. Dr. Foerster hatte sich ohne Untersuchung und Begutachtung des Angeklagten lediglich zu fachlichen Anforderungen an psychologische und psychiatrische Gutachten geäußert. Nach Anhörung der Sachverständigen zu dessen Einwänden war das Landgericht zu der Auffassung gekommen, daß Sachkunde der bisherigen Sachverständigen und tatsächliche Voraussetzungen der Gutachten nicht zweifelhaft seien und diese dem Landgericht eine Entscheidung ermöglichten.
2. Auch die (allgemein erhobene) Sachrüge zeigt keinen Rechtsfehler auf.
Das Landgericht hat den Zustand erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit bei der Tat eindeutig belegt. Seine Annahme, dieser Zustand beruhe auf einem längerdauernden geistigen Defekt, es handele sich also nicht um ein einmaliges vorübergehendes Ereignis (vgl. hierzu Fischer in Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 63 Rdn. 2b), ist ohne Rechtsfehler aufgezeigt worden. Das Landgericht konnte sich von der Fortdauer der zur Tat führenden krankhaften seelischen Störung aufgrund des Verhaltens des Angeklagten in der Untersuchungshaft und in der Hauptverhandlung auch selbst überzeugen.
Die Wahrscheinlichkeit künftiger gefährlicher Taten ist ohne Rechtsfehler bejaht worden. Diese Prognose beruht nicht allein auf dem Ergebnis psychologischer und psychiatrischer Untersuchungen. Das Landgericht hat mit den Sachverständigen wesentlich auf das Verhalten des Angeklagten und darauf abgestellt, daß nach wie vor „sein ganzes Denken und Streben weiterhin eng auf das ‚Finanzielle’ ausgerichtet ist” (sein Bedauern über die Tat beschränkt sich im wesentlichen auf den Umstand, daß er seiner geschiedenen Frau wegen deren schweren Verletzung jetzt noch länger Unterhalt zahlen muß). Der Angeklagte hatte sich aus kleinsten beruflichen Möglichkeiten durch größten Fleiß und Sparsamkeit ein kleines Vermögen erworben. Er mußte erleben wie ihm dies durch Scheidung, Unterhaltspflichten und die Kosten zahlreicher Prozesse geschmälert wurde. Damit konnte er sich nicht abfinden. Allein das sowie die Personen, denen er daran die Schuld gibt, beherrschen seine Gedanken. Bei dieser Sachlage mit Wahrscheinlichkeit künftige ähnliche gefährliche Angriffe („bis hin zur Tötung”) auf die Personen zu erwarten, die in Zugewinn- oder Unterhaltsfragen „ihn um sein Geld bringen” (Ehefrau, Anwälte, Justizangehörige), ist jedenfalls ein möglicher – sogar sehr naheliegender – Schluß des Tatrichters.
3. Da beide Rechtsmittel erfolglos waren findet eine gegenseitige Kostenerstattung nicht statt (BGHR StPO § 473 Abs. 1 Satz 3 Auslagenerstattung 1).
Unterschriften
Schäfer, Maul, Brüning, Wahl, Boetticher
Fundstellen
Haufe-Index 540010 |
NStZ 1999, 630 |
StV 2000, 118 |