Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 04.11.2020; Aktenzeichen 7 KLs 8/20 – 50 Js 37/20) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten C., A. und S. wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 4. November 2020
- in den Aussprüchen über die Einziehung des Wertes von Taterträgen dahin geändert, dass die Angeklagten und die Mitangeklagten F. und G. jeweils für den gesamten gegen sie erkannten Einziehungsbetrag als Gesamtschuldner haften;
- auch die Mitangeklagten betreffend im Ausspruch über die Einziehung der Umhängetasche Nike, der Banderole „4000 EUR”, der Tankquittung, des bläulichen Handtuchs, des schwarzen Turnbeutels mit gelbem Aufdruck und des weißen Stoffbeutels mit schwarzer Aufschrift aufgehoben; diese Entscheidung entfällt;
- im den Angeklagten A. betreffenden Ausspruch über die Einziehung des Handys iPhone weiß/gold, IMEI …, aufgehoben; diese Entscheidung entfällt;
- im den Angeklagten S. betreffenden Ausspruch über „die Einziehung eines Betrags von 3.260 EUR” dahin geändert, dass die Einziehung des sichergestellten Bargelds in dieser Höhe angeordnet wird.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagten wegen verschieden gelagerter Betrugstaten zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt und Einziehungsentscheidungen getroffen. Ihre jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlich Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils führt in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO zu folgenden Änderungen der Einziehungsentscheidungen:
Rz. 3
a) Soweit das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet hat, macht der Tenor nicht kenntlich, dass die Angeklagten jeweils in der gesamten Höhe des gegen sie erkannten Einziehungsbetrags als Gesamtschuldner haften. Nach den getroffenen Feststellungen verfügte jeder von ihnen über die ertrogene Tatbeute in allen Fällen – wenn auch in wechselnden Beteiligungen – jeweils mit wenigstens einem weiteren Mittäter. Hinzu kommt, dass die Gruppe den Großteil der Taterträge an die Hintermänner in der Türkei weiterleitete, so dass auch jene nachfolgend die faktische Verfügungsgewalt über die Beute hatten.
Rz. 4
Um eine doppelte Inanspruchnahme zu vermeiden, ist die Höhe der gesamtschuldnerischen Haftung für jeden Angeklagten in der Entscheidungsformel unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen. Der individuellen Benennung der anderen Gesamtschuldner bedarf es dabei nicht (st. Rspr.; s. etwa BGH, Beschluss vom 25. August 2021 – 3 StR 100/21, juris Rn. 11 mwN).
Rz. 5
Der Rechtsfehler betrifft auch die Mitangeklagten. Deshalb ist die Änderung gemäß § 357 Satz 1 StPO auf sie zu erstrecken.
Rz. 6
b) Die Urteilsfeststellungen belegen nicht die Voraussetzungen für die Einziehung der unter 1. b) der Beschlussformel genannten Gegenstände nach § 74 StGB. Der Generalbundesanwalt hat hierzu ausgeführt:
„Soweit die … weiteren Gegenstände eingezogen wurden, ist den Urteilsgründen weder zu entnehmen, in wessen Eigentum diese standen (zu diesem Erfordernis BGH, Beschluss vom 21. März 2011 – 4 StR 43/11, BeckRS 2011, 7096) noch inwiefern diese – insbesondere das Handtuch – als Tatmittel zum Einsatz kamen oder zumindest kommen sollten. Diese Entscheidung ist daher aufzuheben.”
Rz. 7
Dem verschließt sich der Senat nicht. Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat die Entscheidung zu entfallen. Auch diese Änderung ist nach § 357 Satz 1 StPO auf die Mitangeklagten zu erstrecken.
Rz. 8
c) Ebenfalls keinen Bestand hat die Einziehung des in der Wohnung des Angeklagten A. sichergestellten iPhones. Dieses hat die Strafkammer eingezogen, weil sie davon ausgegangen ist, dass es für die Kommunikation bei künftigen Straftaten hätte Verwendung finden sollen. Damit sind weder die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 und 2 StGB noch diejenigen des § 74b Abs. 1 StGB belegt. Denn auch die Sicherungseinziehung setzt voraus, dass es sich bei den einzuziehenden Gegenständen um solche im Sinne des § 74 Abs. 1 oder 2 StGB handelt, mithin um Tatprodukte, Tatmittel oder Tatobjekte (BGH, Beschlüsse vom 2. März 2021 – 4 StR 366/20, NZV 2021, 471 Rn. 15 ff.; vom 9. März 2021 – 3 StR 197/20, juris), eine Einziehung mit Strafcharakter gemäß § 74 Abs. 3 Satz 1 StGB indes nicht in Betracht kommt, weil der Täter oder Teilnehmer ohne Schuld gehandelt hat (§ 74b Abs. 1 Nr. 1 StGB) oder die Gegenstände einem anderen als dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen (§ 74b Abs. 1 Nr. 2 StGB). Dass das Telefon zur Begehung oder Vorbereitung der abgeurteilten Taten gebraucht worden oder bestimmt gewesen ist (§ 74 Abs. 1 StGB), hat die Strafkammer aber nicht festgestellt. Da auch insoweit weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, hat diese Entscheidung ebenfalls zu entfallen.
Rz. 9
d) Den Ausspruch, vom Angeklagten S. den „Betrag” von 3.260 EUR einzuziehen, hat die Strafkammer auf § 73a Abs. 1 StGB gestützt. Bei ihm war Bargeld in entsprechender Höhe sichergestellt worden. Nach Überzeugung des Landgerichts stammte das Geld aus illegalen Quellen, es hat sich jedoch keiner konkreten Straftat zuordnen lassen (zum Vorrang der Einziehung nach § 73 Abs. 1 StGB s. etwa BGH, Beschluss vom 30. Juni 2021 – 3 StR 153/21, juris Rn. 9 mwN). Gegen diese Wertung ist nichts zu erinnern. Die Strafkammer hätte allerdings den konkreten Gegenstand, mithin das sichergestellte Bargeld, und nicht einen entsprechenden Wertersatz einziehen müssen (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 16. März 2021 – 4 StR 22/21, juris Rn. 3 mwN).
Rz. 10
2. Im Übrigen hat die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigungen keinen den Angeklagten nachteiligen Rechtsfehler ergeben.
Rz. 11
3. Angesichts des geringen Erfolgs der Revisionen ist es nicht unbillig, die Angeklagten mit den gesamten Kosten ihrer Rechtsmittel zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Unterschriften
Berg, Paul, Erbguth, Kreicker, Voigt
Fundstellen
Haufe-Index 14900617 |
wistra 2022, 292 |