Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Beschluss vom 07.02.1984) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des 15. Zivilsenats – Familiensenat – des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 7. Februar 1984 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 1.000 DM.
Tatbestand
I.
Der am … geborene Ehemann (Antragsteller) und die am … geborene Ehefrau (Antragsgegnerin) haben am 31. August 1957 die Ehe geschlossen, aus der zwei inzwischen erwachsene Kinder hervorgegangen sind. Am 24. September 1980 ist der Ehefrau der Scheidungsantrag des Ehemannes zugestellt worden.
Während der Ehezeit (1. August 1957 bis 31. August 1980, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Von den Rentenanwartschaften des Ehemannes von insgesamt 973,56 DM monatlich entfallen 639,10 DM auf die Ehezeit. Die ehezeitlich erworbenen Rentenanwartschaften der Ehefrau sind von den Vorinstanzen in Höhe von monatlich 12,20 DM angenommen worden. Außerdem besteht für den Ehemann eine unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung bei der Audi NSU Auto Union AG.
Das Amtsgericht hat die Ehe der Parteien vorab geschieden. Später hat es den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (weitere Beteiligte) Rentenanwartschaften von monatlich 313,45 DM – bezogen auf den 31. August 1980 – auf das Versicherungskonto der Ehefrau bei derselben Anstalt übertragen hat. Zu der Anwartschaft des Ehemannes auf betriebliche Altersversorgung hat es ausgesprochen, daß insoweit die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs vorbehalten bleibe. Die Ehefrau hat Beschwerde eingelegt, mit der sie sich (allein) gegen die Behandlung der Anwartschaft auf die betriebliche Altersversorgung gewandt hat. Sie hat die der Entscheidung des Amtsgerichts insoweit zugrunde gelegte gesetzliche Regelung als verfassungswidrig beanstandet und beantragt, den Ausgleich jener Anwartschaft des Ehemannes in verfassungsmäßiger Weise durchzuführen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die – zugelassene – weitere Beschwerde der Ehefrau, mit der sie ihr im zweiten Rechtszug verfochtenes Begehren weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
Das Beschwerdegericht ist mit dem Amtsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß die unverfallbare Anwartschaft des Ehemannes auf betriebliche Altersversorgung nicht dem öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, sondern dem nach Maßgabe der §§ 1587g bis 1587k BGB durchzuführenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs unterfalle, weil die Voraussetzungen für eine Realteilung oder ein Quasi-Splitting (§ 1 Abs. 2 und 3 VAHRG) nicht gegeben sind. Dabei hat es sich auf § 2 VAHRG i.d.F. vom 21. Februar 1983 (BGBl I 105) gestützt, den es entgegen den Einwänden der Beschwerde für verfassungsgemäß angesehen hat. Während des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat jedoch das Bundesverfassungsgericht diese Vorschrift für mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig erklärt (BVerfGE 71, 364). Die danach fehlende gesetzliche Regelung für den Ausgleich privater betrieblicher Altersversorgungen ist inzwischen durch das Gesetz über weitere Maßnahmen auf dem Gebiet des Versorgungsausgleichs vom 8. Dezember 1986 (BGBl I 2317) eingeführt worden: Um den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich nach Möglichkeit zu vermeiden (vgl. Bericht des Rechtsausschusses zu dem Gesetzentwurf, BT-Drucks. 10/6369 S. 19), sieht diese Neuregelung in § 3b Abs. 1 VAHRG für eine Anwartschaft der vorliegenden Art die Möglichkeit eines erweiterten öffentlich-rechtlichen Ausgleichs im Wege eines limitierten erweiterten Splittings oder Quasi-Splittings oder einer entsprechenden erweiterten Realteilung (Nr. 1 der Vorschrift) sowie in zweiter Linie durch Anordnung von Beitragszahlungen an eine gesetzliche Rentenversicherung (Nr. 2 der Vorschrift) vor. Außerdem hat das Gesetz durch die Neufassung von § 2 VAHRG für die schließlich dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterfallenden Anrechte die Möglichkeit einer Abfindung nach Maßgabe des § 1587 1 BGB eröffnet. Die Neuregelung ist der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung zugrunde zu legen, auch wenn das Beschwerdegericht sie bei seiner Entscheidung noch nicht berücksichtigen konnte (vgl. Senatsbeschluß vom 6. Juli 1983 – IVb ZB 842/81 – FamRZ 1983, 1003, 1004).
Danach kann die angefochtene Entscheidung nicht bestehen bleiben. Der Ehemann verfügt in den Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung, die ihm nach dem Wertausgleich (§ 1587b Abs. 1 BGB) verbleiben (973,60 – 313,45 = 660,15 DM), über Anrechte, die ihrer Art nach für ein erweitertes Splitting nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG herangezogen werden können. Der Grenzbetrag, auf den dieses Splitting gemäß Satz 2 der Vorschrift beschränkt ist, beläuft sich im vorliegenden Fall auf 44 DM. Bis zu dieser Höhe kann daher die Anwartschaft des Ehemannes auf betriebliche Altersversorgung durch Übertragung von Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen werden. Daß die Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung, deren Höhe noch nicht festgestellt worden ist, (mit ihrem dynamisierten Wert) diesen Grenzbetrag übersteigt, würde dem erweiterten Splitting nicht entgegenstehen (vgl. Bericht des Rechtsausschusses a.a.O. S. 19 f.). Für den gegebenenfalls verbleibenden Teil der auszugleichenden Anwartschaft käme – ganz oder teilweise – der (subsidiäre) Ausgleich durch Verpflichtung zur Beitragszahlung nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG in Betracht. Ob und inwieweit ein derartiger Ausgleich, der keinem Höchstbetrag unterliegt, sondern allein durch die wirtschaftliche Zumutbarkeit für den Verpflichteten begrenzt wird, im vorliegenden Fall angeordnet werden kann, läßt sich mangels geeigneter tatrichterlicher Feststellungen, insbesondere über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Ehemannes, bisher nicht beurteilen.
Hiernach muß die Sache an das Beschwerdegericht zurückverwiesen werden. Für die neue Behandlung weist der Senat im Hinblick auf das Vorbringen der Ehefrau in ihrer zweitinstanzlichen Beschwerdeschrift darauf hin, daß die in § 12 Nr. 6 der Versorgungsordnung vorgesehene Bestimmung, wonach die Firma von Zeit zu Zeit überprüfen werde, ob im Rahmen der wirtschaftlichen Möglichkeiten eine angemessene Anpassung der laufenden Ruhegelder bzw. Renten vorgenommen werden könne, keine über die Regelung des § 16 BetrAVG hinausgehende Bindung bewirkt (vgl. BAG Urteil vom 3. Februar 1987 – 3 AZR 330/85 – ZIP 1987, 1142, 1143). Eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, wie sie § 16 BetrAVG vorsieht, reicht aber nicht aus, um eine solche Anwartschaft als volldynamisch anzusehen (vgl. Senatsbeschluß vom 18. September 1985 – IVb ZB 15/85 – FamRZ 1985, 1235, 1236).
Unterschriften
Lohmann, Portmann, Blumenröhr, Zysk, Nonnenkamp
Fundstellen