Entscheidungsstichwort (Thema)
bandenmäßiges unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 25. November 1997 werden mit der Maßgabe verworfen, daß die Verurteilung im Fall B 12 der Urteilsgründe entfällt.
Jeder der Angeklagten hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagten im Fall D der Urteilsgründe wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt, weil sie auf Bestellung ihres Abnehmers B. 20 Gramm Kokain beschafft hatten. Auf dem Wege zu diesem Abnehmer führten die Mittäter S., G. und H. aber nicht nur diese Drogenportion bei sich, sondern auch einen Teil des im Fall B 12 der Urteilsgründe zum Weiterverkauf erworbenen Heroins. Deshalb treffen die Tathandlungen in den Fällen B 12 und D in einer tatbestandlichen Bewertungseinheit zusammen. Die Verurteilung im Fall B 12 muß entfallen. Auswirkungen auf die Gesamtstrafen sind angesichts der Zahl und Höhe der weiteren 23 Einzelstrafen auszuschließen.
In den anderen Fällen liegen dagegen keine konkreten Hinweise auf Bewertungseinheiten vor; der Zweifelssatz gebietet nicht deren Annahme (vgl. BGH NJW 1995, 2300; NStZ-RR 1997, 17; BGHR BtMG Bewertungseinheit 6, 12). Auch im übrigen sind die Revisionen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat dazu:
Zur Revision des Angeklagten S. :
Zu 1.: Bei der hier vorgebrachten Rüge „nach § 261 StPO” handelt es sich um eine Verfahrensrüge. Deren Erfolg steht jedoch entgegen, daß das Revisionsgericht nicht den Gang der Beweisaufnahme rekonstruieren kann.
Das Landgericht hat über die früheren Angaben des Belastungszeugen B. durch Vernehmung der Polizeibeamten, die B. im Ermittlungsverfahren zu den Taten der Angeklagten vernommen hatten, Beweis erhoben. Bei dieser Sachlage kann der Beschwerdeführer nicht – was er der Sache nach geltend macht – damit gehört werden, entweder weiche das Urteil hinsichtlich des Inhalts der Aussage des Zeugen B. vom Inhalt der polizeilichen Vernehmungsprotokolle ab oder das Landgericht habe Widersprüche zwischen den Angaben der Vernehmungsbeamten und dem Protokollinhalt nicht aufgeklärt (vgl. BGH StV 1992, 549; 1992, 550).
Zu 2.: Die Revision meint, die zur Frage der Glaubwürdigkeit eines Belastungszeugen unter Beweis gestellten Tatsachen, die der Zeuge bestritten hat, seien einer Wahrunterstellung nicht zugänglich (vgl. Alsberg/Nüse/Meyer, Der Beweisantrag im Strafprozeß 5. Aufl. S. 672; Gollwitzer in LR 24. Aufl. § 244 Rdn. 253; Herdegen in KK 3. Aufl. § 244 Rdn. 97). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dies jedoch nicht stets der Fall (BGH NStZ 1988, 423; StV 1986, 467). Das Beweisantragsrecht ist jedenfalls dann nicht verletzt, wenn das Tatgericht die unter Beweis gestellte (Hilfs-)Tatsache ohne Einengung, Umdeutung oder sonstige dem Antragsteller nachteilige inhaltliche Änderung als erwiesen betrachtet und sie auch mit der im Antrag geltend gemachten Beweisbedeutung in seine Gesamtwürdigung der Beweise einbezieht.
Hier steht die als wahr unterstellte Tatsache, der Belastungszeuge B. habe Gelder aus (weiteren) Drogengeschäften besessen, im Widerspruch zu seiner Aussage, er habe weitere Drogengeschäfte nicht getätigt. Das Landgericht geht im Sinne der unterstellten Tatsache von weiteren Geschäften des Zeugen aus. Es hat damit auch den von der Verteidigung begehrten Schluß gezogen, der Zeuge habe insofern gegenüber den vernehmenden Polizeibeamten die Unwahrheit gesagt. Dieses Einzelindiz ist folglich im Sinne des Beweisbegehrens behandelt worden. Hiernach war das Landgericht indes bei der Gesamtwürdigung der Beweise (vgl. dazu Schlüchter, Wahrunterstellung und Aufklärungspflicht bei Glaubwürdigkeitsfeststellungen 1992 S. 27 ff.) nicht an der Annahme gehindert, die Aussage des Zeugen sei von dessen nachvollziehbarem Bemühen geprägt gewesen, die eigene Verstrickung in Rauschgiftgeschäfte geringer darzustellen, und seine Angaben zu den Taten der Angeklagten seien glaubhaft.
Auch der Vorrang der Aufklärungspflicht (Schlüchter aaO S. 18 ff. m.w.Nachw.) stand der Wahrunterstellung hier nicht entgegen. Denn es lagen keine konkreten Hinweise darauf vor, daß sich aus der beantragten Zeugenvernehmung mehr als nur die bereits von der Wahrunterstellung erfaßte Hilfstatsache ergeben konnte, daß B. über größere Geldmengen aus Drogengeschäften verfügt hatte.
Zur Revision des Angeklagten H. :
Zu 3.: Das Landgericht war nicht gedrängt, zu einem Randindiz – Stärke der Bedrängnis des Zeugen B. durch den Angeklagten H. in der Haftanstalt – weiteren Beweis zu erheben (§ 244 Abs. 2 StPO).
Unterschriften
Schäfer, Ulsamer, Maul, Brüning, Wahl
Fundstellen
Haufe-Index 539636 |
NStZ-RR 1999, 260 |
NStZ-RR 2000, 13 |