Verfahrensgang
LG Oldenburg (Urteil vom 18.12.2001) |
Nachgehend
Tenor
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 18. Dezember 2001 werden als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigungen keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Ergänzend zu der Begründung der Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Die Rüge, die Strafkammer sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen (§ 338 Nr. 1 Buchst. b) StPO), weil zum einen eine Entscheidung nach § 76 Abs. 2 Satz 2 GVG nicht ergangen und zum anderen ein Fall notwendig erscheinender Mitwirkung eines dritten Richters nicht gegeben sei, bleibt ohne Erfolg. Ihr liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Strafkammer hatte bei der Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen, wegen des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache einen dritten Richter hinzuzuziehen (§ 76 Abs. 2 GVG). Nach einer Hauptverhandlung von 102 Tagen waren danach die beiden Angeklagten durch Urteile vom 22. Mai 1998 wegen Beihilfe zum Betrug in neun Fällen und wegen Beihilfe zum versuchten Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren (Angeklagter M.) bzw. wegen Beihilfe zum Betrug in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten (Angeklagter B.) verurteilt worden. Gegen beide Angeklagte war darüber hinaus ein Berufsverbot verhängt worden. Auf die Revisionen der Angeklagten hatte der Senat mit Urteilen vom 14. Juli 2000 jeweils in einem Fall den Schuldspruch auf Beihilfe um versuchten Betrug umgestellt, sowie jeweils drei der Einzelstrafaussprüche und die Gesamtstrafaussprüche aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Im zweiten Durchgang hat das Landgericht erneut in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (und zwei Schöffen) entschieden.
1. Indem die nach der Zurückverweisung der Sache durch das Revisionsgericht nunmehr zuständige Strafkammer auch die neue Hauptverhandlung in der Besetzung mit drei Berufsrichtern (und zwei Schöffen) begonnen hat, hat sie zum Ausdruck gebracht, daß sie keinen Anlaß sah, die bisherige Besetzung zu ändern. Eines ausdrücklichen Beschlusses bedurfte es in diesem Fall nicht.
Mit dem Gesetz zur Verlängerung der Besetzungsreduktion bei Strafkammern vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 1756) ist die Unabänderlichkeit der bei Eröffnung des Hauptverfahrens getroffenen Besetzungsentscheidung nach Zurückverweisung einer Sache durch das Revisionsgericht abgeschafft worden. § 76 Abs. 2 Satz 2 GVG bestimmt seither, daß die nunmehr zuständige Strafkammer erneut nach § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG über ihre Besetzung beschließen „kann”. In dieser Situation „soll eine neue Entscheidung über die Besetzung ermöglicht werden” (so die Begründung des Gesetzentwurfs BTDrucks. 14/3370 S. 3, gleichlautend der Bericht des RA BTDrucks. 14/4542 S. 4). Die Regelung ermöglicht eine Anpassung der Gerichtsbesetzung, wenn sich die Beurteilung von Umfang bzw. Schwierigkeit der Sache nach der Revisionsentscheidung entscheidend verändert hat. In einem solchen Fall muß die Strafkammer einen Beschluß fassen. Will sie hingegen die bisherige Besetzung beibehalten, bedarf es eines solchen Beschlusses nicht. Insoweit unterscheidet sich der Fall von dem, der der Entscheidung BGHR GVG § 76 Abs. 2 Besetzungsbeschluß 2 zu Grunde lag. Dort war das Hauptverfahren zunächst vor dem Schöffengericht eröffnet und die Sache sodann an das Landgericht verwiesen worden. Der Bundesgerichtshof hatte dort eine Besetzungsentscheidung durch die Strafkammer für notwendig erachtet. Anders als in diesem Fall liegt eine solche Entscheidung hier in Form des bei der Eröffnung des Hauptverfahrens ergangenen Beschlusses bereits vor.
Daß die nunmehr zuständige Strafkammer von der Möglichkeit des § 76 Abs. 2 Satz 2 GVG keinen Gebrauch machen wollte, ergibt sich aus dem Beschluß, mit dem sie den Besetzungseinwand zurückgewiesen hat.
2. Auch die Beanstandung, die Strafkammer hätte nunmehr nur noch mit zwei Richtern einschließlich des Vorsitzenden besetzt sein dürfen, deckt keinen Fehler auf. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, die Strafkammer habe bei der Entscheidung, in der bisherigen Besetzung zu verhandeln, ihren weiten Beurteilungsspielraum in unvertretbarer Weise überschritten und damit objektiv willkürlich gehandelt. Dies gilt auch für den Fall, daß das Verfahren mit drei Berufsrichtern fortgesetzt wird (in BGHSt 44, 328, 331 insoweit noch offengelassen; Rieß NStZ 1999, 369, 370).
Anhaltspunkte für ein willkürliches Verhalten trägt die Revision nicht vor. Vielmehr war die Entscheidung der Strafkammer sachgerecht. Zwar hätte das Verfahren nach der Revisionsentscheidung des Senats und der von der Kammer sachdienlich ins Auge gefaßten Beschränkung des Verfahrensstoffes im Wege von § 154 Abs. 2 StPO in kurzer Zeit erledigt werden können, indessen hatte die Verteidigung der beiden Angeklagten zahlreiche, auf eine umfangreiche Beweisaufnahme drängende Anträge angekündigt. Schon im Hinblick darauf durfte die Strafkammer die Mitwirkung eines dritten Richters nach dem zu erwartenden Umfang der Sache als notwendig ansehen. Der Umstand, daß sie diese Anträge später – zu Recht – zurückgewiesen hat, vermag daran nichts zu ändern, zumal es der Verteidigung mit diesen Anträgen gelungen ist, die Hauptverhandlung auf eine Dauer von zwei Monaten auszudehnen.
Unterschriften
Tolksdorf, Miebach, Winkler, Pfister, von Lienen
Fundstellen
Haufe-Index 2559778 |
StraFo 2003, 134 |