Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Urteil vom 20.04.2016) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 20. April 2016 im Ausspruch über die Entschädigung der Verletzten aufgehoben, soweit „festgestellt (wird), dass sich die Forderung Ziff. 2 aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung ergibt”.
Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels, die insoweit durch das Adhäsionsverfahren entstandenen besonderen Kosten und die der Neben- und Adhäsionsklägerin erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Hiergegen richtet sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel erzielt lediglich den geringen aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
Rz. 2
1. Das Landgericht hat im Rahmen seiner Adhäsionsentscheidung auch festgestellt, dass sich das zuerkannte Schmerzensgeld nebst Zinsen aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung ergebe. Insoweit erweist sich der Adhäsionsausspruch als rechtsfehlerhaft, weil die Nebenklägerin diese Feststellung nicht beantragt hat. Den Verstoß gegen § 404 Abs. 1 StPO hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Dezember 2006 – 4 StR 505/06; vom 30. Mai 2012 – 2 StR 98/12; vom 23. August 2012 – 1 StR 311/12; und vom 3. Dezember 2014 – 4 StR 292/14).
Rz. 3
2. Die vom Angeklagten erhobene Verfahrensrüge eines Verstoßes gegen § 265 Abs. 1 StPO ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Der Beschwerdeführer hat versäumt, den in der Hauptverhandlung vom 23. März 2016 verkündeten Beschluss gemäß § 154a Abs. 2 StPO mitzuteilen. Darin hat das Landgericht „die Strafverfolgung auf die rechtlichen Gesichtspunkte des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 StGB … beschränkt”. Da das Tatgericht hier (uneingeschränkt) von vollendeter Tatbegehung ausgeht, hätte es dieses Vortrags bedurft, um die Rüge, wonach ein Hinweis auf die (mögliche) Annahme von Tatvollendung unterblieben sei, auf ihre Schlüssigkeit prüfen zu können.
Rz. 4
Im Übrigen beruht die Verurteilung des Angeklagten nicht auf einem etwaigen Verstoß gegen § 265 Abs. 1 StPO (vgl. zur Beruhensprüfung BGH, Urteile vom 30. Mai 1996 – 4 StR 109/96; und vom 25. März 1992 – 3 StR 519/91; Beschlüsse vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09, BGHR StPO § 265 Abs. 1 Hinweispflicht 9; und vom 14. Juni 2016 – 3 StR 196/16). Das Landgericht hat den zur Sache schweigenden Angeklagten aufgrund der Angaben der Nebenklägerin in ihrer polizeilichen Vernehmung vom 8. Februar 2013 und ihrer auf Video aufgezeichneten und in der Hauptverhandlung abgespielten richterlichen Vernehmung vom 13. November 2013 für überführt erachtet. Ausweislich der Urteilsgründe hat die Jugendschutzkammer diesen Angaben die der Verurteilung zugrunde gelegten Tathandlungen entnommen. Es ist nicht ersichtlich, wie der Angeklagte sich gegen diese bereits von Anbeginn des Verfahrens gegen ihn erhobenen Vorwürfe anders hätte verteidigen können, wenn das Gericht ihn – abweichend von der Anklage – darauf hingewiesen hätte, dass eine Verurteilung wegen eines vollendeten Delikts im Fall 122 in Betracht kommt.
Unterschriften
Sost-Scheible, Roggenbuck, Cierniak, Bender, Paul
Fundstellen
Haufe-Index 10162525 |
NStZ-RR 2017, 133 |
NStZ-RR 2017, 93 |
NStZ-RR 2018, 194 |