Verfahrensgang
OLG Düsseldorf (Entscheidung vom 01.07.2020; Aktenzeichen VI-3 Kart 775/19 (V)) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Bundesnetzagentur wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 1. Juli 2020 aufgehoben.
Die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 17. Mai 2019 wird zurückgewiesen.
Die Betroffene trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur.
Gründe
Rz. 1
A. Die Betroffene betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz. Sie ist durch eine Zusammenführung zweier Netzbetreibergesellschaften zum 1. Januar 2018 entstanden.
Rz. 2
Mit Beschluss vom 17. Mai 2019 legte die Bundesnetzagentur die kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die dritte Regulierungsperiode für das Netz einer der beiden ursprünglichen Netzbetreibergesellschaften (fortan: Betroffene) niedriger als von dieser beantragt fest. Bei der Berechnung des Kapitalkostenabzugs nach § 6 Abs. 3 ARegV setzte sie für die gesamte Dauer der dritten Regulierungsperiode die auf den kalkulatorischen Restwert des Basisjahrs fixierten Werte der vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2016 vereinnahmten Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge an.
Rz. 3
Auf die Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht den Beschluss der Bundesnetzagentur aufgehoben und diese zur Neubescheidung verpflichtet. Dagegen wendet sich die Bundesnetzagentur mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
Rz. 4
B. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückweisung der Beschwerde.
Rz. 5
I. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Festlegung der Erlösobergrenzen sei hinsichtlich der Ermittlung des Kapitalkostenabzugs rechtsfehlerhaft erfolgt. Entgegen der Ansicht der Bundesnetzagentur sei bei der Ermittlung der fortgeführten Kapitalkosten nach § 6 Abs. 3 Satz 4 ARegV das Absinken der Werte der für Investitionen der Jahre 2007 bis 2016 vereinnahmten Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge bereits für die dritte Regulierungsperiode zu berücksichtigen. § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV beziehe sich nur auf Kapitalkosten aus Investitionen in betriebsnotwendige Anlagegüter, nicht auf vereinnahmte Ertragszuschüsse. Die Fixierung der Werte der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge widerspreche Sinn und Zweck der Übergangsregelung in § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV, die den Netzbetreibern einen sogenannten Übergangssockel als pauschales Budget zur Abmilderung etwaiger durch den Systemwechsel zum Kapitalkostenabgleich im Einzelfall entstehender Härten gewähren solle.
Rz. 6
II. Diese Bewertung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Rz. 7
1. Die Erlösobergrenze wird gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 ARegV für jedes Kalenderjahr der gesamten Regulierungsperiode nach Maßgabe der §§ 5 bis 17, 19, 22 und 24 ARegV bestimmt. Zur Ermittlung des Ausgangsniveaus für die Bestimmung der Erlösobergrenzen verweist § 6 Abs. 1 ARegV auf Vorschriften der Gas- und der Stromnetzentgeltverordnung. Diese Regelungen finden, wie der Senat bereits in anderem Zusammenhang entschieden hat (BGH, Beschlüsse vom 8. Oktober 2019 - EnVR 58/18, RdE 2020, 78 Rn. 60 ff. - Normativer Regulierungsrahmen, und vom 26. Oktober 2021 - EnVR 17/20, juris Rn. 13 - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor II), auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 2. September 2021 (C-718/18, juris Rn. 112 ff.) weiterhin Anwendung. Zwar hat der Gerichtshof festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland Art. 41 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 6 Buchst. a und b der Richtlinie 2009/73/EG des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/55/EG nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, weil § 24 Satz 1 EnWG der Bundesregierung unmittelbar bestimmte Zuständigkeiten überträgt, die nach dieser Richtlinie ausschließlich der Regulierungsbehörde vorbehalten sind. Die Unabhängigkeit, die der Regulierungsbehörde im Rahmen der durch Art. 41 der Richtlinie 2009/73/EG ausschließlich ihr übertragenen Aufgaben und Befugnisse verliehen wird, kann danach nicht durch Rechtsakte wie die von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats auf der Grundlage von § 24 EnWG erlassenen Rechtsverordnungen beschränkt werden. Dies gilt auch für die auf der Grundlage von § 21a Abs. 6 EnWG erlassenen Regelungen der Anreizregulierungsverordnung sowie der Strom- und der Gasnetzentgeltverordnung. Gleichwohl sind diese Rechtsverordnungen weiterhin anwendbar, denn das Unionsrecht gebietet es nicht, eine Regelung des nationalen Rechts, die in Widerspruch zum Unionsrecht steht, als rechtsungültig anzusehen; es besteht vielmehr ein Anwendungsvorrang des Unionsrechts (vgl. EuGH, NZA 2019, 27 Rn. 33 f. - Minister for Justice and Equality; BVerfGE 126, 286 Rn. 53, jew. mwN).
Rz. 8
Angesichts der durch das Unionsrecht geforderten Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur von externen Weisungen anderer öffentlicher oder privater Stellen sind die Vorschriften der Anreizregulierungsverordnung sowie der Strom- und der Gasnetzentgeltverordnung jedoch wo auch immer möglich und bis zu der den Gerichten durch den Willen des nationalen Gesetzgebers gezogenen Grenze im Sinne einer Gewährleistung und Sicherung dieser Unabhängigkeit auszulegen (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2021 - EnVR 17/20, juris Rn. 15 - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor II; vgl. auch BGH, RdE 2020, 78 Rn. 60 ff. mwN - Normativer Regulierungsrahmen). Eine gerichtliche Überprüfung erfolgt in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (BGH, RdE 2020, 78 Rn. 60 ff., 70 ff. - Normativer Regulierungsrahmen) daher im Grundsatz nur noch in Bezug auf den nach diesen Maßstäben fortgeltenden nationalen Regulierungsrahmen sowie anhand unionsrechtlicher Vorgaben (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2021 - EnVR 17/20, juris Rn. 15 mwN - Genereller sektoraler Produktivitätsfaktor II).
Rz. 9
2. Vor diesem Hintergrund hält die Beurteilung des Beschwerdegerichts, die Bundesnetzagentur habe bei der Ermittlung der Kapitalkosten zu Unrecht für Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge, die auf im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2016 erstmals aktivierte betriebsnotwendige Anlagegüter entfallen, für die Dauer der gesamten Regulierungsperiode den kalkulatorischen Restwert des Basisjahres angesetzt, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Vielmehr steht das Vorgehen der Bundesnetzagentur mit § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV in Einklang, wobei im Ergebnis dahinstehen kann, ob im Streitfall § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV in der vom 17. September 2016 bis zum 30. Juli 2021 oder in der seit dem 31. Juli 2021 geltenden Fassung (nachfolgend: aF und nF) Anwendung findet.
Rz. 10
a) Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge werden bei der Ermittlung des Ausgangsniveaus nach § 6 Abs. 1 Satz 1 ARegV in Verbindung mit § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 StromNEV mit dem Wert des Basisjahrs als Abzugskapital angesetzt und mindern so den Wert des betriebsnotwendigen Eigenkapitals, dessen Höhe die Grundlage für die kalkulatorische Verzinsung und damit für die Kapitalkosten ist. Nach den für die ersten beiden Regulierungsperioden geltenden Vorgaben der Anreizregulierungsverordnung für die Festlegung der Kapitalkosten wurde eine während der Regulierungsperiode eintretende Wertminderung weder beim betriebsnotwendigen Eigenkapital noch beim Abzugskapital berücksichtigt. Erstmals durch das mit § 6 Abs. 3 ARegV für die dritte Regulierungsperiode neu eingeführte Instrument des Kapitalkostenabzugs wirkt sich die Wertentwicklung des Anlagekapitals während der Regulierungsperiode auf die Höhe der Kapitalkosten und damit die Höhe der Erlösobergrenzen aus. Gleiches gilt für den in § 6 Abs. 3 Satz 4 ARegV genannten Teil des Abzugskapitals, nämlich die auf die kalkulatorischen Restbuchwerte der betriebsnotwendigen Anlagegüter des Ausgangsniveaus entfallenden Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge. Während die Wertminderungen der betriebsnotwendigen Anlagegüter zu einer Reduzierung der Verzinsungsbasis und damit der in die Erlösobergrenze einfließenden Kapitalkosten führen, hat die Berücksichtigung der - abschreibungsbedingten - Wertminderung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen während der Regulierungsperiode beim Kapitalkostenabzug positive Auswirkungen für die Netzbetreiber, da auf diese Weise der - fortgeschriebene - Abzugsbetrag gemindert wird. Dies folgt aus dem Umstand, dass Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge bereits im Ausgangsniveau mittelbar die Kapitalkosten reduzieren.
Rz. 11
Außerhalb des Regelungsbereichs des Kapitalkostenabzugs nach § 6 Abs. 3 ARegV ist eine Berücksichtigung der Wertentwicklung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen bei der Bemessung der Kapitalkosten nicht vorgesehen. Sinkende Werte von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen können die Erlösobergrenze während der Regulierungsperiode also nur über § 6 Abs. 3 ARegV beeinflussen.
Rz. 12
b) Die Bundesnetzagentur hat die in § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF enthaltene Vorgabe, § 6 Abs. 3 ARegV für die Dauer der dritten Regulierungsperiode nicht auf Kapitalkosten aus von 2007 bis 2016 erstmals aktivierten Investitionen von Verteilernetzbetreibern in betriebsnotwendige Anlagegüter anzuwenden, zutreffend dahin verstanden, dass damit das Institut des Kapitalkostenabzugs insgesamt, also einschließlich der Berücksichtigung der abnehmenden Werte von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen, ausgesetzt werden soll. Dies folgt aus der Auslegung dieser Normen nach Wortlaut und Systematik, nach der Entstehungsgeschichte sowie ihrem Sinn und Zweck.
Rz. 13
aa) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts und der Beschwerdeführerin sprechen bereits der Wortlaut der in § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF getroffenen Übergangsregelung und die aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 ARegV hervorgehende Funktionsweise des Kapitalkostenabzugs dafür, dass Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge, die auf von 2007 bis 2016 erstmals aktivierte Investitionen in betriebsnotwendige Anlagegüter entfallen, im Rahmen der Ermittlung der Kapitalkosten für alle Jahre der dritten Regulierungsperiode mit den kalkulatorischen Restwerten des Basisjahres anzusetzen sind.
Rz. 14
(1) Nach § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF ist § 6 Abs. 3 ARegV für die Dauer der dritten Regulierungsperiode nicht anzuwenden auf Kapitalkosten aus Investitionen für Investitionszuschüsse von Verteilernetzbetreibern in betriebsnotwendige Anlagegüter, die im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis einschließlich 31. Dezember 2016 erstmals aktiviert wurden. Damit bezieht sich die Vorschrift dem klaren Wortlaut nach auf sämtliche in § 6 Abs. 3 ARegV geregelten Elemente des Kapitalkostenabzugs.
Rz. 15
(a) § 6 Abs. 3 Satz 1 ARegV bestimmt, dass die Regulierungsbehörde vor Beginn der Regulierungsperiode für jedes Jahr der Regulierungsperiode den Kapitalkostenabzug nach Maßgabe der Sätze 2 bis 5 und der Anlage 2a ermittelt. Nach Satz 2 sind Kapitalkosten im Sinne des Kapitalkostenabzugs nach Satz 1 die Summe der kalkulatorischen Abschreibungen, der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung, der kalkulatorischen Gewerbesteuer und des Aufwandes für Fremdkapitalzinsen. Satz 3 sieht vor, dass sich der Kapitalkostenabzug aus den im Ausgangsniveau nach den Absätzen 1 und 2 enthaltenen Kapitalkosten im Basisjahr abzüglich der fortgeführten Kapitalkosten im jeweiligen Jahr der Regulierungsperiode ergibt. Die fortgeführten Kapitalkosten werden gemäß Satz 4 unter Berücksichtigung der im Zeitablauf sinkenden kalkulatorischen Restbuchwerte der betriebsnotwendigen Anlagegüter des Ausgangsniveaus nach § 6 Abs. 1 und 2 sowie der im Zeitablauf sinkenden Werte der hierauf entfallenden Netzanschlusskostenbeiträge und Baukostenzuschüsse ermittelt. Durch den Kapitalkostenabzug werden somit in jedem Jahr der Regulierungsperiode die für das Ausgangsniveau ermittelten Kapitalkosten um einen Betrag reduziert, der sich aus der Differenz zwischen den Kapitalkosten des Ausgangsniveaus und den fortgeführten Kapitalkosten errechnet. Die Netzanschlusskostenbeiträge und Baukostenzuschüsse werden dabei (nur) insoweit berücksichtigt, als das - abschreibungsbedingte - Sinken ihrer Werte die fortgeführten Kapitalkosten erhöht, was in den Jahren der Regulierungsperiode im Ergebnis jeweils einen geringeren Kapitalkostenabzug zur Folge hat.
Rz. 16
Mit der Formulierung "hierauf entfallende" Netzanschlusskostenbeiträge und Baukostenzuschüsse ist zudem klargestellt, dass Netzanschlusskostenbeiträge und Baukostenzuschüsse nicht pauschal in ihrer Gesamtheit, sondern vielmehr in ihrem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zu Investitionen in (bestimmte) betriebsnotwendige Anlagegüter berücksichtigt werden. Aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 ARegV und dem dort beschriebenen Mechanismus des Kapitalkostenabzugs folgt somit, dass die in Satz 4 angeordnete Berücksichtigung des Sinkens der Werte der Baukostenzuschüsse und der Netzanschlusskostenbeiträge nur dann und soweit zum Tragen kommt, wenn und wie ein Kapitalkostenabzug erfolgt.
Rz. 17
(b) Diese Funktionsweise des Kapitalkostenabzugs wirkt sich auf die Reichweite des in § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF geregelten Anwendungsausschlusses aus: Sind die sinkenden Werte der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge nur ein Rechnungsposten innerhalb des Kapitalkostenabzugs, so werden auch sie im (zeitlichen) Anwendungsbereich des § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF von der Bestimmung erfasst, dass § 6 Abs. 3 ARegV keine Anwendung auf Kapitalkosten aus Investitionen von Verteilernetzbetreibern in betriebsnotwendige Anlagegüter findet. Da für die im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis einschließlich 31. Dezember 2016 erstmals aktivierten Anlagegüter die Entwicklung der Kapitalkosten des Basisjahrs während der Regulierungsperiode außer Betracht bleibt und ein Kostenabzug von vornherein nicht vorgenommen wird, sind notwendig auch diejenigen Positionen unbeachtlich, die (erst) bei der Ermittlung der Höhe des Abzugsbetrags zum Tragen kommen. Das gilt auch für das Sinken der Werte von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen, die für die im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis einschließlich 31. Dezember 2016 erstmals aktivierten Anlagegüter und Investitionen vereinnahmt wurden.
Rz. 18
(2) Das Beschwerdegericht beruft sich für seine gegenteilige Ansicht zu Unrecht auf den Wortlaut des § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF und dessen systematischen Zusammenhang mit § 6 Abs. 3 ARegV und § 7 StromNEV.
Rz. 19
(a) Es meint, der Aussetzungsbefehl des § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF betreffe nicht die Berücksichtigung des Sinkens der Werte von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen bei den Kapitalkosten, da er dem Wortlaut nach allein auf Kapitalkosten bezogen sei, nicht jedoch auf Abzugsposten. Der Begriff der Kapitalkosten sei in § 6 Abs. 3 Satz 2 ARegV definiert; Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge seien dort nicht enthalten, sondern würden erst in § 6 Abs. 3 Satz 4 ARegV genannt. Die Kapitalkosten würden somit für den Zweck des Kapitalkostenabzugs eigenständig und nicht nach Maßgabe der §§ 5 bis 8 StromNEV bestimmt, so dass auch § 7 StromNEV für die Definition der Kapitalkosten im Sinne des Kapitalkostenabzugs nicht heranzuziehen sei. Dass § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF auf den gesamten Absatz 3 des § 6 ARegV verweise, stehe dieser Betrachtung nicht entgegen.
Rz. 20
(b) Diese Begründung übersieht, dass die Berücksichtigung des Sinkens der Restwerte der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge nach dem Wortlaut und der Binnensystematik des § 6 Abs. 3 ARegV integraler Bestandteil des Kapitalkostenabzugs ist und dass sich die sinkenden Werte der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge daher auf die Kapitalkosten von vornherein nur dann auswirken können, wenn und soweit überhaupt ein Kapitalkostenabzug erfolgt. Denn wie ausgeführt (vgl. oben Rn. 15), werden sie gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 ARegV bei den fortgeführten Kapitalkosten erhöhend berücksichtigt und mindern dadurch den Kapitalkostenabzug nach § 6 Abs. 3 Satz 3 ARegV. Die Anreizregulierung sieht jedoch weder nach dem Wortlaut noch nach der Systematik des § 6 Abs. 3 ARegV eine Beachtung der sinkenden Werte von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen als eigenständigen "Kapitalkostenaufschlag" vor, der unabhängig neben dem in § 6 Abs. 3 ARegV geregelten Kapitalkostenabzug steht und daher von der Übergangsregelung in § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF ausgenommen ist. Insofern kommt dem Umstand, dass § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF für die Dauer der dritten Regulierungsperiode die gesamte Regelung des § 6 Abs. 3 ARegV für die Kapitalkosten für unanwendbar erklärt, die auf die zwischen 2007 und 2016 aktivierten Anlagegüter entfallen, entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts Bedeutung zu.
Rz. 21
(3) Eine abweichende Beurteilung kann weder die Berufung auf eine - angeblich - gegenüber den Regelungen der Strom- und Gasnetzentgeltverordnung eigenständige Definition der "Kapitalkosten im Sinne des Kapitalkostenabzugs" noch die Erwägung rechtfertigen, Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge könnten im Rahmen des § 6 Abs. 3 ARegV nicht als negative Kapitalkosten qualifiziert werden. Denn unabhängig von der Art seiner Ermittlung bleibt der Ausgangsbetrag der Kapitalkosten immer unverändert, wenn ein Kapitalkostenabzug gar nicht stattfindet. Ebenso wenig können sich in diesem Fall Differenzen bei der Einordnung verschiedener Faktoren zur Ermittlung des Kapitalkostenabzugsbetrags auswirken.
Rz. 22
Gleiches gilt für das Argument, dass Kapitalkosten aus aktivierten Investitionen in betriebsnotwendige Anlagegüter nur die sich aus den aktivierten Restbuchwerten des Sachanlagevermögens ergebenden kalkulatorischen Kosten und nicht die passivierten Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge seien. Dieses wirkt sich nach den vorstehenden Ausführungen ebenso wenig auf die Behandlung der auf zwischen 2007 und 2016 aktivierte betriebsnotwendige Anlagegüter entfallenden Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge durch § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF aus wie der Umstand, dass diese im Kontext der Netzregulierung als Abzugskapital, nicht als "negative Kosten", bezeichnet werden. Entscheidend für die Streitfrage ist allein, dass Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge nach der Systematik des § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV nur dann und insoweit berücksichtigt werden können, wie der in § 6 Abs. 3 ARegV vorgesehene Abzug von Kapitalkosten erfolgt.
Rz. 23
Auch die Überlegung, dass sich die in § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF geregelte Nichtanwendung des § 6 Abs. 3 ARegV nur auf die ausdrücklich genannten "Kapitalkosten aus Investitionen" beziehe, sodass eine Erstreckung auch auf die in diesem Zeitraum vereinnahmten Ertragszuschüsse bereits nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 5 ARegV aF nicht geboten sei, und dass § 6 Abs. 3 Satz 4 ARegV an den Begriff der "fortgeführten Kapitalkosten" und damit an einen anderen Begriff als den der Kapitalkosten anknüpfe, tragen nicht. Sie übersehen ebenfalls, dass § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF nach seinem klaren Wortlaut die Anwendung des gesamten § 6 Abs. 3 ARegV ausschließt und dass damit auch die bei den fortgeführten Kapitalkosten in Satz 4 adressierte Wertentwicklung der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge insoweit nicht berücksichtigt werden kann.
Rz. 24
bb) Die Annahme des Beschwerdegerichts und der Beschwerdeführerin, die Wertverluste von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen, die für in den Jahren 2007 bis 2016 erfolgte Investitionen der Netzbetreiber in Anlagegüter vereinnahmt wurden, müssten bereits in der dritten Regulierungsperiode kapitalkostenerhöhend berücksichtigt werden, findet zudem weder in der Entstehungsgeschichte des § 34 Abs. 5 ARegV aF und des § 6 Abs. 3 ARegV eine Stütze noch in den Begründungen, die sich aus den Materialien zu der im Jahr 2016 vorgenommenen Änderung der Anreizregulierungsverordnung ergeben. Im Gegenteil sprechen diese dafür, dass eine Berücksichtigung der Wertentwicklung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen ausschließlich innerhalb des Kapitalkostenabzugs erfolgen, also nicht in Betracht kommen sollte, wenn und soweit ein solcher nicht stattfindet.
Rz. 25
(1) Im ersten Entwurf zur Neuregelung des § 6 ARegV und zur Einführung des neuen Instruments des Kapitalkostenabzugs in dessen Absatz 3 waren die Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge noch nicht berücksichtigt (vgl. den Entwurf der Bundesregierung für die Zweite Verordnung zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung vom 2. Juni 2016, BR-Drucks. 296/16, S. 3). Erst durch den Beschluss des Bundesrates zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung vom 8. Juli 2016 wurden in § 6 Abs. 3 Satz 4 ARegV die Wörter "sowie der im Zeitablauf sinkenden Werte der hierauf entfallenden Netzanschlusskostenbeiträge und Baukostenzuschüsse" hinzugefügt (vgl. BR-Drucks. 296/16 [Beschluss], S. 1). Zur Begründung dieser Ergänzung wurde ausgeführt, in die Ermittlung des Kapitalkostenabzugs müssten neben den Veränderungen der Vermögenswerte die sich gleichermaßen ändernden Verbindlichkeiten eingehen. Da andernfalls die Erlöse durch den Kapitalkostenabzug zu stark abgesenkt würden, solle insbesondere eine Grundlage dafür geschaffen werden, dass Baukostenzuschüsse Berücksichtigung fänden, die über 20 Jahre ertragswirksam aufgelöst würden (vgl. BR-Drucks. 296/16 [Beschluss], S. 2).
Rz. 26
Die Genese des § 6 Abs. 3 ARegV und die Begründung der Berücksichtigung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen in dessen Anwendungsbereich belegen, dass diese (nur) eine Position bei der Berechnung des Kapitalkostenabzugs darstellen. Sie sind mithin Bestandteil dieses Instruments und stehen bei der Ermittlung der für die Erlösobergrenze maßgeblichen Kapitalkosten nicht eigenständig neben dem Kapitalkostenabzug.
Rz. 27
(2) Aus der Entwicklung der Regelung des § 34 Abs. 5 ARegV ergibt sich nichts anderes. Die Einfügung dieser Vorschrift wurde im ursprünglichen Entwurf der Zweiten Verordnung zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung damit begründet, dass sie eine Übergangsregelung für die vorübergehende Beibehaltung des bisherigen positiven Sockeleffekts für Investitionen in die Netze enthalte und den Systemübergang für Investitionen aus den ersten beiden Regulierungsperioden erleichtern solle. Zur Vermeidung individueller Härtefälle werde der Sockeleffekt für die genannten Anlagegüter für eine Regulierungsperiode beibehalten (vgl. BR-Drucks. 296/16, S. 49). In den späteren Stadien des Gesetzgebungsverfahrens erfolgten weder Änderungen am Normtext noch ergänzende erläuternde Ausführungen zu Inhalt und Bedeutung der Vorschrift. Auch finden sich keine Erklärungen dazu, ob und gegebenenfalls welche Auswirkungen die Ergänzung der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge in § 6 Abs. 3 ARegV auf die in § 34 Abs. 5 ARegV geregelte begrenzte Aussetzung des Kapitalkostenabzugs haben.
Rz. 28
Insofern ist der Normhistorie, wie das Beschwerdegericht zutreffend feststellt, zwar nicht zu entnehmen, dass § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF eine Fixierung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen auf den Wert des Basisjahres ausdrücklich gebietet. Sie lässt aber ebenso wenig darauf schließen, dass der Verordnungsgeber im sachlichen und zeitlichen Anwendungsbereich des § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF die Wertentwicklung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen während der dritten Regulierungsperiode für die Bestimmung der Erlösobergrenzen berücksichtigt wissen wollte, obwohl die Wertentwicklung der entsprechenden Anlagegüter selbst während dieser Zeit nicht in die Erlösobergrenze einfloss. Gleiches gilt für den Einwand, dass in den Materialien zur Zweiten Verordnung zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung kein Hinweis auf eine Aussetzung der Berücksichtigung der Wertentwicklung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen für die dritte Regulierungsperiode zu finden sei. Wie ausgeführt (vgl. oben Rn. 16), werden Netzanschlusskostenbeiträge und Baukostenzuschüsse nach der Systematik des § 6 Abs. 3 ARegV beim Kapitalkostenabzug nicht pauschal in ihrer Gesamtheit, sondern vielmehr bezogen auf Investitionen in betriebsnotwendige Anlagegüter in bestimmten Jahren berücksichtigt. Da danach eine Einbeziehung der sich weiterentwickelnden Werte der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge in den Kapitalkostenabzug nur insoweit erfolgen kann, wie auch die Anlagegüter, auf die sie bezogen sind, in den Kapitalkostenabzug Eingang finden, war eine Erläuterung der Reichweite des § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF im Zusammenhang mit der in § 6 Abs. 3 Satz 4 ARegV vorgenommenen Ergänzung nicht erforderlich und aus diesem Grund auch nicht zu erwarten. Erst recht bestand keine Veranlassung, Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge in der Übergangsregelung des § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF ausdrücklich zu erwähnen.
Rz. 29
(3) Angesichts des klaren Wortlauts und der klaren Struktur der Übergangsregelung lässt sich auch aus ihrem in der Verordnungsbegründung genannten Ziel, den "positiven Sockeleffekt" beizubehalten, nicht herleiten, dass nur die aktivierten Restbuchwerte der betriebsnotwendigen Anlagegüter über die dritte Regulierungsperiode eingefroren werden sollten, um den Netzbetreibern einen Ausgleich für den Systemwechsel zu gewähren.
Rz. 30
cc) Sinn und Zweck des § 34 Abs. 5 ARegV aF gebieten entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ebenfalls keine abweichende Auslegung.
Rz. 31
(1) Zwar hat das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt zu Recht angenommen, dass § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF eine Ausnahmeregelung darstellt, die während der dritten Regulierungsperiode einen pauschalen Ausgleich zu Gunsten der Netzbetreiber für potenzielle Härtefälle vorsieht, die aus der Systemumstellung vom Kapitalkostensockel zum Kapitalkostenabgleich resultieren können. Es hat auch zutreffend ausgeführt, dass es für die Anwendung der Norm nicht darauf ankommt, ob und in welcher Höhe der einzelne Netzbetreiber durch den Systemwechsel tatsächlich nachteilige Auswirkungen erfährt. Daraus folgt jedoch nicht, dass schon während der dritten Regulierungsperiode bei der Festlegung der Kapitalkosten das Absinken der Werte von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen zu berücksichtigen wäre. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung des Verordnungsentwurfs, dass den Netzbetreibern nur der "bisherige" positive Sockeleffekt für die zwischen 2007 und 2016 aktivierten Anlagegüter vorübergehend erhalten bleiben soll.
Rz. 32
(2) Für die Annahme, dass den Netzbetreibern in der Übergangszeit eine über die Gewährung eines dem bisherigen Kapitalkostensockel entsprechenden Übergangssockels hinausgehende "Begünstigung" gewährt werden sollte, bietet die Verordnungsbegründung keine Grundlage.
Rz. 33
(a) Der bisherige Kapitalkostensockel, der sich aus der Fortgeltung der Basisjahrwerte sowohl des Anlagekapitals als auch des Abzugskapitals über die gesamte Regulierungsperiode ergab, resultierte ebenfalls nicht nur aus dem für die Netzbetreiber positiven Umstand, dass die sinkenden Werte der Anlagegüter während der Regulierungsperiode bei den Kapitalkosten unberücksichtigt blieben. Vielmehr war er verbunden mit dem Negativeffekt, dass das Sinken der Werte des Abzugskapitals im Zeitablauf während der Regulierungsperiode keinen Eingang in die Festlegung der Kapitalkosten fand. Da die Werte der Baukostenzuschüsse und der Netzanschlusskostenbeiträge jedoch deutlich geringer sind als die Werte der Anlagegüter, hat dieser Negativeffekt den Positiveffekt der Fortgeltung der Basisjahrwerte der Anlagegüter bei den Kapitalkosten nicht neutralisiert, sondern lediglich gedämpft.
Rz. 34
(b) Derselbe Effekt tritt im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF ein, wenn man die Vorschrift in dem bereits dargelegten, von der Bundesnetzagentur vertretenen Sinn versteht. Auch hier erhalten die Netzbetreiber bei den Kapitalkosten für die Investitionen in den Bestand der im genannten Zeitraum aktivierten betriebsnotwendigen Anlagegüter einen gleichbleibenden "Sockelbetrag", der höher ist als der Kapitalkostenbetrag, der sich bei Anwendung des Kapitalkostenabzugs nach § 6 Abs. 3 ARegV ergäbe. Würde man hingegen die Wertentwicklung bei Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen bei gleichzeitiger Fixierung der Basisjahrwerte der Anlagegüter bei der Berechnung der Kapitalkosten berücksichtigen, hätte dies sogar eine Erhöhung der Kapitalkosten zur Folge. Es käme also zu einer über die Beibehaltung des bisherigen Sockeleffekts hinausgehenden Begünstigung der Netzbetreiber.
Rz. 35
(c) Die Entstehungsgeschichte der Verordnung belegt nicht, dass mit der Übergangsregelung entgegen dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang von § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF und § 6 Abs. 3 ARegV eine solche "Mehrbegünstigung" der Netzbetreiber beabsichtigt war. Durch die erst nachträglich in § 6 Abs. 3 ARegV eingefügte Berücksichtigung der Wertentwicklung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen wurde die Wirkungsweise des neu in die Anreizregulierungsverordnung aufgenommenen Instruments des Kapitalkostenabzugs zugunsten der Netzbetreiber abgemildert. Soweit der Kapitalkostenabzug vorübergehend noch nicht zur Anwendung kam, konnte sich aber von vornherein weder auswirken, dass - wie im ursprünglichen Verordnungsentwurf vorgesehen - die Wertentwicklung der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge unberücksichtigt blieb, noch dass diese Entwicklung - wie in der überarbeiteten Fassung angelegt - zu berücksichtigen war. Der Verordnungsgeber hatte daher keine Veranlassung, einen Bezug zwischen der im Beschlussverfahren vorgenommenen Änderung in § 6 Abs. 3 Satz 4 ARegV und der unveränderten Übergangsregelung in § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF herzustellen.
Rz. 36
Zudem war dem Verordnungsgeber durchaus bewusst, dass den wirtschaftlichen Interessen der Netzbetreiber die Interessen der Netzkunden gegenüberstehen, die miteinander in Ausgleich zu bringen sind. So hat er ausdrücklich klargestellt, dass eine Ausweitung der mit der Gewährung des "Übergangssockels" während der dritten Regulierungsperiode verbundenen Begünstigung der Netzbetreiber über diesen Zeitraum oder diese Anlagen hinaus nicht möglich sei, da dies zu einer ungerechtfertigten Mehrbelastung der Netzkunden führen würde (BR-Drucks. 296/16, S. 49).
Rz. 37
(3) Danach widerspricht die von der Bundesnetzagentur vorgenommene "Fixierung" der Werte der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge im Rahmen der Kapitalkostenbestimmung entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts und der Betroffenen nicht der mit der temporären Aussetzung des Kapitalkostenabzugs verfolgten Absicht, den Netzbetreibern einen Vorteil zu verschaffen. Auch bei Nichtberücksichtigung der abschreibungsbedingt sinkenden Werte der Netzanschlusskostenbeiträge und Baukostenzuschüsse wird ein finanzieller Übergangssockel gebildet und so die kalkulatorische Eigenkapitalverzinsung - im Vergleich zu einer uneingeschränkten Anwendung des Kapitalkostenabzugs nach § 6 Abs. 3 ARegV - zugunsten der Netzbetreiber gezielt erhöht. Diese erhalten dadurch das vom Verordnungsgeber intendierte Budget zum Ausgleich individueller Lasten, die sich als Folge des Systemwechsels einstellen können. Es trifft also nicht zu, dass die Netzbetreiber, wie das Beschwerdegericht und die Beschwerdeführerin meinen, durch die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur schlechter gestellt werden, als sie ohne die Übergangsregelung stünden. Vielmehr wird ihnen lediglich eine - vom Verordnungsgeber nicht beabsichtigte - darüber hinausgehende Begünstigung versagt, wenn in der Übergangszeit beim Kapitalkostenabzug die Abschreibungen für Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge aus dem Zeitraum von 2007 bis 2016 noch nicht berücksichtigt werden. Da während der dritten Regulierungsperiode vereinnahmte Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge nur als Rechenpositionen im Kapitalkostenaufschlag erfasst und als Abzugsposten bei den Kapitalkosten berücksichtigt werden, für die die Übergangsregelung in § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV aF nicht gilt, kommt es auch nicht zu einer künstlichen Überhöhung des Abzugskapitals.
Rz. 38
Unerheblich ist insoweit, dass Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge nicht notwendig auf konkrete Investitionen bezogen sind, sondern auch pauschal berechnet werden können, und dass daher ein unmittelbarer (rechtlicher) Zusammenhang mit konkreten Investitionen und Aktivierungsjahren nicht besteht. Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge stehen jedenfalls immer in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit Investitionen der Netzbetreiber. Nichts anderes bringt die Anreizregulierungsverordnung mit der in § 6 Abs. 3 Satz 4 ARegV gewählten Formulierung der "hierauf entfallenden" Netzanschlusskostenbeiträge und Baukostenzuschüsse zum Ausdruck.
Rz. 39
c) Auch nach der seit dem 31. Juli 2021 geltenden Neuregelung des § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV sind Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge, die für zwischen dem 1. Januar 2007 und dem 31. Dezember 2016 aktivierte Investitionen in betriebsnotwendige Anlagegüter vereinnahmt wurden, für die Dauer der gesamten Regulierungsperiode mit dem kalkulatorischen Restwert des Basisjahres anzusetzen. In § 34 Abs. 5 Satz 1 ARegV nF ist nunmehr ausdrücklich geregelt, dass § 6 Abs. 3 ARegV sowohl hinsichtlich der entsprechenden Kapitalkosten als auch hinsichtlich der hierauf entfallenden Baukostenzuschüsse, Netzanschlusskostenbeiträge und Sonderposten für Investitionszuschüsse für die Dauer der dritten Regulierungsperiode keine Anwendung findet. Damit hat die nunmehr geltende Fassung des § 34 Abs. 5 ARegV denselben Regelungsgehalt wie seine - von Bundesnetzagentur und Beschwerdegericht angewandte - Vorgängerfassung. Es handelt sich mithin - wovon auch der Verordnungsgeber ausgegangen ist, der als Zweck der Neufassung die "Klarstellung verschiedener Aspekte" genannt hat (vgl. die Begründung des Beschlusses des Bundesrates vom 25. Juni 2021 betreffend die Verordnung zur Änderung der Anreizregulierungsverordnung und der Stromnetzentgeltverordnung, BR-Drucks. 405/21 [Beschluss], S. 2) - um eine rein deklaratorische Neuregelung, die auch dann verfassungsrechtlich unbedenklich ist, wenn sie sich auf Sachverhalte in der Vergangenheit bezieht, weil sie keinen materiell rückwirkenden Charakter hat (vgl. BVerfGE 135, 1 Rn. 44 ff. mwN). Die von der Betroffenen aufgeworfene Frage, ob § 34 Abs. 5 ARegV nF echte oder unechte Rückwirkung entfaltet und welche Folgen sich daraus gegebenenfalls ergeben würden, stellt sich daher im Streitfall nicht.
Rz. 40
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG; die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG und § 3 ZPO.
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