Verfahrensgang
LG Mainz (Entscheidung vom 13.09.2022; Aktenzeichen 5 KLs 3300 Js 10684/22) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mainz vom 13. September 2022 aufgehoben, soweit die Einziehung folgender Gegenstände angeordnet worden ist: „Betäubungsmittel verpackt in Folientüten oder Alufolie“, „Konsumutensilien“ und „diverse Tabletten, Kapseln und Ampullen sowie Medikamentenfläschchen“.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „unerlaubten“ bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln „in nicht geringer Menge“ in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unter Bestimmung eines Teilvorwegvollzugs der Strafe angeordnet sowie Einziehungsentscheidungen getroffen. Gegen das Urteil wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die nicht ausgeführte allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende materiellrechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch, zur Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt sowie zur Anordnung eines Teilvorwegvollzugs der Strafe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Rz. 3
2. Dagegen halten die Einziehungsentscheidungen der revisionsrechtlichen Kontrolle nicht in vollem Umfang stand.
Rz. 4
a) Die - nicht begründete - Einziehung von „Betäubungsmittel(n) verpackt in Folientüten oder Alufolie“, „Konsumutensilien“ und „diverse(n) Tabletten, Kapseln und Ampullen sowie Medikamentenfläschchen“ erweist sich, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, als rechtsfehlerhaft.
Rz. 5
Denn einzuziehende Gegenstände müssen in der Urteilsformel so genau bezeichnet werden, dass für alle Beteiligten und die Vollstreckungsorgane aus dem Tenor selbst zweifelsfrei erkennbar ist, welche Objekte der Einziehung unterworfen sind (st. Rspr.; s. nur BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2021 - 4 StR 351/21, juris Rn. 7; vom 8. April 2020 - 3 StR 55/20, juris Rn. 3; vom 28. August 2019 - 4 StR 317/19, juris Rn. 8; MüKoStPO/Maier, § 260 Rn. 322; KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 260 Rn. 43). Zwar kann bei umfangreichen Einziehungen die Benennung der Gegenstände in einer besonderen Anlage zum Tenor erfolgen, die als dessen Bestandteil in die Urteilsurkunde aufzunehmen ist (BGH, Beschluss vom 10. November 2016 - 1 StR 453/16, NStZ 2017, 88; Schönke/Schröder/Eser/Schuster, StGB, 30. Aufl., § 74 Rn. 32; KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 260 Rn. 43). Die Anordnung der Einziehung muss allerdings stets aus sich heraus und insbesondere ohne Bezugnahme auf nicht zum Urteil gehörende Schriftstücke verständlich sein. Daher genügt auch ein Verweis auf ein bei den Akten befindliches Asservatenverzeichnis den rechtlichen Anforderungen nicht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 27. Oktober 2021 - 4 StR 351/21, juris Rn. 7; vom 10. November 2016 - 1 StR 453/16, NStZ 2017, 88 f.; Fischer, StGB, 70. Aufl., § 74 Rn. 24; MüKoStGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl., § 74 Rn. 41; Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 33 Rn. 22). Bei Betäubungsmitteln bedarf es der Angabe von Art und Menge des eingezogenen Rauschgifts (BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2022 - 3 StR 118/22, juris Rn. 11; vom 4. September 2019 - 2 StR 221/19, juris Rn. 3; vom 26. Januar 2017 - 5 StR 531/16, juris Rn. 3; Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 33 Rn. 22; KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 260 Rn. 43).
Rz. 6
Hieran gemessen ist die Einziehungsanordnung rechtlich defizitär. Denn die Einziehungsgegenstände werden, soweit es „Betäubungsmittel verpackt in Folientüten oder Alufolie“, „Konsumutensilien“ und „diverse Tabletten, Kapseln und Ampullen sowie Medikamentenfläschchen“ betrifft, in der Urteilsformel lediglich allgemein ihrer Gattung nach beschrieben, nicht aber aus sich heraus verständlich so präzise bezeichnet, dass Klarheit über den Einziehungsumfang besteht. Die Anführung von Asservatennummern vermag diesen Mangel nicht zu beheben. Auch aus den Urteilsgründen erschließt sich der Einziehungsumfang nicht, so dass schon deshalb eine Präzisierung der Urteilsformel durch den Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO (s. hierzu BGH, Beschlüsse vom 26. Januar 2017 - 5 StR 531/16, juris Rn. 3; vom 14. Mai 2014 - 3 StR 398/13, NStZ-RR 2015, 16, 17) ausgeschlossen ist.
Rz. 7
Hinzu kommt, dass - nicht zuletzt in Ermangelung einer Begründung der hier relevanten Einziehungsentscheidungen - das angefochtene Urteil nicht erkennen lässt, inwieweit die vorgenannten Gegenstände Tatmittel oder Tatobjekte der verfahrensgegenständlichen Tat waren. Damit bleibt unklar, ob insofern die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einziehungsanordnung gegeben sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 31. Mai 2022 - 3 StR 122/22, juris Rn. 27; vom 2. November 2021 - 3 StR 324/21, juris Rn. 5; vom 7. Februar 2017 - 3 StR 557/16, NStZ-RR 2017, 220; vom 20. Februar 2002 - 3 StR 14/02, juris Rn. 3 ff.).
Rz. 8
Im Umfang der Aufhebung bedarf die Sache daher der neuen Verhandlung und Entscheidung. Ein revisionsgerichtlicher Ausspruch über die Aufhebung oder Aufrechterhaltung von Feststellungen gemäß § 353 Abs. 2 StPO (vgl. KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 253 Rn. 23 ff.) ist nicht veranlasst, weil hinsichtlich der aufgehobenen Einziehungsentscheidungen vom Tatgericht keine getroffen worden sind.
Rz. 9
b) Im Übrigen hat die Einziehungsanordnung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Schäfer |
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Voigt |
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Fundstellen
Haufe-Index 15615882 |
StV 2024, 440 |