Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 10. Juli 2023, soweit es ihn betrifft, aufgehoben
a) in den Fällen II.1.6, II.1.7 und II.1.18 der Urteilsgründe, wobei die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufrechterhalten bleiben;
b) mit den jeweiligen Feststellungen in den Aussprüchen über
aa) die Jugendstrafe;
bb) die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in fünf Fällen und versuchten schweren Bandendiebstahls in drei Fällen zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt sowie die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es gegen ihn Einziehungsanordnungen getroffen. Gegen das Urteil hat der Angeklagte Revision eingelegt, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und ist im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Die Verurteilung wegen versuchten schweren Bandendiebstahls (Fälle II.1.6, II.1.7 und II.1.18 der Urteilsgründe; im Folgenden Fälle 6, 7, 18) hat keinen Bestand, weil das Landgericht die Möglichkeit strafbefreiender Rücktritte (§ 24 Abs. 2 StGB) nicht erkennbar in Betracht gezogen hat. Insbesondere hat es versäumt, die insofern allein maßgebliche subjektive Sicht des Angeklagten nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung darzustellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2020 - 6 StR 43/20, Rn. 9; Beschluss vom 5. September 2019 - 4 StR 394/19, NStZ 2020, 82, Rn. 6; jeweils mwN).
Rz. 3
Dies war hier nicht ausnahmsweise entbehrlich, weil nach den Feststellungen nicht sicher von fehlgeschlagenen Versuchen auszugehen ist, von denen der Angeklagte nicht mehr strafbefreiend hätte zurücktreten können (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. Mai 2023 - 3 StR 137/23, NStZ 2024, 31; vom 5. September 2019 - 4 StR 394/19, NStZ 2020, 82). Das Landgericht hat insoweit lediglich festgestellt, dass im Fall 6 der Angeklagte und sein Mittäter „den PKW nicht zu starten vermochten, weil von einem der Bandenmitglieder der Zeuge S. gesehen wurde, der sich dem PKW näherte“ und im Fall 7 das Fahrzeug „möglicherweise deshalb“ nicht gestartet werden konnte, weil Anwohner zwei bereits im PKW sitzende Bandenmitglieder sahen. Letztlich gilt dies auch für Fall 18. Hier hat sich das Landgericht mit der Feststellung begnügt, dass die Täter das Tür- und Zündschloss „gezogen“ hatten, „ohne das Fahrzeug jedoch starten zu können“. Danach bleibt offen, ob dies auf die unzureichenden Fertigkeiten der Täter oder auf andere Gründe zurückzuführen war.
Rz. 4
Neben den Schuldsprüchen sind die Feststellungen zur subjektiven Tatseite in den Fällen 6, 7 und 18 aufzuheben, um dem neu zur Entscheidung berufenen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen (§ 353 Abs. 2 StPO). Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen können hingegen bestehen bleiben und durch ihnen nicht widersprechende ergänzt werden. Die Teilaufhebung entzieht auch der Jugendstrafe die Grundlage.
Rz. 5
2. Die Einziehungsanordnung hat ebenfalls keinen Bestand. Das Landgericht hat gegen den Angeklagten die gesamtschuldnerische Einziehung des Wertes von Taterträgen zum einen in Höhe von 11.000 Euro aus Fall 5 und zum anderen in Höhe von 88.500 Euro aus weiteren Fällen angeordnet.
Rz. 6
Die Einziehungsanordnung zu Fall 5 ist schon deshalb fehlerhaft, weil der Angeklagte entgegen § 73 Abs. 1 StGB an dieser Tat weder als Täter noch als Teilnehmer mitwirkte und auch nicht als „ein anderer“ im Sinne des § 73b i.V.m. § 73c StGB etwas erlangte. Dies gilt entsprechend für die Einziehung der 88.500 Euro. Ausweislich der Urteilsgründe soll dieser Betrag dem Gesamtwert der in den Fällen 8 bis 14, 16 und 17 sowie 19 bis 21 entwendeten Fahrzeuge entsprechen. Insoweit hat das Landgericht übersehen, dass der Beschwerdeführer nur an den Fällen 8, 9 sowie 19 bis 21 beteiligt war; im Übrigen ist nicht festgestellt, dass er etwas im Sinne des § 73b i.V.m. § 73c StGB erlangte. Doch auch soweit der Angeklagte an einzelnen Taten mitgewirkt hat, kann der Einziehungsausspruch keinen Bestand haben, weil das Urteil keine Grundlage für die Bestimmung des Wertes der Fahrzeuge enthält, worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hinweist. Zwar können nach § 73d Abs. 2 StGB Umfang und Wert des Erlangten geschätzt werden. Doch muss das Tatgericht hierfür über eine sichere Grundlage verfügen; diese muss den Urteilsgründen nachvollziehbar zu entnehmen sein (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. März 2007 - 2 StR 598/06; vom 23. Januar 2020 - 3 StR 27/19; vom 18. April 2023 - 6 StR 256/22). Daran fehlt es hier.
Sander |
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Feilcke |
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Tiemann |
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von Schmettau |
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Arnoldi |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16198293 |