Verfahrensgang
LG Hagen (Urteil vom 28.05.2004) |
Tenor
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hagen vom 28. Mai 2004 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Ferner hat es seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist unbegründet, da die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Erörterung bedarf nur die Rüge zu § 51 Abs. 1 BZRG:
Die Revision beanstandet, daß das Landgericht bei der Prüfung der Frage, ob bei dem Angeklagten ein Hang im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB besteht, ein Geschehen aus dem Jahre 1984 mitberücksichtigt hat. Der damals 7-jährige Angeklagte hatte gemeinsam mit einem Spielkameraden ein 4-jähriges Kind zunächst mit dem Gesicht nach unten in einen Sandkasten gelegt und es mit Sand zugedeckt. Anschließend sprang der Angeklagte vom Rand des Sandkastens mit den Füßen auf den Kopf des Kindes, das dadurch
zu Tode kam. Die Revision vertritt die Auffassung, dieser Vorfall könne in entsprechender Anwendung des § 51 Abs. 1 BZRG nicht verwertet werden. Dem Angeklagten könne es nicht zum Nachteil gereichen, daß er zum Zeitpunkt des Geschehens noch strafunmündig war. Wäre er wegen dieser Tat bestraft worden, so wäre die entsprechende Verurteilung bereits aus dem Strafregister getilgt worden. Nach § 51 Abs. 1 BZRG hätte dann die Tat auch nicht bei der Beurteilung des Hanges im Rahmen des § 66 StGB zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen.
Die Rüge ist unbegründet. Die Bestimmung des § 51 Abs. 1 BZRG setzt nach ihrem klaren Wortlaut eine Verurteilung voraus. Eine erweiternde Auslegung dieser Ausnahmevorschrift auf Fälle, in denen eine Verurteilung nicht erfolgt ist, verbietet sich. Zweck des Verwertungsverbots in § 51 Abs. 1 BZRG ist es, den Verurteilten vom Strafmakel zu befreien und dadurch seine Resozialisierung zu fördern (vgl. Rebmann/Uhlig BZRG § 51 Rdn. 1; Götz/Tolzmann BZRG 4. Aufl. § 51 Rdn. 4). Dieser Normzweck greift nicht, wenn eine Verurteilung nicht stattgefunden hat. Der Bundesgerichtshof hat daher ein Verwertungsverbot in einem Fall verneint, in dem das frühere Verfahren durch Einstellung geendet hatte (BGHSt 25, 64). Dies hat erst recht zu gelten, wenn es – wie im vorliegenden Fall – nicht einmal zur Durchführung eines Strafverfahrens gekommen ist.
Der Senat braucht daher hier nicht die Frage zu entscheiden, ob § 51 Abs. 1 BZRG auch der Berücksichtigung von getilgten oder tilgungsreifen Verurteilungen bei der Beurteilung des Hanges im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB entgegensteht (so BGH, Beschl. vom 4. Oktober 2000 – 2 StR 352/00 = StV 2002, 479; vgl. hierzu auch Rebmann/Uhlig aaO § 51 Rdn. 42). Dagegen könnte mit Blick auf § 52 Abs. 1 Nr. 2 BZRG sprechen, daß gemäß § 246 a StPO die Anordnung einer Maßregel nach § 66 StGB das Gutachten eines Sachverständigen voraussetzt, der zu den Persönlichkeitsmerkmalen des Angeklagten, die einen Hang begründen können, in der Hauptverhandlung zu hören ist.
Unterschriften
VRi'inBGH Dr. Tepperwien ist krankheitshalber verhindert zu unterschreiben Maatz, Athing, Maatz, Ernemann, Sost-Scheible
Fundstellen
Haufe-Index 2557010 |
NStZ 2005, 397 |
ZAP 2005, 647 |
StraFo 2005, 251 |
VRR 2005, 203 |