Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 28.02.2007; Aktenzeichen 2/9 T 78/07) |
AG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 15.01.2007; Aktenzeichen 810 IK 231/05 M-2) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 28. Februar 2007 wird auf Kosten der Gläubiger als unzulässig verworfen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt 5 000 EUR.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Die Schuldnerin beantragte am 19. Mai 2005 die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens und die Gewährung von Restschuldbefreiung. Das Verfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – vom 3. Juni 2006 eröffnet. Die beschwerdeführenden Gläubiger haben fristgemäß beantragt, der Schuldnerin die begehrte Restschuldbefreiung zu versagen.
Rz. 2
Das Amtsgericht hat der Schuldnerin Restschuldbefreiung gewährt. Diese Entscheidung hat das Landgericht bestätigt. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Gläubiger ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 3
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, §§ 7, 6 Abs. 2, § 289 Abs. 2 Satz 1 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil keiner der in § 574 Abs. 2 ZPO genannten Zulässigkeitsgründe eingreift.
Rz. 4
1. Soweit die Gläubiger der Schuldnerin vorwerfen, sich nicht zum Verkehrswert ihres Grundvermögens geäußert und deshalb unvollständige Angaben im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO gemacht zu haben, ist ein Zulässigkeitsgrund nicht ordnungsgemäß dargelegt.
Rz. 5
a) Die Verpflichtung des Schuldners zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses ergibt sich aus § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Das Vermögensverzeichnis hat eine Aufstellung aller dem Schuldner gehörenden Vermögenswerte zu enthalten (FK-Grote, InsO 4. Aufl. § 305 Rn. 23; HmbKomm-InsO/Streck, 2. Aufl. § 305 Rn. 21). Ob es inhaltlich den Anforderungen des § 807 ZPO zu entsprechen hat, ist umstritten (befürwortend etwa MünchKomm-InsO/Ott, § 305 Rn. 38; Römermann in Nerlich/Römermann, InsO § 305 Rn. 40; a.A. FK-InsO/ Grote, aaO). Dies kann hier offen bleiben, weil § 305 InsO zwar die Offenlegung des unbeweglichen Vermögens, jedoch keine Wertangaben hierzu verlangt. Die Rechtsbeschwerde legt nicht dar, aus welcher Rechtsgrundlage eine Verpflichtung des Schuldners folgt, über die Angabe der Vermögensgegenstände hinaus auch deren Wert mitzuteilen. Soweit in den vorgedruckten Antragsformularen entsprechende Angaben gefordert werden, können aus einer Nichtbeantwortung keine dem Schuldner nachteiligen Schlussfolgerungen hergeleitet werden.
Rz. 6
b) Im Übrigen ist nicht dargetan, dass die Schuldnerin die Wertgutachten vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht vorgelegt hat. Die Wertgutachten waren in den Jahren 1995 und 1998 erstellt worden, während die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst im Jahre 2005 beantragt wurde. Angesichts des zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablaufs durfte die Schuldnerin davon ausgehen, dass die Gutachten keine annähernd verlässliche Grundlage für die Wertbemessung mehr bilden. Nach den unbestrittenen Angaben der Treuhänderin liegt der tatsächliche Wert der Grundstücke im Blick auf dingliche Belastungen, den tatsächlichen Zustand und die gegenwärtigen Marktverhältnisse weit unter den Festsetzungen der Wertgutachten.
Rz. 7
2. Im Blick auf den Verkauf des Grundstücks G.… rügt die Rechtsbeschwerde zu Unrecht einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG.
Rz. 8
Die Annahme der Gläubiger, die Schuldnerin müsse durch den Verkauf des Grundstücks einen Erlös in Höhe von 500 000 EUR erzielt haben, ist reine Spekulation. Das von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommene Vorbringen der Gläubiger, die Veräußerung müsse kurz vor Insolvenzeröffnung im Jahre 2005 erfolgt sein, ist mit den auf die Angaben der Treuhänderin gestützten Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht zu vereinbaren, wonach die Veräußerung bereits am 6. Januar 2003 erfolgt ist. Art. 103 Abs. 1 GG gibt keinen Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit Vorbringen einer Partei in der Weise auseinandersetzt, die sie selbst für richtig hält (BVerfGE 80, 269, 286).
Rz. 9
3. Hinsichtlich etwaiger Falschangaben zu den Wohnungskosten der Schuldnerin hat das Beschwerdegericht angenommen, dass es sich um einen unerheblichen Verstoß handele, der nicht die Versagung der Restschuldbefreiung rechtfertige. Damit ist das Beschwerdegericht – wie auch die Rechtsbeschwerde einräumt – im Grundsatz der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt (vgl. BGH, Beschl.v. 7. Dezember 2006 – IX ZB 11/06, ZInsO 2007, 96, 97 Rn. 8). Wo die Wesentlichkeitsgrenze verläuft, beurteilt sich auch nach dem jeweiligen Einzelfall (vgl. BGH, Beschl.v. 9. Dezember 2004 – IX ZB 132/04, ZInsO 2005, 146). Ein Eingreifen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist darum nicht geboten.
Rz. 10
4. Soweit die Rechtsbeschwerde unrichtige Angaben zur Höhe der Mieteinkünfte rügt, wird lediglich pauschal und ohne nähere Darlegung der Zulässigkeitsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geltend gemacht. Insoweit scheiden vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschangaben jedenfalls aus, weil durch die beigefügten Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse die Mieteinkünfte offengelegt wurden. Davon abgesehen kann der Vorwurf grober Fahrlässigkeit auch entfallen, wenn der Schuldner meint, gepfändete Einkünfte nicht angeben zu müssen, weil sie nicht mehr seinem Zugriff unterliegen (BGH, Beschl.v. 20. Dezember 2007 – IX ZB 189/06, NZI 2008, 195, 196 Rn. 12).
Fundstellen
VuR 2008, 319 |
WuM 2008, 416 |
NJW-Spezial 2008, 438 |