Entscheidungsstichwort (Thema)
Markenanmeldung C 42 451/3 Wz
Leitsatz (amtlich)
Die Feststellung, ob der angesprochene Verkehr einem einzelnen Bestandteil einer Marke eine deren Gesamteindruck prägende Wirkung beimißt, ist allein anhand der Gestaltung der Marke selbst zu treffen; auf die Frage, wie die Marken Dritter – etwa die Widerspruchsmarke – gestaltet sind, kommt es dabei grundsätzlich nicht an.
Normenkette
MarkenG § 9 Abs. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 24. Senats (Marken-Beschwerdesenats I) des Bundespatentgerichts vom 13. August 1996 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 31. August 1991 eingereichten Anmeldung Schutz für das nachstehend abgebildete Zeichen für die Waren „Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel”.
Der gemäß § 5 Abs. 2 WZG bekanntgemachten Anmeldung hat die Inhaberin der prioritätsälteren IR-Marke Nr. 323 091 gemäß der nachfolgenden Abbildung registriert für die Waren „Shampooings, lotions capillaires, préparations pour blondir, huile pour les cheveux, poudre pour les cheveux, teinture pour les cheveux, huile pour la peau, eaux de toilette, préparations pour les soins de la bouche et des dents, pommades, fixatifs et crèmes”, und der prioritätsälteren IR-Marke Nr. 323 092 „RAUSCH”, u.a. registriert für „Produits cosmétiques, parfumeries, savons”, in vollem Umfang widersprochen.
Die Prüfungsstelle für Klasse 3 Wz des Deutschen Patentamts hat durch einen ersten Beschluß die Widersprüche wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat sie die zeichenrechtliche Übereinstimmung des angemeldeten Zeichens mit den Widerspruchsmarken festgestellt und dem angemeldeten Zeichen die Eintragung versagt.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben (BPatGE 36, 279 = BPatG GRUR 1997, 290).
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Widersprechende beantragt, verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat – unter Anwendung des neuen Markenrechts – eine Verwechslungsgefahr der angemeldeten Marke mit der IR-Marke Nr. 323 092 „RAUSCH” bejaht und dazu ausgeführt:
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sei im wesentlichen von der Frage abhängig, ob innerhalb der angemeldeten Mehrwortmarke der Bestandteil „RAUCH” allein mit der Widerspruchsmarke verglichen werden könne. Dies sei zu bejahen.
Die angemeldete Marke sei aus dem schriftbildlich kleiner gehaltenen Wort „VIENNA”, der Angabe des Firmensitzes der Anmelderin, und den beiden hervorgehobenen Worten „ELFI RAUCH” zusammengesetzt. Der Angabe des Firmensitzes komme insgesamt keine wesentliche kennzeichnende Funktion zu. Die beiden hervorgehobenen Wörter seien für den unbefangenen Betrachter ohne weiteres als Vor- und Familienname erkennbar, da „Elfi” insbesondere im süddeutschen Raum ein gebräuchlicher weiblicher Vorname sei und „Rauch” einen ebenso üblichen Familiennamen darstelle. In derartigen Zeichen entbehre ein Vorname jedenfalls dann jeglicher Unterscheidungskraft, wenn die mit dem aus Vor- und Familiennamen gebildeten Zeichen zu vergleichende Kennzeichnung lediglich aus einem Familiennamen bestehe und deshalb vom Verkehr angenommen werden könne, daß der Träger des alleinstehenden Familiennamens den gleichen Vornamen habe. Zwar könne nach der Rechtsprechung hiervon dann nicht ausgegangen werden, wenn es sich um einen Namen handele, der einen wesentlichen Teil seiner Einprägsamkeit durch eine gewisse Ausgefallenheit gerade des Vornamens erhalte. So liege es im Streitfall bezüglich des Vornamens „Elfi” jedoch nicht. Deshalb bestehe keine Veranlassung, von dem in ständiger Rechtsprechung anerkannten Erfahrungssatz abzuweichen, wonach sich zumindest maßgebliche Teile des Verkehrs bei aus Vor- und Familiennamen zusammengesetzten Marken vornehmlich an dem jeweiligen Familiennamen als selbständig kennzeichnendem Bestandteil orientierten. Dies gelte jedenfalls für das in Frage stehende Warengebiet. Unter Berücksichtigung der festgestellten tatsächlichen Umstände sei daher davon auszugehen, daß entscheidungserhebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise den als Familiennamen aufgefaßten Bestandteil „RAUCH” als für den Gesamteindruck der angemeldeten Marke (mit-)prägend erachteten.
Insoweit sei eine klangliche Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke „RAUSCH” nicht auszuschließen. Dabei sei zu berücksichtigen, daß angesichts der Nähe der beiderseitigen Waren und eines – mangels entgegenstehender Anhaltspunkte – normalen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke das angemeldete Zeichen einen deutlichen Abstand zu dieser einzuhalten habe. Hierfür reichten die Unterschiede am jeweiligen Wortende nicht aus, zumal zwischen „ch” und „sch” auch eine nicht nur mundartlich bedingte Klangverwandtschaft bestehe.
Auf die Frage einer Verwechslungsgefahr des angemeldeten Zeichens mit der IR-Marke Nr. 323 091 (Wort-/Bildmarke), hinsichtlich der die Beschwerde der Anmelderin als zur Zeit gegenstandslos anzusehen sei, brauche bei dem gegebenen Sachstand nicht eingegangen zu werden.
III. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
Das Bundespatentgericht hat eine der Eintragung des angemeldeten Zeichens entgegenstehende – nach §§ 152, 158 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu beurteilende – markenrechtliche Verwechslungsgefahr auf der bisher gegebenen Tatsachengrundlage zu Unrecht angenommen.
1. Das Bundespatentgericht ist zutreffend von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz ausgegangen, daß bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen ist (vgl. EuGH, Urt. v. 11.11.1997 - Rs. C-251/95, GRUR 1998, 387, 390 Tz. 23 = WRP 1998, 39 - Sabèl/Puma; BGH, Beschl. v. 29.6.1995 - I ZB 22/93, GRUR 1996, 198, 199 = WRP 1997, 443 - Springende Raubkatze, m.w.N.), ohne daß es darauf ankommt, welches Zeichen prioritätsälter ist (BGH, Beschl. v. 4.7.1996 - I ZB 6/94, GRUR 1996, 977 = WRP 1997, 571 - DRANO/P3-drano; Urt. v. 18.6.1998 - I ZR 15/96, GRUR 1998, 942 = WRP 1998, 990 - ALKA-SELTZER; Beschl. v. 4.2.1999 - I ZB 38/96, GRUR 1999, 583, 584 = WRP 1999, 662 - LORA DI RECOARO).
Der genannte Grundsatz beruht auf der Erwägung, daß der markenrechtliche Schutz von der eingetragenen Gestaltung der Marke auszugehen hat und eine Ähnlichkeit der Marke mit einem angegriffenen Zeichen nur in bezug auf die konkrete Form, in der dieses verwendet wird, festgestellt werden kann. Das schließt aber nicht aus, daß einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, das gesamte Zeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen ist und deshalb bei Übereinstimmung von Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr einer Verwechslung der beiden Gesamtbezeichnungen zu bejahen ist (BGHZ 131, 122, 125 - Innovadiclophlont; BGH GRUR 1998, 942 - ALKA-SELTZER; Urt. v. 18.6.1998 - I ZR 25/96, GRUR 1999, 238, 239 = WRP 1999, 189 - Tour de culture; Beschl. v. 2.7.1998 - I ZB 36/95, GRUR 1998, 1014 = WRP 1998, 988 - ECCO II, jeweils m.w.N.).
2. Die Annahme des Bundespatentgerichts, es sei davon auszugehen, daß entscheidungserhebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise den als Familiennamen aufgefaßten Bestandteil „RAUCH” des angemeldeten Zeichens als für dessen Gesamteindruck (mit-)prägend erachteten, reicht jedoch für die Annahme, die weiteren Bestandteile des angemeldeten Zeichens träten für den Verkehr in einer Weise zurück, daß sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnten (vgl. BGH, Beschl. v. 9.5.1996 - I ZB 11/94, GRUR 1996, 775, 777 = WRP 1996, 903 - Sali Toft; GRUR 1998, 942, 943 - ALKA-SELTZER; Beschl. v. 6.5.1999 - I ZB 54/96 - HONKA, Umdr. S. 12), nicht aus. Wird – wie das Bundespatentgericht in tatrichterlicher Würdigung ausgeführt hat – der Gesamteindruck der angemeldeten Marke von einem von zwei Wortbestandteilen lediglich (mit-)geprägt, kann nicht ausgeschlossen werden, daß beachtliche Verkehrskreise das Zeichen in seiner Gesamtheit, nämlich bestehend aus den beiden Wortbestandteilen „ELFI RAUCH” wahrnehmen, weil auch der weitere Bestandteil „ELFI” an der Prägung des Gesamteindrucks teilhat. Deshalb reicht die bloße Mitprägung des Gesamteindrucks eines Zeichens durch einen Bestandteil ebensowenig für die Annahme aus, der Verkehr vernachlässige weitere Zeichenbestandteile in einer Weise, daß sie für den Gesamteindruck weitgehend in den Hintergrund treten, wie die Feststellung, der Gesamteindruck eines Zeichens werde von einem Bestandteil wesentlich mitbestimmt (BGH, Beschl. v. 6.5.1999 - I ZB 54/96 - HONKA, Umdr. S. 13).
Etwas anderes ist auch nicht der Entscheidung „Springende Raubkatze” (BGH GRUR 1996, 198, 200) zu entnehmen. Zwar ist dort an einer Stelle das Wort „(mit-)prägen” verwendet, das – für sich genommen – ein Verständnis nicht ausschließt, nach dem dem fraglichen Bestandteil nur neben weiteren Bestandteilen ein Einfluß auf den Gesamteindruck beigemessen wird. Ein solches Verständnis des Begriffs (mit-)prägen würde das Wort im konkreten Fall allerdings in unzulässiger Weise aus dem Zusammenhang der Gründe reißen und ihm einen diesem nicht entnehmbaren Sinn unterlegen. Der Bundesgerichtshof ist nämlich davon ausgegangen, daß einem einzelnen Markenbestandteil ausnahmsweise eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft zugemessen werden kann, wenn diesem Bestandteil in der Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommt und er deshalb geeignet ist, die Erinnerung an das Gesamtzeichen wachzurufen, während die weiteren Elemente der Marke nur eine eher untergeordnete Bedeutung haben. Hieraus ist – im Gegenschluß – zu entnehmen, daß die Feststellung der Prägung des Gesamteindrucks eines mehrteiligen Zeichens durch einen Bestandteil zugleich zur Folge hat, daß die weiteren Bestandteile so in den Hintergrund treten, daß sie für den Verkehr an Bedeutung verlieren und zum Gesamteindruck des Zeichens nicht beitragen. Ein anderes, auf ein bloßes (Mit-)Prägen abstellendes Verständnis hat der Bundesgerichtshof auch sonst in Entscheidungen, die die Vorschriften des Markengesetzes betreffen, nicht zugrunde gelegt. Das entspricht auch der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften bei der Auslegung von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL, nach der auf den Gesamteindruck abzustellen ist, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und sie dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (GRUR 1998, 387, 390 Tz. 23 - Sabèl/Puma).
3. Aus den sonstigen Feststellungen des Bundespatentgerichts ergibt sich kein hinreichender Anhalt dafür, daß bei der Verwendung von Vor- und Familiennamen in einer Marke erstere vom Verkehr grundsätzlich in einer Weise vernachlässigt werden, daß sie für den Gesamteindruck der jeweiligen Zeichen in den Hintergrund treten könnten.
Zwar gilt an sich der Erfahrungssatz, daß der Verkehr dazu neigt, Bezeichnungen in einer die Aussprechbarkeit und Merkbarkeit erleichternden Weise zu verkürzen (BGH, Beschl. v. 1.10.1998 - I ZB 28/96, GRUR 1999, 241, 244 = WRP 1999, 192 - Lions, m.w.N.). Es erscheint jedoch schon zweifelhaft, ob das auch uneingeschränkt gelten kann, wenn es sich – wie im Streitfall – um einen Namen handelt, der nicht nur einen Teil seiner Einprägsamkeit, sondern auch seine eigentliche Individualisierungsfunktion nicht zuletzt durch den Vornamen erhält. Da der Verkehr – vor allem auf dem hier in Frage stehenden Warensektor – jedenfalls, wie die vom Bundespatentgericht herangezogenen Benutzungsbeispiele erweisen, auch daran gewöhnt ist, daß Kennzeichen aus einem vollständigen, Vor- und Familiennamen umfassenden Namen bestehen, wird er erfahrungsgemäß in derartigen Fällen die Marke so verstehen, wie sie ihm entgegentritt.
Die vom Bundespatentgericht angeführten Benutzungsbeispiele belegen für sich nicht, daß auf dem Gebiet der Kosmetik bei aus Vor- und Familiennamen bestehenden Zeichen vom Verkehr die Vornamen vernachlässigt werden. Die Werbeprospekte zeigen unterschiedliche Verwendungsweisen, denen hinreichende Anhaltspunkte für die vom Bundespatentgericht zugrunde gelegte Verkehrsübung nicht entnommen werden können. Jedenfalls für weniger bekannte Kennzeichnungen, wie das bisher lediglich angemeldete Zeichen der Anmelderin, ist für das in Frage stehende Warengebiet der Seifen, Parfümerien und der Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, auf dem der Verkehr erfahrungsgemäß auch an eine hinter der Ware stehende Person denkt, nicht ersichtlich, daß der Verkehr auf die genaue Individualisierung auch durch den Vornamen in aller Regel keinen Wert legt.
4. Das Bundespatentgericht hat – unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 26.5.1961 - I ZR 74/60, GRUR 1961, 628, 630 - Umberto Rosso, zu §§ 15, 24 WZG; Urt. v. 28.2.1991 - I ZR 110/89, GRUR 1991, 475, 477 = WRP 1991, 477 - Caren Pfleger, zu § 16 UWG) – angenommen, daß es einem Vornamen jedenfalls dann an jeder Unterscheidungskraft fehle, und er deshalb für den Gesamteindruck von ganz untergeordneter Bedeutung sei, wenn – wie im Streitfall – einem aus Vor- und Familiennamen gebildeten jüngeren Zeichen eine ältere Marke gegenübersteht, die lediglich aus einem Familiennamen besteht. Das ist nicht frei von Rechtsfehlern.
Bezüglich der danach erforderlichen tatsächlichen Gegebenheiten für die Annahme der erwähnten Kollisionslage fehlt es an ausreichenden tatrichterlichen Feststellungen. Das Bundespatentgericht durfte nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß der Verkehr das Wort „Rausch” in der Widerspruchsmarke als Familiennamen versteht; denn das Wort hat neben dieser Funktion auch eine allgemein bekannte Bedeutung als gängiges Wort der deutschen Alltagssprache im Sinne eines Zustands der Erregung oder der Begeisterung. Das Bundespatentgericht hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, inwieweit der Verkehr gerade im Blick auf die Waren des Warenverzeichnisses einen Anlaß hat, die Widerspruchsmarke in erster Linie als Namensmarke zu verstehen, zumal es sich bei „Rausch” um einen verbreiteten, wenig auffälligen und deshalb für eine Marke weniger geeigneten Familiennamen handelt. Diese Beurteilung wird das Bundespatentgericht im neu eröffneten Beschwerdeverfahren nachzuholen haben.
Soweit es erneut zu der Auffassung gelangt, die Widerspruchsmarke werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als Namensmarke verstanden, es stünden sich also ein Familienname und ein aus Vor- und Familienname bestehender vollständiger Name gegenüber, wird es zu beachten haben, daß die Feststellung, ob der angesprochene Verkehr einem einzelnen Bestandteil der angegriffenen Marke eine deren Gesamteindruck prägende Wirkung beimißt, allein anhand der Gestaltung der Marke selbst zu treffen ist; auf die Frage, wie die Marken Dritter – etwa hier die Widerspruchsmarke – gestaltet sind, kommt es dabei grundsätzlich nicht an (BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze), zumal auch der Verkehr bei der Begegnung mit dem jüngeren Zeichen von der Prioritätslage keine seinen Eindruck von der jüngeren Marke beeinflussende Vorstellung hat. Die Frage, durch welche Bestandteile ein mehrgliedriges Zeichen in seinem Gesamteindruck geprägt wird, ist deshalb im Widerspruchsverfahren unabhängig von der jeweiligen konkreten Kollisionslage zu beantworten.
Diesem Grundsatz stehen die Ausführungen des Bundesgerichtshofes in der „Umberto Rosso”-Entscheidung (GRUR 1961, 628, 630) nicht entgegen, obwohl es dort (möglicherweise mißverständlich) heißt, ein Vorname entbehre jedenfalls dann jeglicher Unterscheidungskraft, wenn die mit dem aus Vor- und Zuname gebildeten Zeichen zu vergleichende Kennzeichnung lediglich aus einem Familiennamen bestehe. Denn nachdem der Bundesgerichtshof im vorangehenden Absatz ausdrücklich die Auffassung des Berufungsgerichts gebilligt hat, daß der Gesamteindruck des jüngeren Zeichens allein von den Worten „UMBERTO ROSSO” bestimmt werde, kann dem Zusammenhang der Gründe, die sich alsdann lediglich noch mit der konkreten Frage der Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Marken beschäftigen, unschwer entnommen werden, daß der Hinweis auf die fehlende Unterscheidungskraft des Vornamens „UMBERTO” sich – trotz des auf die Frage der Prägung des Gesamteindrucks hindeutenden Begriffs der Unterscheidungskraft – allein noch auf den Schutzumfang der dortigen Klagemarken (Rossi-Marken) bezieht; denn es ist des weiteren die allein den Schutzumfang betreffende Tatsache erörtert, daß vom Verkehr angenommen werden könne, der Träger des alleinstehenden Familiennamens habe den gleichen Vornamen.
Das Bundespatentgericht wird bei der ihm gegebenenfalls obliegenden Bemessung des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke auch zu prüfen haben, ob sich die vom Bundesgerichtshof in seiner warenzeichenrechtlichen Entscheidung „UMBERTO ROSSO” (GRUR 1961, 628, 630) und den zu § 16 UWG ergangenen Entscheidungen „Familienname” (Urt. v. 22.11.1984 - I ZR 101/82, GRUR 1985, 389, 390 = WRP 1985, 210) und „Caren Pfleger” (GRUR 1991, 475, 477) zugrunde gelegten tatsächlichen Verhältnisse von denen im Streitfall etwa wegen neuerdings anderer Verkehrsauffassung oder wegen der in Betracht zu ziehenden Waren und wegen der Tatsache unterscheiden, daß es sich um einen Anspruch aus einer Marke und nicht aus einem Unternehmenskennzeichen handelt.
5. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde allerdings gegen die Beurteilung des Bundespatentgerichts, das im Schriftbild kleiner gehaltene weitere Wort „VIENNA” in dem angemeldeten Zeichen, das noch als Bezeichnung eines Wiener Fußballvereins bekannt sei, übe als Angabe des Firmensitzes der Anmelderin im angemeldeten Zeichen keine wesentliche kennzeichnende Funktion aus. Soweit die Rechtsbeschwerde bezweifelt, daß erheblichen Teilen des angesprochenen Verkehrs das Wort als italienisch-englische Bezeichnung von Wien bekannt sei, wendet sie sich lediglich – im Rechtsbeschwerdeverfahren unzulässig – gegen die nicht zu beanstandende tatrichterliche Beurteilung durch das Bundespatentgericht. Bei dem Vortrag der Rechtsbeschwerde, auf dem hier maßgeblichen Warengebiet der Kosmetik sei es nicht üblich, eine andere Städtebezeichnung als „Paris” als Bestandteil einer Warenkennzeichnung zu verwenden, handelt es sich um neues in den Tatsacheninstanzen nicht zum Sachvortrag gemachtes Vorbringen, das in der Rechtsbeschwerdeinstanz keine Berücksichtigung finden kann. Im übrigen entspricht die Annahme der Rechtsbeschwerde nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, nach der auch die Angabe anderer Orte, wie z. B. New York, London, Baden-Baden, als Bestandteil derartiger Kennzeichnungen vorkommt. Im Streitfall kommt hinzu, daß die Ortsangabe durch die italienisch-englische Form in einer das Image der Ware positiv beeinflussenden Art verfremdet ist.
IV. Danach kann im derzeitigen Verfahrensstadium nicht davon ausgegangen werden, daß das angemeldete Zeichen in seinem Gesamteindruck allein durch seinen Bestandteil „RAUCH” geprägt wird, so daß der angefochtene Beschluß, der die Annahme einer Verwechslungsgefahr gerade auf die Ähnlichkeit des Bestandteils „RAUCH” mit der Wortmarke „RAUSCH” gegründet hat, keinen Bestand haben kann. Er war deshalb aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Erdmann, Mees, v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 08.07.1999 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 538485 |
BGHR |
NJW-RR 2000, 421 |
GRUR 2000, 233 |
Nachschlagewerk BGH |
WRP 2000, 173 |
MarkenR 2000, 20 |
Mitt. 2000, 65 |