Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung einer Weisung
Verfahrensgang
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 2. Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 18. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen und die dem Antragsgegner im Beschwerderechtszug entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für beide Rechtszüge wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist Rechtsanwalt und Notar; er hat sich mit drei Rechtsanwälten zu einer Sozietät zusammengeschlossen. Im Rahmen einer Prüfung der Amtsgeschäfte des Antragstellers am 2. Dezember 1998 beanstandete der richterliche Notarprüfer, daß der Antragsteller ein Praxisschild mit dem Text:
„V. & B., Rechtsanwälte Notariat”
verwendet. Im Hinblick darauf sprach der Präsident des Landgerichts Frankfurt am Main durch Verfügung vom 2. Februar 2000 dem Notar eine Mißbilligung gemäß § 94 BNotO aus. Auf die Beschwerde des Antragstellers hob die Präsidentin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Bescheid vom 12. April 2000 die Mißbilligungsverfügung auf. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, daß zwar die Verwendung des Begriffs „Notariat” wegen Verstoßes gegen §§ 2, 29 BNotO, 3 DONot unzulässig sei, jedoch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dem Notar zunächst eine Weisung zur Entfernung des Namensschildes zu erteilen sei, um ihm Gelegenheit zu geben, den Standpunkt der Dienstaufsicht zu überdenken und den ordnungswidrigen Zustand zu beenden. Der Präsident des Landgerichts Frankfurt am Main erteilte dem Antragsteller daraufhin am 23. Mai 2000 die Weisung, auf dem von ihm verwendeten Namensschild den unzulässigen Begriff „Notariat” zu entfernen oder unkenntlich zu machen. Diese Verfügung hat der Antragsteller durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung angefochten. Das Oberlandesgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.
Entscheidungsgründe
II.
Die gemäß § 111 Abs. 4 BNotO i.V.m. § 42 Abs. 4 BRAO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unbegründet, weil die Weisung des Antragsgegners vom 23. Mai 2000 rechtmäßig ist.
1. Der Antragsgegner ist als zuständige Aufsichtsbehörde (vgl. § 92 Nr. 1 BNotO) gemäß § 93 BNotO befugt, im Rahmen der ihm obliegenden Dienstaufsicht über Notare diesen, soweit erforderlich, angemessene Weisungen zu erteilen.
2. Mit Recht hat der Antragsgegner vom Antragsteller die Entfernung oder Unkenntlichmachung des Wortes „Notariat” von dem Praxisschild verlangt. Die Verwendung des Begriffs „Notariat” auf dem Schild ist in mehrfacher Hinsicht zu beanstanden.
a) Der Notar ist als unabhängiger Träger eines öffentlichen Amtes verpflichtet, auf Anfrage für den Rechtsuchenden tätig zu werden. Er darf seine Urkundstätigkeit nicht ohne ausreichenden Grund verweigern. Aus dieser Verpflichtung folgt auch, daß der Notar innerhalb des ihm zugewiesenen Amtssitzes eine Geschäftsstelle zu unterhalten, diese während der üblichen Geschäftsstunden offenzuhalten (§ 10 Abs. 2, 3 BNotO) und den Rechtsuchenden auf seine Geschäftsstelle hinzuweisen hat. Dieser Kennzeichnungspflicht kann der Notar in der Regel nur durch die Anbringung eines für jedermann sichtbaren Hinweisschildes außen am Gebäude, in dem sich die Praxis befindet, genügen. Die Kehrseite dieser Kennzeichnungspflicht ist ein entsprechendes Kennzeichnungsrecht des Notars und die damit einhergehende Berechtigung, den mit der Außendarstellung verbundenen Werbeeffekt in Anspruch zu nehmen. Um entsprechend den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege zu gewährleisten, daß der Notar als Träger eines öffentlichen Amtes gegenüber dem Bürger in sich überall möglichst gleich darstellender Weise nach außen in Erscheinung tritt, haben die Landesjustizverwaltungen im Rahmen der einheitlich als norm- interpretierende Verwaltungsvorschrift in Kraft gesetzten DONot Mindestanforderungen für die Berechtigung und gleichzeitige Verpflichtung zur Führung von Amts- und/oder Namensschildern zur Kennzeichnung der Geschäftsstelle der Notare geschaffen (§ 3 DONot in der jeweils geltenden Fassung). Im Hinblick auf die in § 3 DONot auf der Grundlage des § 2 BNotO getroffenen Regelungen hat der Senat bereits in früheren Entscheidungen ausgesprochen, daß die Aufsichtsbehörde berechtigt ist, dem Anwaltsnotar, der seine Praxis gemeinsam mit einem Rechtsanwalt ausübt, die Verwendung der Bezeichnung „Notariat” auch im Zusammenhang mit Zusätzen wie „Anwalts- und Notariatskanzlei” auf sogenannten Praxisschildern zu untersagen (Sen.Beschl. v. 26. September 1983 – NotZ 7/83, DNotZ 1984, 246 u. v. 12. November 1984 – NotZ 12/84, DNotZ 1986, 186). Daran ist jedenfalls für den vorliegenden Fall festzuhalten. § 3 DONot regelt nicht nur die Art, sondern auch den Umfang der Beschilderung und verpflichtet den Notar hierbei auf eine personenbezogene Amtsbezeichnung: Gemäß § 3 Abs. 1 DONot sind Notare berechtigt, ihre Geschäftsstelle durch ein Amtsschild mit dem Landeswappen und der Aufschrift „Notar” zu kennzeichnen. Neben dem Amtsschild dürfen (oder statt des Amtsschildes müssen) die Notare gemäß § 3 Abs. 2 DONot „Namensschilder” führen. Dabei wird auch in § 3 Abs. 2 Satz 3 DONot in bezug auf sogenannte Kombinationsschilder nochmals ausdrücklich der Bezug zu dem Notaramt und zu der dieses Amt ausübenden Person auch bei mehreren Berufsangaben deutlich herausgestellt. Die Führung eines „Praxisschildes” unter Verwendung der Aufschrift „Notariat” – wie im vorliegenden Falle – ist daher schon nach § 3 DONot nicht zulässig.
b) Diese Personenbezogenheit der in § 3 DONot getroffenen Regelung über die Berechtigung und gleichzeitige Verpflichtung der Notare zur Kennzeichnung ihrer Geschäftsstelle ist auch sachgerecht. Ein Notar der BNotO ist Träger eines persönlichen Amtes. Demgegenüber ist der Begriff „Notariat” weiter als der dieses Notaramtes. Er umfaßt auch das von der BNotO nicht geregelte landesrechtliche Behördennotariat (§§ 114 ff. BNotO). Überdies drückt er eine gewisse Institutionalisierung des Notarberufs aus. Ein Gebrauch als Bezeichnung für die Geschäftsstelle des Notars in der Bundesnotarordnung kann daher beim rechtsuchenden Publikum zu Fehlschlüssen über dessen personenbezogenes Berufsbild führen (Sen.Beschl. v. 26. September 1983 – NotZ 7/83, aaO S. 249; Sen.Beschl. v. 12. November 1984 – NotZ 12/84, aaO S. 187). Der irreführende Eindruck einer solchen Verselbständigung des Notaramtes im Sinne einer Abtrennung von der Person des Notars oder jedenfalls einer gewissen Institutionalisierung des Notarberufs wird vorliegend sowohl durch die firmenartige Bezeichnung „V. & B.” als auch durch den nachfolgenden Kontrast zwischen der personenbezogenen Bezeichnung „Rechtsanwälte” und dem institutsartigen Begriff „Notariat” verstärkt.
c) Die vom Antragsteller und seinen Sozien verwendete Bezeichnung „Notariat” auf dem gemeinsamen Praxisschild ist aber insbesondere auch deshalb unzulässig, weil sie den – irreführenden – Eindruck erweckt, auch der Sozius – möglicherweise aber auch die weiteren Mitglieder der Sozietät – sei zum Notar bestellt bzw. zumindest in der Lage, die Tätigkeiten eines Notars auszuüben. Zwar kann ein Anwaltsnotar, der mit Rechtsanwälten soziiert ist, grundsätzlich ein gemeinsames Namensschild verwenden; es muß jedoch deutlich erkennbar sein, wer (Rechtsanwalt und) Notar und wer (nur) Rechtsanwalt ist (vgl. Sen.Beschl. v. 30. November 1998 – NotZ 29/98, NJW 1999, 428 zu Sozietätsbriefbögen; Weingärtner/Schöttler, DONot 8. Aufl. § 3 Rdn. 65; siehe auch § 3 Abs. 2 Satz 3 DONot – zu sogenannten Kombinationsschildern mit Landeswappen –, vgl. dazu auch Sen.Beschl. v. 16. Juli 2001 – NotZ 12/01, NJW-RR 2002, 58, 60 – Verf.beschw. dagegen nicht angenommen). An einer derartigen unübersehbaren, deutlichen Differenzierung fehlt es bei dem vorliegenden Praxisschild infolge der irreführenden Verwendung des Begriffs „Notariat” für die gesamte Sozietät.
d) Ein unzulässiger Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG) ist – wie schon das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat – mit der angefochtenen Weisung nicht verbunden. Es versteht sich von selbst, daß eine zulässige Berufsausübung an die bestehenden gesetzlichen Vorgaben gebunden ist. Danach hat der Antragsteller zugleich mit der Entfernung oder Unkenntlichmachung des beanstandeten Begriffs „Notariat” von dem Schild für eine gemäß § 3 DONot zulässige Beschilderung seiner Geschäftsstelle Sorge zu tragen.
Auf einen Vertrauensschutz in die Beibehaltung des rechtswidrigen Zustandes kann sich der Antragsteller nicht berufen. Für eine stillschweigende Duldung des unzulässigen „Praxisschildes” durch die Aufsichtsbehörde bestehen keine Anhaltspunkte. Die Tatsache, daß über einen längeren Zeitraum hinweg der bisherige Zustand anläßlich verschiedener Geschäftsprüfungen offenbar übersehen worden ist, vermag einen relevanten Vertrauenstatbestand nicht zu begründen.
e) Daß das beanstandete Schild nicht dem Antragsteller allein, sondern einer Sozietät gehört, begründet keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des ihm gegenüber ergangenen Bescheides. Für die dem notariellen Berufsrecht entsprechende ordnungsgemäße Gestaltung des Schildes trägt er die Alleinverantwortung. Die ihm daraus erwachsenden Pflichten kann und muß er seinen Sozien gegenüber durchsetzen.
Unterschriften
Rinne, Tropf, Kurzwelly, Lintz, Ebner
Fundstellen
Haufe-Index 779205 |
NJW 2003, 143 |
NJW-RR 2002, 1493 |
ZAP 2002, 1408 |
DNotZ 2003, 376 |
ZNotP 2002, 403 |
BRAK-Mitt. 2002, 228 |