Leitsatz (amtlich)
Für die Festsetzung von Kosten der Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid ist das Gericht zuständig, das für eine Entscheidung im Streitverfahren zuständig gewesen wäre.
Normenkette
ZPO § 103 Abs. 2 S. 1, § 796 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Oldenburg (Oldenburg) |
AG Stuttgart |
Tenor
Das Amtsgericht Oldenburg wird als das örtlich und sachlich zuständige Gericht bestimmt (§ 36 Nr. 6 ZPO).
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; die Erstattung der sonstigen Kosten richtet sich nach der Kostenentscheidung, in der Hauptsache.
Gründe
I.
Die Gläubigerin betreibt die Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Stuttgart. Unter anderem erwirkte sie beim Amtsgericht Oldenburg einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, in dem auch nachgewiesene Kosten früherer Vollstreckungsmaßnahmen angesetzt worden sind. Da die Unterlagen über die früheren Vollstreckungsmaßnahmen nicht an die Gläubigerin zurückgelangten, sondern offenbar auf dem Postweg verloren gingen, beantragte sie beim Amtsgericht Oldenburg Festsetzung dieser Kosten. Ohne dem Schuldner Gehör zu gewähren, erklärte sich das Amtsgericht Oldenburg für unzuständig und verwies die Sache an das Amtsgericht Stuttgart, bei dem die Gläubigerin bereits parallel einen Kostenfestsetzungsantrag gestellt hatte. Das Amtsgericht Stuttgart wies diesen Antrag mit der Begründung ab, daß es als Mahngericht für die Festsetzung der Vollstreckungskosten nicht zuständig sei. Beschwerde und weitere Beschwerde der Gläubigerin blieben ohne Erfolg. Sie beantragt nunmehr Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Nr. 6 ZPO.
II.
Das Amtsgericht Oldenburg ist als das zuständige Gericht zu bestimmen.
1. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, daß für die Festsetzung der Vollstreckungskosten nicht das Vollstreckungsgericht, sondern das Prozeßgericht des ersten Rechtszuges zuständig ist (BGH NJW 1982, 2070; BGHZ 90, 207, 210; BGH NJW 1986, 2438 m. w. N.; vgl. auch BayObLG JurBüro 1987, 761 und OLG Zweibrücken JurBüro 1987, 781). Offengeblieben ist dabei, welches Gericht in den Fällen für die Festsetzung zuständig ist, in denen aus einem Titel vollstreckt worden ist, für den es – wie beim Vollstreckungsbescheid und bei der vollstreckbaren Urkunde (§ 794 Abs. 1 Nr. 4 und 5 ZPO) – kein Prozeßgericht gibt. Die Rechtsprechung der Instanzgerichte zu dieser Frage ist nicht einheitlich: Teilweise wird für diesen Fall an der Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts festgehalten (KG MDR 1986, 856; LG Berlin JurBüro 1986, 929; LG München II Rechtspfleger 1984, 476), teilweise wird für den Vollstreckungsbescheid die Zuständigkeit des Mahngerichts für gegeben erachtet. (OLG Stuttgart JurBüro 1987, 781).
Es ist indessen auch in diesen Fällen nicht erforderlich, von dem aus § 103 Abs. 2 Satz 1 ZPO entnommenen Grundsatz abzugehen, daß für die Festsetzung auch der Vollstreckungskosten das Prozeßgericht des ersten Rechtszuges zuständig ist. Denn das Gesetz sieht für jeden Titel ein Gericht vor, bei dem die Klagen erhoben werden können, für die nach den Bestimmungen des Achten Buchs der ZPO das Prozeßgericht zuständig ist (§§ 731, 767, 768 ZPO). Für den Vollstreckungsbescheid ist dies nach § 796 Abs. 3 ZPO das Gericht, das für eine Entscheidung im Streitverfahren zuständig gewesen wäre (§ 690 Abs. 1 Nr. 5, § 692 Abs. 1 Nr. 1, § 696 Abs. 1 Satz 1, § 700 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Für andere Vollstreckungstitel enthält das Gesetz jeweils entsprechende Bestimmungen (vgl. etwa § 797 Abs. 5, § 797 a, Abs. 3 ZPO, § 164 Abs. 3 i. V. mit § 146 Abs. 2 KO, § 98 und § 158 Abs. 3 FGG, § 84 Abs. 3 Satz 2 BRAO). Es liegt daher nahe, diesem „fiktiven Prozeßgericht” auch die Entscheidung über Anträge auf Festsetzung von Vollstreckungskosten zu übertragen. Nicht von entscheidender Bedeutung ist dabei, daß dieses Gericht – anders, als das Vollstreckungsgericht – zuvor mit den im einzelnen durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen noch nicht befaßt war. Ob die festzusetzenden Kosten entstanden sind und ob es sich um notwendige Kosten im Sinne des § 91 ZPO handelt, kann von der Prozeßabteilung eines Amtsgerichts oder von einem Landgericht ohne weiteres beurteilt werden. Demgegenüber erweist sich die Zuständigkeit nur eines Gerichts in den Fällen als sinnvoll, in denen der Gläubiger in den Bezirken verschiedener Amtsgerichte Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen hat. Im übrigen wird das Interesse der Beteiligten an einer praktikablen Regelung bei einer Zuständigkeitsfrage wie der vorliegenden in erster Linie auf eine einheitliche und berechenbare Handhabung gerichtet sein (vgl. OLG Zweibrücken JurBüro 1987, 781).
2. Für das Streitverfahren wäre vorliegend das Amtsgericht Oldenburg (Prozeßabteilung) zuständig gewesen, in dessen Bezirk der Schuldner damals seinen Wohnsitz hatte und das im Antrag auf Erlaß des Mahnbescheids angeführt ist. Es ist daher für die Festsetzung der Vollstreckungskosten zuständig. Seiner Bestimmung steht der Verweisungsbeschluß mangels Bindungswirkung nicht entgegen; ausweislich der Akten lag für eine Verweisung an das Amtsgericht Stuttgart kein Antrag der Gläubigerin vor; außerdem ist dem Schuldner das – im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich erforderliche – rechtliche Gehör nicht gewährt, worden (vgl., BGHZ 71, 69, 72 f.); der Sache nach handelt es sich daher nur um eine Abgabe, der keine Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO zukommt.
Fundstellen
Haufe-Index 609423 |
JZ 1988, 160 |