Entscheidungsstichwort (Thema)
versuchte schwere räuberische Erpressung
Tenor
1. Der Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten vom 11. Juli 2000 wird verworfen.
2. Der Senatsbeschluß vom 18. August 2000, mit dem die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen worden ist, bleibt aufrechterhalten.
Gründe
I.
Das Landgericht Lüneburg hat den Angeklagten am 2. März 2000 wegen versuchter räuberischer Erpressung in Tateinheit mit versuchter Nötigung sowie wegen Vergehens gegen das Ausländergesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen legten der Angeklagte und sein Verteidiger Revision ein. Das Urteil wurde dem Verteidiger des Angeklagten am 14. April 2000 zugestellt. Dem Angeklagten wurde eine Urteilsausfertigung formlos mit dem Hinweis übersandt, daß eine Ausfertigung des Urteils seinem Verteidiger zugestellt worden sei.
Am 5. Mai 2000, und damit fristgerecht, ging die Revisionsbegründung des Verteidigers ein, in der er die Sachrüge ausführte. Am 18. Mai 2000, drei Tage nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist, erschien der aus der Untersuchungshaft vorgeführte Angeklagte bei der Rechtsantragsstelle des Amtsgerichts Celle und begründete die von ihm eingelegte Revision zu Protokoll der Geschäftsstelle. Er machte die Verletzung mehrerer Verfahrensvorschriften geltend und führte die Sachrüge näher aus.
Der Generalbundesanwalt beantragte mit Zuschrift vom 19. Juni 2000, die dem Angeklagten am 4. Juli 2000 zugestellt wurde, die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet zu verwerfen, dabei wies er auf den Umstand der verspäteten Revisionsbegründung des Angeklagten hin.
Mit Schreiben vom 11. Juli 2000, das beim Bundesgerichtshof am 12. Juli 2000 eingegangen ist, beantragte der Angeklagte mit näheren Darlegungen im Hinblick auf seine verspätet zu Protokoll der Geschäftsstelle begründete Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsbegründungsfrist.
Dieser Wiedereinsetzungsantrag war aufgrund eines Senatsversehens nicht Gegenstand der Beratung am 18. August 2000, so daß der Senat an diesem Tage zwar die Revision des Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen, über den Wiedereinsetzungsantrag vom 11. Juli 2000 jedoch nicht entschieden hat. Das rechtfertigt die (entsprechende) Anwendung des § 33 a StPO von Amts wegen.
II.
Die nachträgliche Gewährung des rechtlichen Gehörs führt zu keiner Änderung des die Revision des Angeklagten verwerfenden Senatsbeschlusses.
1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Revisionsbegründungsfrist ist zu verwerfen. Daß die zu Protokoll der Geschäftsstelle begründete Revision verspätet erfolgt war, hat der Angeklagte nach seinem eigenen Wiedereinsetzungsvortrag am 4. Juli 2000 erfahren, als ihm die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 19. Juni 2000 zugestellt wurde. Sein Wiedereinsetzungsgesuch vom 11. Juli 2000 ging jedoch erst am 12. Juli 2000 beim Senat ein, also nicht innerhalb einer Woche nach Wegfall des Hindernisses, § 45 Abs. 1 StPO. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist deshalb unzulässig.
2. Selbst wenn der Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig eingegangen wäre, könnte er den vom Angeklagten erstrebten Erfolg, Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an ein anderes Gericht aufgrund der von ihm zu Protokoll der Geschäftsstelle begründeten Revision, nicht haben.
Zwar ist der Angeklagte der Ansicht, seine Revisionsbegründung sei rechtzeitig gewesen, da das schriftliche Urteil ihm erst am 20. April 2000 zugestellt worden sei und die Revisionsbegründungsfrist für ihn als Antragsteller erst ab diesem Zeitpunkt und nicht ab Zustellungsdatum des Urteils an den Verteidiger zu laufen beginne. Diese Auffassung verkennt jedoch die Vorschriften des förmlichen Zustellungsverfahrens. Allerdings mag die formlose Übersendung einer Urteilsausfertigung an den Angeklagten diesen zu der Vorstellung veranlaßt haben, an ihn sei – auch – zugestellt worden, so daß seine Revisionsbegründung zu Protokoll der Geschäftsstelle am 18. Mai 2000 rechtzeitig erfolgen würde. Es kann offen bleiben, ob eine derartige irrige Vorstellung die Wiedereinsetzung wegen unverschuldeter Fristversäumung rechtfertigen könnte, da die zu Protokoll der Geschäftsstelle begründete Revision des Angeklagten schon für sich genommen keinen Erfolg haben kann.
Die Verfahrensrügen sind schon nicht in einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Form begründet worden und wären deshalb, wie bereits der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift vom 19. Juni 2000 beantragt hat, als unzulässig zu behandeln. Verfahrensrügen sind durch Angabe der den behaupteten Verfahrensmangel enthaltenden Tatsachen näher zu begründen. Sie sind so genau darzulegen, daß das Revisionsgericht aufgrund dieser Darlegung das Vorhandensein oder Fehlen eines Verfahrensmangels feststellen kann, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen sind oder bewiesen werden. Dabei sind die Verfahrenstatsachen zugleich so vollständig und aus sich heraus verständlich anzugeben, daß das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, darüber – unter der Voraussetzung der Erweisbarkeit – endgültig zu entscheiden (vgl. Kuckein in KK 4. Aufl. StPO § 344 Rdn. 38 f. m.w.Nachw.). Die Revisionsbegründung vom 18. Mai 2000 enthält zwar konkret die Beanstandung, daß Beweisanträgen des Angeklagten nicht nachgegangen worden sei, der genaue Inhalt der Anträge wird jedoch ebensowenig mitgeteilt wie die Begründung der ablehnenden Beschlüsse, so daß der Senat nicht prüfen kann, ob es sich überhaupt um förmliche Beweisanträge oder aber lediglich um Beweisermittlungsanträge oder Beweisanregungen gehandelt hat. Ferner ist die Überprüfung, ob das Landgericht die Anträge rechtlich richtig gewertet und beschieden hat, nach dem Revisionsvortrag nicht möglich. Auch die Behauptungen, die Verhandlung habe nicht öffentlich stattgefunden, da kein Publikum zugegen gewesen sei, mehrere Zeugen seien zur Hauptverhandlung geladen, jedoch später nicht vernommen worden, belegen für sich genommen noch keine revisionsrechtlich erheblichen Verfahrensverstöße. Im übrigen erschöpfen sich die Beanstandungen des Angeklagten darin zu behaupten, daß protokollierte Verfahrensvorgänge in Wahrheit nicht stattgefunden hätten. Die der Revisionsbegründung zu Protokoll der Geschäftsstelle beigefügten 56 Seiten handschriftlicher Begründung des Angeklagten persönlich, nebst Anlage, genügen zudem nicht dem Formerfordernis des § 345 Abs. 2 StPO.
3. Die eigene Begründung des Angeklagten zur Sachrüge war bereits Gegenstand der Senatsberatung und -entscheidung vom 18. August 2000.
Unterschriften
Rissing-van Saan, Miebach, Winkler, Pfister, von Lienen
Fundstellen