Verfahrensgang
LG Bielefeld (Urteil vom 24.02.2005) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 24. Februar 2005 im Adhäsionsausspruch, soweit er die Angeklagten betrifft, aufgehoben.
Insoweit wird von einer Entscheidung über den Entschädigungsantrag des Adhäsionsklägers abgesehen.
2. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
3. Die Beschwerdeführer haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das Adhäsionsverfahren, soweit es die Angeklagten betrifft, entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren entstandenen Auslagen tragen die Beschwerdeführer und der Nebenkläger selbst.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten K. unter Freispruch im Übrigen wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Den Mitangeklagten A., dessen Revision durch Beschluss vom heutigen Tage gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen worden ist, hat es wegen schwerer räuberischer Erpressung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sowie den Vorwegvollzug von vier Jahren der Freiheitsstrafe angeordnet.
Ferner hat das Landgericht die Angeklagten A., L. und K. als Gesamtschuldner verurteilt, an den Nebenkläger 2.572,55 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 31. Januar 2005 zu zahlen.
Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts. Die Rechtsmittel haben lediglich Erfolg, soweit sie sich gegen den Adhäsionsausspruch richten. Im Übrigen sind sie aus den Gründen der Antragsschriften des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Der Adhäsionsausspruch hält, soweit er die Angeklagten K. und L. betrifft, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegen die Voraussetzungen des § 830 BGB nicht vor, weil die Angeklagten L. und K. nach den Feststellungen an den allein vom Mitangeklagten A. begangenen Verletzungshandlungen zum Nachteil des Adhäsionsklägers weder als Mittäter noch als Anstifter oder Gehilfe beteiligt waren. Das Landgericht hat insoweit zu Recht nur den Angeklagten A. wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, weil die Körperverletzungshandlungen des Mitangeklagten A. von dem auf die Begehung einer schweren räuberischen Erpressung gerichteten Tatplan nicht umfasst waren. Die Beurteilung, ob sich jemand im Sinne des § 830 Abs. 1 BGB als Mittäter oder als Teilnehmer im Sinne des § 830 Abs. 2 BGB an einer die zivilrechtliche Haftung begründenden deliktischen Verhaltensweise beteiligt hat, richtet sich nach den für das Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen (vgl. BGHR BGB § 830 Abs. 2 Blockademaßnahme 1 m.w.N.). Die Angeklagten K. und L. sind nicht als Beteiligte im Sinne § 830 BGB anzusehen, weil sich die Verletzungshandlungen des Mitangeklagten A. für sie als Exzesshandlungen darstellen (vgl. BGH aaO; BGHR BGB § 830 Abs. 2 Teilnahme 1).
Zwar würde auch eine Haftung der Angeklagten K. und L. wegen einer fahrlässig (§ 276 Abs. 2 BGB) begangenen unerlaubten Handlung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB gemäß § 840 Abs. 1 BGB zu einer gesamtschuldnerischen Haftung der Angeklagten führen. Aus dieser Vorschrift folgt hingegen nicht, dass die Haftung mehrerer Verantwortlicher stets gleich hoch sein muss. Vielmehr kann der Haftungsumfang unterschiedlich sein, so dass das Gesamtschuldverhältnis nur bis zum geringeren Betrag, für den jeder der Nebentäter haftet, besteht (vgl. Palandt/Sprau BGB 65. Aufl. § 840 Rdn. 3 m.N.). So liegt es hier. Da die Angeklagten nicht nach § 830 BGB, sondern jeweils nach § 823 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig sind, hätte die Höhe des gemäß § 253 Abs. 2 BGB zu ersetzenden immateriellen Schadens (Schmerzensgeld) für jeden der Angeklagten gesondert bemessen werden müssen. Handelt von mehreren Nebentätern, die den selben Schaden verursacht haben, einer der Täter – wie hier A. – vorsätzlich, handeln die anderen Nebentäter aber fahrlässig, führt dies grundsätzlich zu einer unterschiedlichen Bemessung des von dem jeweiligen Täter zu zahlenden Schmerzensgeldes, weil der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes bei Vorsatztaten besonderes Gewicht zukommt (vgl. Palandt/Heinrichs aaO § 253 Rdn. 11 m.N.).
Eine Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung allein über den Entschädigungsanspruch kommt nicht in Betracht (vgl. BGH NStZ 2003, 321, 322; StraFo 2004, 386).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 472 Abs. 1 Satz 2, § 472 a Abs. 2, § 473 Abs. 1 Satz 1, 2 StPO.
Unterschriften
Tepperwien, Kuckein, Athing, Solin-Stojanović, Ernemann
Fundstellen
Haufe-Index 2555265 |
StraFo 2006, 123 |